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Wirtschaft: HP-Compaq: Das Unternehmen wird die Branche umkrempeln

Sollte es zur geplanten Übernahme von Compaq durch Hewlett-Packard kommen, stehen auch die anderen Computerhersteller vor einer entscheidenden Frage: Spezialisieren oder Zusammenschließen? Aus der Fusion ginge ein 87-Millionen-Dollar schwerer Gigant hervor, der die Branche nachhaltig verändert.

Sollte es zur geplanten Übernahme von Compaq durch Hewlett-Packard kommen, stehen auch die anderen Computerhersteller vor einer entscheidenden Frage: Spezialisieren oder Zusammenschließen? Aus der Fusion ginge ein 87-Millionen-Dollar schwerer Gigant hervor, der die Branche nachhaltig verändert. Zum ersten Mal gäbe es neben IBM einen zweiten Computerriesen, der die gesamte Palette der Produkte und Serviceleistungen anböte. Doch die Größe allein wird nicht zur Bedrohung für die Unternehmen. Das zeigen Beispiele wie der Spezialist für Datenspeicherung EMC oder PC-Produzent Dell. Diese Marktführer schlagen die Konkurrenz oft durch ihre enge Ausrichtung auf wenige Produkte und den strengen Blick auf die Kosten.

Zwar sorgt die Größe oft für eine komfortable Marktstellung. Kleinere Unternehmen können Innovationen jedoch häufig besser und schneller umsetzen. "Es ist nicht üblich, dass ein Marktriese den Wechsel einer Technologie überlebt", sagt Richard J. Solomon, Wissenschaftler bei der Markt- und Technologie-Initiative der Universität von Pennsylvania. "IBM ist eine seltene Ausnahme." Wie werden die Wettbewerber auf das rauhere Klima in der Branche reagieren?

IBM: Für IBM wird es erstmalig einen gleichgroßen Herausforderer geben. Die Strategie des Unternehmens, sich auf den Servicebereich auszurichten, ist einer der Hauptgründe für den geplanten Zusammenschluss von Hewlett-Packard und Compaq. Was den Verkauf von Personalcomputern angeht, werden HP und Compaq den Markt dominieren. Zwar hat IBM dieses Geschäft vor zwanzig Jahren begründet, zog sich aber mit Hinweis auf magere Profite und Probleme bei der Herstellung immer weiter aus diesem Geschäftszweig zurück. Heute investiert IBM sein gewaltiges Budget für Forschung und Entwicklung in die Herstellung moderner Halbleiter und Software. Im vergangenen Jahr gab das Unternehmen 5,15 Millarden Dollar für Forschung und Entwicklung aus - 5,7 Prozent des Unternehmensergebnisses. Hewlett-Packard und Compaq kamen zusammen auf ein Forschungsbudget von 4,11 Milliarden Dollar.

Einige der Probleme, mit denen IBM zu kämpfen hat, wird auch der Zusammenschluss von HP und Compaq gewärtigen. Darunter sind die vielfältigen und untereinander oft inkompatiblen Computer-Plattformen und Betriebssysteme. Letztes Jahr begann IBM, fast alle Systeme unter der Bezeichnung "eServers" zu verkaufen und einen Industriestandart für das Betriebssystem Linux zu fördern. HP wird eine ähnlichen Weg gehen müssen, wenn man keine Kunden verlieren will. "Ich glaube nicht, dass IBM irgendetwas anders machen müsste", sagt der Analyst Toni Sacconaghi in Bezug auf die künftige Unterehmensstrategie.

Sun Microsystems: Das Unternehmen kommentierte das geplante Zusammengehen von HP und Compaq als Gelegenheit und nicht als Bedrohung, was nach Meinung vieler Analysten auch begründet ist. Denn die HP-Compaq-Allianz hat vor allem den Rivalen IBM im Visier, der bei Beratung und Service einen großen Vorsprung genießt. Anders als bei IBM ist Beratung und Service für Sun hauptsächlich darauf ausgerichtet, die eigene Technik zu verkaufen.

