zum Hauptinhalt
Konsum

© ddp

Hypothekenkrise: Konjunkturaussichten trüben sich ein

Die Turbulenzen werden bald auch in der Realwirtschaft spürbar, warnen Experten. Erste Institute senken ihre Prognosen. Der private Konsum bleibt das Sorgenkind der Wirtschaft.

Die Krise an den Finanzmärkten wird den Aufschwung in Deutschland nach Einschätzung von Experten deutlich bremsen. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) senkte am Dienstag seine Wachstumsprognose für das Jahr 2008 von 2,6 auf 2,3 Prozent. Auch Finanzmarktexperten sind skeptisch: Laut einer Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) haben sich ihre Konjunkturerwartungen für die kommenden Monate deutlich eingetrübt.

Hintergrund der Sorgen sind die US-Hypothekenkrise und die dadurch ausgelöste Kreditklemme in der weltweiten Finanzwirtschaft. Weil in den USA immer mehr Hypothekenkredite platzen, wachsen dort die Sorgen um die Konjunktur. Auch in Europa verleihen sich die Banken untereinander kaum mehr Geld und können auch die Kredite, die sie zum Beispiel an Finanzinvestoren vergeben haben, nicht mehr einfach weiterverkaufen. Experten befürchten, dass darunter auch die Kreditvergabe an Unternehmen leidet. Hinzu kommen Belastungen durch den starken Euro und den hohen Ölpreis. Am Dienstag kostete ein Barrel Öl (159 Liter) an der New Yorker Rohstoffbörse erstmals mehr als 81 Dollar.

Anleger und Analysten sind gewarnt. Der ZEW-Index, der die Erwartungen von gut 300 Finanzmarktprofis widerspiegelt, brach im September zum vierten Mal in Folge ein und liegt nun bei minus 18,1 Punkten nach minus 6,9 Punkten im August, wie das ZEW am Dienstag mitteilte. „Die erhöhte Unsicherheit und der durch die Krise ausgelöste Vertrauensverlust kann sich negativ auf die Konjunkturdynamik auswirken“, sagte ZEW-Präsident Wolfgang Franz.

Auch das Essener RWI sieht mögliche negative Folgen. Bis Mitte 2007 habe alles darauf hingedeutet, dass sich der Aufschwung in Deutschland kräftig fortsetzen werde. „Durch die Hypothekenkrise in den USA haben sich die Erwartungen aber deutlich eingetrübt“, schreiben die Forscher in ihrem am Dienstag veröffentlichten Bericht. Dennoch gehe man davon aus, dass die Krise „beherrscht werden kann“. Für das laufende Jahr halten die Forscher an ihrer Wachstumserwartung von plus 2,5 Prozent fest.

Die Investitionsbank Berlin (IBB) ist auch für das Wachstum in der Hauptstadt optimistisch und erwartet ein Plus von 2,5 Prozent. Aus heutiger Sicht böten die Entwicklungen an den Finanzmärkten keinen Anlass, die bisherige günstige Einschätzung zu korrigieren, heißt es im aktuellen Konjunkturbericht. „Für das kommende Jahr sind die Wachstumsaussichten jedoch insgesamt unsicherer geworden.“

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) bezeichnete die Übersprungseffekte von den Finanzmärkten auf die Realwirtschaft am Dienstag als „beherrschbar“. „Auch im nächsten Jahr dürfen wir damit rechnen, dass sich das Wachstum fortsetzt“, sagte Steinbrück bei einer Veranstaltung des Berliner Wirtschaftsclubs VBKI. Die Schwierigkeiten auf dem US-Hypothekenmarkt würden aber anhalten.

Entwarnung gibt dagegen der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE): Solange die Finanzkrise keine Hysterie auslöse, werde sie sich auch nicht auf den Handel auswirken. Trotzdem musste der Verband seine Erwartungen herunterschrauben. Anstelle des erwarteten Wachstums von einem Prozent werde der Umsatz der Branche in diesem Jahr nominal nur um 0,5 Prozent zulegen, teilte der HDE in Düsseldorf mit. Schuld daran sei allerdings nicht die Finanzkrise, sondern vielmehr die Mehrwertsteuererhöhung. Sie habe das erste Halbjahr „verhagelt“.

S. Kaiser, J. Tönnesmann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false