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Wirtschaft: IG Metall attackiert Siemens-Chef Bundesweit protestieren Gewerkschaften gegen den geplanten Stellenabbau

München - Beim bundesweiten Protesttag der IG Metall gegen Pläne von Siemens zu Stellenverlagerungen hat der bayerische IG Metall-Bezirksleiter Werner Neugebauer Konzernchef Heinrich von Pierer scharf attackiert. „Wir protestieren gegen einen Vorstandsvorsitzenden, der glaubt, die Beschäftigten vergewaltigen zu können, indem er sie vor die Alternative Pest oder Cholera stellt“, sagte Neugebauer dem Tagesspiegel.

München - Beim bundesweiten Protesttag der IG Metall gegen Pläne von Siemens zu Stellenverlagerungen hat der bayerische IG Metall-Bezirksleiter Werner Neugebauer Konzernchef Heinrich von Pierer scharf attackiert. „Wir protestieren gegen einen Vorstandsvorsitzenden, der glaubt, die Beschäftigten vergewaltigen zu können, indem er sie vor die Alternative Pest oder Cholera stellt“, sagte Neugebauer dem Tagesspiegel. Andere Gewerkschafter sprachen von „Raubrittertum“ und „Ausbeutung“.

Der Zweite Vorsitzende der IG Metall, Berthold Huber, forderte von Pierer auf, mit der Gewerkschaft Vereinbarungen zur Sicherung von Beschäftigung, Wettbewerbsfähigkeit und Innovation abzuschließen. Insgesamt nahmen laut IG Metall mehr als 20 000 Mitarbeiter an 100 Standorten an den Protestaktionen teil.

Neugebauer sagte weiter, mit seiner Offensive zur Verlagerung von Arbeitsplätzen in Billiglohnländer habe von Pierer „nicht nur die IG Metall vor eine Bewährungsprobe gestellt, sondern auch den Arbeitgeberverband Gesamtmetall für blöd erklärt.“ Nach dem jüngsten Tarifabschluss für die Metall- und Elektroindustrie im Februar hatte von Pierer mit einem Austritt aus dem Arbeitgeberverband gedroht. Im April kündigte Siemens an, 5000 der 167 000 Arbeitsplätze in Deutschland seien gefährdet. Die Hälfte davon sei durch Probleme wie sinkende Auftragseingänge und Preisverfall bedroht, die andere Hälfte durch zu hohe Lohnkosten. Daher forderte Siemens die Beschäftigten an einigen Standorten auf, einer Verlängerung der Arbeitszeit auf 40 Stunden pro Woche ohne Lohnausgleich und der Kürzung von Sonderleistungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld zuzustimmen. Damit will Siemens die Produktivität inländischer Werke an die ausländischer Standorte anpassen. Siemens beschäftigt noch 41 Prozent seiner Mitarbeiter in Deutschland, macht dort aber nur noch ein Viertel seines Gesamtumsatzes.

Die IG Metall befürchtet, dass mittelfristig mehr als 10 000 Stellen auf der Streichliste stehen und Siemens zur Speerspitze einer flächendeckenden Einführung der 40-Stunden-Woche werden könnte. Konzernchef von Pierer betont dagegen, die Forderung bleibe auf Standorte bezogen, die unter starkem Kostendruck stünden. Siemens wolle nicht aus Deutschland flüchten, müsse aber global wettbewerbsfähig bleiben. Die Zahlen von IG Metall und Betriebsrat wies von Pierer als „Panikmache“ zurück.

Gewerkschafter wiesen am Freitag darauf hin, dass Siemens im abgelaufenen Geschäftsjahr das zweitbeste Ergebnis in der Firmengeschichte eingefahren habe. „Dieser Generalangriff ist schamlose Gewinnsteigerung", sagte der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Berlin, Arno Hager. Von den Sparplänen sind sieben der insgesamt 14 Siemens-Bereiche betroffen, darunter vor allem die Telefonfertigung, die Trafo-Herstellung und die Automatisierungstechnik. An den nordrhein-westfälischen Standorten Bocholt und Kamp-Lintfort, wo Siemens Handys und schnurlose Festnetz-Telefone produziert, sollen 2000 von 4500 Stellen nach Ungarn verlagert werden.

Eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young hatte ergeben, dass selbst eine Flexibilisierung der Arbeitszeit nicht ausreiche, die Lohnlücke von 30 Prozent gegenüber einem Standort in Ungarn zu schließen. Neugebauer forderte Siemens daher auf, bei gefährdeten Standorten Umstrukturierungen einzuleiten. Erste Entscheidungen sollen im Juli fallen.

Nicole Adolph

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