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Wirtschaft: Idee und Wirklichkeit

Durch die Hartz-Reform sollten hunderttausende Arbeitslose wieder einen Job finden – eine Bilanz

„Ziel des Masterplans ist es, die Zahl der Arbeitslosen in drei Jahren um zwei Millionen zu reduzieren.“ Das hat Peter Hartz am 16. August 2002 gesagt. Der Masterplan, das ist die nach ihm benannte Arbeitsmarktreform. Seit jenem Augusttag, als die Hartz-Kommission ihren Bericht an Bundeskanzler Gerhard Schröder übergab, sind fast zwei Jahre vergangen – und seitdem ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland um 239000 gestiegen. Nun tritt im Januar 2005 mit Hartz IV die letzte Stufe des Masterplans in Kraft. Doch was ist bisher aus den anderen Vorschlägen der Kommission geworden?

Herzstück der Reform sollten die Personal-Service-Agenturen (PSA) sein. Als private Dienstleister kümmern sie sich neben den Arbeitsagenturen um die Vermittlung von Arbeitslosen. Sie stellen Jobsuchende ein und verleihen sie – ähnlich wie Zeitarbeitsfirmen – an andere Unternehmen. Die PSAs werden von der Bundesagentur für Arbeit (BA) bezuschusst. Die Idee dahinter: Ein Arbeitsloser, der in einem Unternehmen erst einmal leihweise beschäftigt ist, hat gute Chancen, dort später fest angestellt zu werden. Durch diesen Klebeffekt, wie ihn Peter Hartz genannt hat, sollten pro Jahr bis zu 350000 Arbeitslose eine dauerhafte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung finden. Doch diese Rechnung ist nicht aufgegangen ist: Seit Anfang 2003 sind nur 22300 Arbeitslose aus einer PSA in ein festes Beschäftigungsverhältnis gewechselt. Spätestens seit Maatwerk, einst der größte PSA-Betreiber in Deutschland, im Frühjahr 2004 Insolvenz anmelden musste, ist klar, dass das Konzept der PSA nicht funktioniert. Trotz der geringen Vermittlungserfolgs hat die BA bislang über 340 Millionen Euro an Zuschüssen gezahlt.

Nur wenig besser ist es bei den Ich AGs gelaufen. Mit HartzII wurde Arbeitslosen die Möglichkeit gegeben, sich ohne großen bürokratischen Aufwand selbstständig zu machen. Anders als beim Überbrückungsgeld musste kein Business-Plan vorgelegt werden, der von der Arbeitsagentur geprüft wurde. Jedenfalls war das bisher so. Denn jetzt ist Schluss mit unbürokratisch: Seit Dezember 2004 gilt auch bei der Ich AG, dass „das Geschäftsvorhaben auf seine Tragfähigkeit“ geprüft werden muss, wie es bei der BA heißt. Damit wurde die eigentliche Reformidee der Ich AG allerdings aufgegeben.

Ohnehin zeigt die Zahl der Ich AGs, dass auch bei diesem Förderinstrument Wunsch und Wirklichkeit auseinander liegen: Seit Januar 2003 haben 235300 Arbeitslose versucht, sich als Ich AG eine eigene Existenz aufzubauen. Nach Prognose der Hartz- Kommission hätten es jedoch 500000 pro Jahr sein sollen, also mittlerweile schon eine Million. Und von den 235300 gegründeten Ich AGs sind 54300 bereits wieder aus der Förderung ausgeschieden – entweder weil sie schon so viel Umsatz machen, dass sie kein Anrecht mehr auf finanzielle Unterstützung haben. Oder, und das ist wahrscheinlicher, weil sie aufgegeben haben.

Ein Erfolg hingegen sind die Minijobs. Durch HartzII sind geringfügige Beschäftigungsverhältnisse attraktiv geworden. So zahlen Arbeitnehmer bei einem Verdienst von bis zu 400 Euro keine Abgaben. Seit zwei Jahren gibt es daher immer mehr Minijobber, derzeit sind es knapp acht Millionen. Dadurch ist die Schwarzarbeit zurückgegangen: 2004 wurden rund 15 Milliarden Euro weniger in der Schattenwirtschaft umgesetzt als im Vorjahr, sagen Experten.

Und dann gab es noch den Job- Floater, der Ende 2002 gestartet ist. Unter dem Titel „Kapital für Arbeit“ haben Mittelständler und Freiberufler, die neue Jobs schaffen oder bestehende sichern, von der KfW-Bankengruppe vergünstigte Fördermittel erhalten. Im März 2004 hat die KfW das Programm eingestellt – anstatt 120000 neue Jobs pro Jahr waren nur 12862 Vollzeitstellen entstanden oder gesichert worden.

Dagmar Rosenfeld

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