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Wirtschaft: IG Metall wirft Siemens Ignoranz vor

Druck auf Aufsichtsratschef Pierer steigt

Berlin - IG-Metall-Vize Berthold Huber hat der Siemens-Führung vorgeworfen, den Verdacht auf eine Begünstigung der Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger (AUB) über Jahre ignoriert zu haben. „Das war schon vor Jahren Thema im Aufsichtsrat“, sagte er der „Stuttgarter Zeitung“. „Wir haben das mehrfach angesprochen und immer abschlägige Antworten von den Unternehmensvertretern bekommen.“ Die AUB sei „natürlich“ in der Lage gewesen, die Unternehmenspolitik zu beeinflussen. „Wir haben bei Aufsichtsratswahlen Sitze abgeben müssen. Das hat in strittigen und schwerwiegenden Entscheidungen dazu geführt, dass die Arbeitnehmerseite nicht mit einer Stimme gesprochen hat“, sagte Huber, der auch Mitglied im Aufsichtsrat von Siemens ist.

Zu den Rücktrittsforderungen an den Aufsichtsratsvorsitzenden und damaligen Konzernchef Heinrich von Pierer sagte Huber: „Wenn die Vorwürfe, die da bekannt werden, stimmen, muss doch jemand die Verantwortung übernehmen.“ Solange aber nicht klar sei, ob das von Managern der zweiten Reihe gemacht oder ob das Ganze von oben entschieden worden sei, halte er sich an den Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“.

Der „Spiegel“ hatte berichtet, mehrere Mitglieder des Aufsichtsrats wollten den Vorsitzenden Pierer zum Rücktritt drängen. Vertreter sowohl der Kapital- als auch der Arbeitnehmerseite wollten nach Pierers Osterurlaub das Gespräch mit ihm suchen, berichtete das Magazin ohne Angabe von Quellen. Wunschkandidat für die Nachfolge sei Gerhard Cromme, der in dem Gremium Vorsitzender des Prüfungsausschusses ist. Ziel sei ein personeller Neuanfang bei dem von Affären geplagten Münchner Technologie-Konzern. Dem Bericht zufolge wollen Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat bei der nächsten Sitzung des Gremiums am 25. April eine Auflistung aller Zahlungsvorgänge oder Geschäftsbeziehungen zwischen dem Konzern und dem früheren Chef der Arbeitnehmerorganisation AUB, Wilhelm Schelsky, verlangen.

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg ermittelt in dem Fall auch gegen den inzwischen beurlaubten Siemens-Zentralvorstand Johannes Feldmayer. Sie wirft ihm und weiteren Siemens-Mitarbeitern Untreue vor. Sie sollen von 2001 bis 2005 Zahlungen an Schelsky veranlasst haben, ohne dass er dafür nennenswerte Gegenleistungen erbracht habe. Etwa 34 Millionen Euro sollen geflossen sein.

Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Siemens, Ralf Heckmann, schloss nicht aus, dass auch einzelne Betriebsräte der IG Metall in die Siemens- Schmiergeldaffären verwickelt sein könnten. „Wir gehen davon aus, dass auch in unseren Reihen Fälle hochkommen werden“, sagte Heckmann zu „Euro am Sonntag“. Später stellte IG-Metall-Mitglied Heckmann in einer Mitteilung klar, dass er sich missverständlich ausgedrückt haben könnte: „Weder kenne ich einen IG- Metall-Betriebsrat bei Siemens, auf den Begünstigungsvorwürfe zutreffen würden, noch habe ich Indizien dafür.“ Er habe lediglich deutlich machen wollen, dass er zu einer rückhaltlosen Aufklärung stehe und bei der großen Anzahl von Betriebsräten bei Siemens „nicht für alle meine Kollegen die Hand ins Feuer legen kann“. dpa

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