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Wirtschaft: IG Metall will nicht über Arbeitszeit reden

Stuttgarter Verhandlungsführer Hofmann plädiert für eine reine Lohnrunde/Forderung bei rund vier Prozent

Berlin (alf). Die IG Metall will die Arbeitszeit aus den nächsten Tarifverhandlungen heraushalten. Andernfalls „würde die Tarifrunde extrem belastet“, sagte der baden württembergische IG-Metall-Chef Jörg Hofmann dem Tagesspiegel. „Wir haben vor, eine reine Lohnrunde zu fahren.“ Die Baden- Württemberger hatten in der vergangenen Woche als erster IG-Metall-Bezirk eine Lohnforderung aufgestellt, und zwar in einer Bandbreite zwischen 3,5 und 4,5 Prozent. . Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, will dagegen auch über Arbeitszeit verhandeln. Arbeitgeber und Betriebsräte sollten „auf der Basis von Tarifverträgen künftig über Arbeitszeiten bis zu 40 Stunden pro Woche selbst entscheiden“. IG Metall–Chef Jürgen Peters ließ in Frankfurt (Main) mitteilen, allein in der westdeutschen Metallindustrie würde eine Verlängerung der Arbeitszeit von 35 auf 40 Stunden „schlagartig bis zu 435000 Arbeitsplätze kosten“.

Auf die Lohnforderungen aus Stuttgart hatte Arbeitgeberpräsident Kannegiesser mit einem Maßhalteappell reagiert: „Die nächste Tarifrunde muss unter dem Gesichtspunkt der Beschäftigungssicherung stehen, dazu gehört zwingend eine Stabilisierung, wenn nicht gar Absenkung der Lohnstückkosten.“ In der gegenwärtigen Stagnationsphase sei es „nicht verantwortungsbewusst, mit inflationär aufgeblähten Lohnforderungen falsche Erwartungen zu wecken“.

Davon ließ sich die IG Metall in Hannover nicht beeindrucken. Am Montag folgten die Niedersachsen dem Stuttgarter Beispiel und legten das Forderungsvolumen zwischen 3,5 und 4,5 Prozent fest. „Wir steuern auf eine Tarifforderung zu, die sich sowohl an den wirtschaftlichen Realitäten der Metallbranche als auch an den notwendigen Einkommensverbesserungen für die Beschäftigten orientiert“, sagte der niedersächsische IG- Metall-Chef Hartmut Meine. Die Forderung ergebe sich aus der Inflationsrate und dem Produktivitätswachstum.

Hofmann wies insbesondere auf die Umsetzung des neuen Entgeltrahmentarifvertrags (ERA) hin, mit dem die Entlohnung der Arbeiter mittelfristig der der Angestellten angeglichen wird. Allein dafür sind in der kommenden Tarifrunde gut 1,3 Prozent zu veranschlagen. „Eine weitere Komponente können wir nicht aufnehmen“, sagte Hofmann, da solche Elemente einer qualitativen Tarifpolitik auch immer Geld kosteten. Auch die so genannte Zweistufigkeit, wonach sehr gut verdienende Firmen auf den Tarifabschluss noch was drauflegen, werde in den bevorstehenden Tarifverhandlungen kein Thema sein, sagte Hofmann.

Bei der Arbeitszeit sieht der Bezirksleiter keinen Handlungsbedarf. „Arbeitszeitkonten haben wir heute schon.“ Auch die tarifliche Regelung, wonach 13 beziehungsweise 18 Prozent der Beschäftigten bis zu 40 Stunden die Woche arbeiten dürfen, „reicht in den meisten Betrieben locker aus“. Im Übrigen, so Hofmann, sperre sich die IG Metall nicht gegen innovative Lösungen. So habe die Gewerkschaft bei Bosch eine Vereinbarung für Ingenieure getroffen, wonach diese bis zu 40 Stunden die Woche arbeiten dürfen. Davon werden allerdings maximal 37,5 Stunden ausbezahlt, der Rest geht auf ein Arbeitszeitkonto, das für einen früheren Rentenbeginn oder etwa Kinderbetreuungszeiten genutzt werden kann. Schließlich führe die baden- württembergische IG Metall seit gut einem Jahr Verhandlungen mit dem regionalen Arbeitgeberverband, um die Flexibilitätswünsche der Arbeitgeber mit den individuellen Arbeitszeitpräferenzen der Beschäftigten besser in Deckung zu bringen.

Zur Lohnforderung von rund vier Prozent sagte Hofmann, in diesem Jahr habe es „keine nachlaufenden Erwartungen“ gegeben. So beschreiben Tarifpolitiker den Umstand, wenn die wirtschaftliche Entwicklung deutlich besser verlief als ursprünglich erwartet und deshalb die Lohnforderung dann höher ausfällt. Eine Ausnahme in Baden- Württemberg war Porsche. Die Belegschaft des Sportwagenherstellers hatte sich für eine Forderung von 5,7 Prozent ausgesprochen. Mit welcher Höhe die IG Metall schließlich in die Verhandlungen geht, entscheidet der Gewerkschaftsvorstand am 27. November.

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