Dell: Dell wird von seinem Ziel, der kostengünstigste PC-Verkäufer zu sein, nicht abrücken. Zwar wird die Allianz von HP und Compaq den Marktanteil von Dell bei weitem überflügeln. Der Preisvorteil wird jedoch bei Dell bleiben. Mit der Abkühlung der Branche zog sich der Hersteller aus seinen Internet-Projekten zurück und verschlankte die Fertigung seiner Produkte. Damit konnte man trotz des allgemeinen Einbruchs bei PC-Verkäufen um 32 Prozent einen Steigerung der Absätze um 19 Prozent erzielen. Dell-Präsident Kevin B. Rollins ist zuversichtlich, dass die kostenoptimierte Ausrichtung der Schlüssel zum Erfolg sein wird: "Unternehmen, die ein Segment beherrschen, sollten sich nicht umstellen."

Unisys: Unisys hat sich als Dienstleistungsunternehmen neu positioniert. Die Sparte liefert schon heute 75 Prozent der Umsätze. Dabei haben die Geschäftsbereiche Outsourcing und Netzwerk-Integration jährlich zweistellige Wachstumsraten, sagt Vorstand Larry Weinbach. Schon vor zwei Jahren wandte sich Unisys durch eine Kooperation mit Dell vom Bereich Haushalts-PC ab und orientierte sich auf Großkunden.

Apple: Infolge eines gänzlich anderen Betriebssystems spricht das Unternehmen eine andere Kundengruppe an: eine Minderheit von beruflich Kreativen und Studenten. Ein Windows-Rivale weniger wird hieran nichts ändern. Der Analyst Rob Cihra von ABN Amro sagt, dass Apple schon immer auf eine Abgrenzung durch seine besondere Hardware und das eigene Betriebssystem Macintosh bedacht war: "Apple wird weiterhin die andere Wahl bleiben."

Fujitsu Siemens: Der einzige europäische Computerhersteller konnte bislang keinen weltweiten Einfluss erlangen. Eigentlich trat das Joint Venture aus Japans Fujitsu und der deutschen Siemens 1999 an, um Compaq in Europa als Marktführer zu verdrängen. Doch Probleme bei der Integration verschiedener Technologien und kulturelle Differenzen kosteten Marktanteile und viel Geld. Nun konzentriert man sich auf hochpreisige Laptops, Server und verwandte Dienstleistungen.

NEC: Durch den Zusammenschluss verliert NEC seine beherrschende Stellung beim Verkauf von Servern in Japan. Viele dieser Systeme kauft NEC jedoch bereits heute bei HP ein. Diese Geschäftsbeziehung könnte sich intensivieren, wenn HP beabsichtigt, die guten Vertriebswege von NEC in Japan zu nutzen. Außerhalb des Landes wird NEC gegen die Konkurrenz von HP und Compaq keinesfalls ankommen.

Fujitsu: Unter den japanischen Herstellern ist Fujitsu der bedeutendste Rivale des neu entstehenden Konzerns. Seine amerikanischen Tochtergesellschaften haben ebenso wie IBM auf den Ausbau der Servicesparte gesetzt - allerdings nur mit bescheidenem Erfolg.

Toshiba: Der Notebook-Spezialist, der durch den harten Preiskampf der Branche angeschlagen ist, kann nicht auf andere Produkte ausweichen. Der Ansatz, sich streng auf den Verkauf mobiler Geräte zu konzentrieren, wird durch asiatische Anbieter und die kostensparende Versand-Sparte von Dell zunehmend in Frage gestellt.

Sony: Mit seinen Vaio-Notebooks ist das Unternehmen erst in den letzten Jahren zu einer Größe im PC-Geschäft aufgestiegen. Allerdings zielen die Produkte nicht auf Geschäftskunden, da diese auch Service und Beratung verlangen, was Sony nicht anbieten kann. Der wachsenden Konkurrenz durch den neuen Zusammenschluss wird Sony wohl durch eine verstärkte Ausrichtung auf sein Kerngeschäft, der Unterhaltungselektronik, begegnen.

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