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Im Gastgewerbe bleiben viele Ausbildungsstellen unbesetzt. Immer mehr Betriebe versuchen dem Nachwuchsmangel etwas entgegenzusetzen.

© dpa

IHK-Bildungspreis: Lockmittel für Nachwuchskräfte

Bonuspunkte, Unternehmenstheater, Kreativfrühstück: Der Deutschen Industrie- und Handelskammertag würdigt kreative Aus- und Weiterbildungskonzepte.

Der Kampf hat längst begonnen. „Es geht um die besten Köpfe unseres Landes“, sagte Ralf Kersting, Vizepräsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), am Montag im Berlin Congress Center. Der Mangel an geeigneten Auszubildenden quält viele Branchen schon lange, und die Unternehmen lassen sich immer mehr einfallen, um die Mitarbeiter von morgen in die eigenen Reihen zu holen. Mit dem IHK-Bildungspreis wurden nun zum zweiten Mal innovative Aus- und Weiterbildungskonzepte aus ganz Deutschland ausgezeichnet. Für die Sieger gab es jeweils 6000 Euro.

Kersting kritisierte beim Empfang vor allem den „überzogenen Akademisierungstrend“ im Land. Zuletzt habe jedes dritte Unternehmen nicht alle angebotenen Ausbildungsplätze besetzen können. Mit den jungen Menschen, die derzeit neu nach Deutschland kommen, könnte sich das aber ändern, hofft Kersting. Unter den zwölf Favoriten, die eine Jury vorab aus mehr als 100 Bewerbungen ausgewählt hatte, fand sich in der Finalrunde dann aber kein Unternehmen, das gezielt junge Zugewanderte anspricht.

Der Chef als "Sozialarbeiter"

In der Kategorie der kleinen Firmen mit bis zu 50 Mitarbeitern stimmten die rund 400 geladenen ehrenamtlichen IHK-Prüfer am Montagabend für die Metallwerke Renner aus Westfalen. Geschäftsführer Jürgen Henke sucht ganz bewusst auch nach Azubis, die in der Schule schwächere Leistungen erbracht haben, aber zur Belegschaft passen. Um für das Unternehmen zu werben, führt Henke Schulklassen durch die Produktion und kooperiert mit Schulen. Strauchelt ein Auszubildender, wendet sich der Chef schon mal persönlich an die Eltern. „Sozialarbeit“ nennt Henke das.

In der Klasse der mittelgroßen Betriebe mit 50 bis 500 Angestellten gewann der bayrische Spanplattenhersteller Pfleiderer, der es bei einer regionalen Arbeitslosenquote von zwei Prozent besonders schwer hat, geeigneten Nachwuchs zu finden. Das Unternehmen führt ein Azubi-Punktesystem für gute Leistungen, Ideen und ehrenamtliches Engagement. Jeder Pluspunkt bedeutet am Monatsende einen Euro mehr auf dem Konto. Um Kreativität zu fördern, kommen die Auszubildenden wöchentlich zum Frühstück zusammen. Dabei entstehen auch Ideen fürs Unternehmen, die weiterverfolgt werden.

Busfahrer im Rollstuhl

Bei den großen Firmen siegte das Hannoveraner Bauunternehmen Papenburg, das seine Azubis in Schulen schickt, um mit einem Geschicklichkeitsparcours für die Baubranche zu werben. Auch das Unternehmenstheater wird von den Nachwuchskräften auf die Beine gestellt – Ausbildung mit Rahmenprogramm sozusagen. „Gerade die Baubranche hat ein Imageproblem. Schwere Arbeit wollen immer weniger machen“, heißt es aus dem Unternehmen. Gleiches gilt auch für das Gastgewerbe. Unter den Finalisten waren zwei Betriebe aus der Hotellerie, die ihre Azubis etwa mit Auslandsstationen und gemeinsamen Aktivitäten locken.

Einen Sonderpreis bekam Mahle Ventiltrieb aus Baden-Württemberg. Dort werden schon Kita-Kinder an das Präzisionsarbeiten herangeführt und bauen mit Hilfe von Azubis kleine Rennwagen zusammen. Ähnliche Projekte gibt es auch für Schulkinder und Jugendliche, um sie an das exakte Handwerk heranzuführen. Nominiert waren auch die Stadtwerke Osnabrück. Im Rahmen eines Inklusionsworkshops versetzen sich die Busfahrer in die Situation von Fahrgästen mit Behinderungen. Dabei zogen sie spezielle Anzüge an, die ihnen Bewegung und Sicht erschwerten und bewegten sich in Rollstühlen. Ziel des Perspektivwechsels ist mehr Verständnis für die Bedürfnisse der körperlich eingeschränkten Passagiere, damit die Fahrten für alle angenehmer werden.

Berliner Bewerber für den Preis gab es übrigens nicht, obwohl auch in der Hauptstadt zuletzt viele Azubistellen frei blieben. „Die Unternehmen setzen auf unsere regionalen Ausbildungssiegel“, sagte Leif Erichsen, Sprecher der Berliner IHK.

In der ersten Fassung des Artikels wurden die Stadtwerke Osnabrück als Gewinner des Sonderpreises genannt. Diese Ehrung ging aber an Mahle Ventiltrieb. Wir entschuldigen uns für den Fehler.

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