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Wirtschaft: „Ich bin jetzt 61 und arbeitslos“

Ex-Bundesbank-Präsident Ernst Welteke sieht sich auch nach seinen Absturz noch als Opfer

Frankfurt am Main - Wäre er noch im Amt, hätte er vermutlich den geldpolitischen Vortrag gehalten, den sein Nachfolger Axel Weber am Dienstagabend vor der versammelten Finanzgemeinde im Auditorium der Commerzbank in Frankfurt zum Besten gegeben hat. So aber steht Ex-Bundesbank-Präsident Ernst Welteke jenseits des Mains im Frankfurter Städel-Museum und sinniert zum ersten Mal öffentlich nach seinem Rücktritt vor drei Monaten über seinen von der Dresdner Bank gesponserten Aufenthalt im Berliner Adlon-Hotel. Er tut es bei einer Veranstaltung der Deutschen Flugsicherung, die immer wieder Gäste verschiedener Branchen zum Gespräch auf ihr Podium einlädt. Die geladenen Gäste sind im Wesentlichen Journalisten.

Gerade hat die „Bild“ berichtet, dem „Party-Banker“ gehe es schlecht. Von seinen angeblich 24000 Euro Pension im Monat blieben ihm nach Verrechnung mit anderen Ansprüchen nur 8000 Euro brutto. Und was da netto bleibe, ginge jeden Monat weg, so dass er von seinen Ersparnissen leben müsse. Ein Luxusleben sei nicht drin, zitiert „Bild“ Welteke. „Ich habe mit dieser Zeitung nicht gesprochen“, sagt der und nippt an seinem Bierglas.

So richtig versteht der 61-Jährige auch heute noch nicht, was mit ihm in den ersten April-Tagen geschehen ist. Er sieht auch seine Fehler nicht. Welteke sagt, er hätte damals im April die Fragen des „Spiegel“ nicht einfach lax am Telefon beantworten sollen. Hält sich vor, dass er sich nicht vorher um die Kosten der Übernachtung gekümmert hat. Beklagt, dass die Bundesbank einen Teil der Kosten für seinen knapp 8000 Euro teuren Silvesteraufenthalt samt Familie im Adlon übernommen hat, weil das erst den Staatsanwalt auf den Plan gerufen habe. Aber dass die Selbstverständlichkeit, mit der er im Adlon residiert hat, dass das amateurhafte Krisenmanagement der Bundesbank, der eigentliche Grund für den Verlust seines Postens ist, sieht er nur am Rande.

Welteke wirkt verbittert. Weniger weil er selbst Fehler gemacht hat. Wenn ihm die Dresdner Bank ein Honorar gezahlt hätte, wäre alles kein Problem gewesen. Dann hätte er gleich selbst die Hotelrechnung beglichen. „Aber für 8000 Euro hätte ich dann nicht übernachtet.“ Welteke galt in der Bundesbank als Sparfuchs. „Ich habe mich immer bemüht, dem Steuerzahler so wenig Kosten wie irgend möglich zu verursachen.“ Deshalb hält er es auch heute noch für richtig, dass der Aufenthalt nicht als Dienstreise deklariert wurde. Dann hätte ja wirklich der Steuerzahler zur Kasse gebeten werden müssen.

Was Welteke umtreibt, ist, dass er immer noch nicht weiß, wer ihm durch die Weitergabe der Rechnung den Absturz eingebrockt hat. „Wenn ich es wüsste, könnte ich ruhiger schlafen.“ Es gebe eine Menge Merkwürdigkeiten, etwa wie die Kopie der Rechnung an die Medien gelangt sei. Ob Finanzminister Hans Eichel ein Freund oder Parteifreund sei? „Das ist schwer zu sagen“, sagt Welteke. Er wisse nicht, was den Finanzminister bewogen habe, sogleich seinen Rücktritt zu fordern. „Ohne die Solidarität des Finanzministers war das nicht durchzustehen.“

So wenig wie er das versteht, versteht Welteke, warum die Medien so negativ und kritisch über ihn und die Affäre berichtet haben. Nur ein Gutes habe sein Absturz: „Ich weiß jetzt, wer meine Freunde sind.“ Der materielle und immaterielle Schaden sei nicht gut zu machen. Jetzt müsse er sich neu orientieren. Wohin es gehen könnte, weiß der Bundesbankpräsident a.D. offenbar noch nicht. „Ich bin jetzt 61 und arbeitslos.“ Und Probleme mit den Medien hat er immer noch: Am Morgen nach der Veranstaltung rief er Journalisten an mit der Bitte, doch nicht darüber zu berichten.

1. APRIL

Bundesbankpräsident Ernst Welteke wird mit dem Vorwurf konfrontiert, Silvester 2001/02 auf Kosten der Dresdner Bank mit seiner Familie im Hotel Adlon gewohnt zu haben. Kosten: knapp 8000 Euro.

5. APRIL

Welteke räumt den Vorgang ein. Der Vorstand der Bundesbank beschließt eine Überprüfung, sieht aber keinen Grund für eine Abberufung Weltekes.

16. APRIL

Neue Vorwürfe gegen Welteke über eine Einladung von BMW zum Formel-Eins-Rennen nach Monaco werden bekannt. Der Bundesbankpräsident tritt zurück.

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