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Fliegen 2050 - so stellt sich der europäische Flugzeughersteller Airbus seine Maschinen vor.

© dpa

Ila 2012: Vier Thesen zur Zukunft der Luftfahrt

Fliegen wird künftig noch wichtiger als heute, weil die Welt weiter zusammenwächst. Flugzeugbauer und Airlines bereiten sich darauf vor. Zur Berliner Luftfahrtausstellung Ila (11. bis 16. September) haben wir vier Thesen formuliert, was wir in Zukunft zu erwarten haben.

Fliegen wird teurer

Das revolutionäre Geschäftsmodell der Billigflieger ist ausgereizt. Southwest Airlines hatte die Kunst des radikalen Kostendrückens in den 80ern in den USA erfunden. Die Konzentration auf einen Flugzeugtyp sparte Wartungs- und Ausbildungskosten. Als in den 90ern auch der EU-Luftverkehr liberalisiert wurde, trieben es Ryanair und Easyjet auf die Spitze: Der Flug selbst wurde günstig, jedes Extra kostete. So nahmen sie dem Fliegen den Glamour, öffneten diese Art zu reisen weiter für die Unterschicht und erreichten in Europa Marktanteile von jeweils 20 bis 25 Prozent.

Um weiter zu wachsen bleiben nur zwei Möglichkeiten: Mehr Komfort anbieten, um anspruchsvollere Gäste und Geschäftsleute zu locken. Oder noch billiger werden. Letzteres scheint kaum möglich: Zum einen gehen alle Rohstoffanalysen davon aus, dass der Ölpreis und damit der für Kerosin mittel- und langfristig steigt. Zudem erzielen Airlines generell nur sehr geringe Gewinnmargen – auch weil Staaten die Gewinne zunehmend über Steuern und Abgaben abschöpfen. Hierzulande sind es Luftverkehrssteuer und die Pflicht zum Klimazertifikatekauf. Das sind Instrumente, die Asiaten und Amerikaner noch ablehnen.

Was aber, wenn die jüngste Prognose von Airbus wahr wird: Dass sich die Zahl der Passagiermaschinen von heute 15.500 binnen 20 Jahren auf 32.550 Flieger mehr als verdoppelt? Dann sind Steuern ein probates Mittel, um Umweltschäden zu bezahlen und unkontrolliertes Wachstum einzudämmen.

Fliegen wird leiser und sauberer

Mit neuen Materialien und leichteren Werkstoffen sollen die Maschinen künftig mehr Sprit sparen.
Mit neuen Materialien und leichteren Werkstoffen sollen die Maschinen künftig mehr Sprit sparen.

© dapd

Umwelt, Nachhaltigkeit und Effizienz spielen bei Herstellern und Airlines eine immer größere Rolle – zunächst in der Außendarstellung: „Ein Flugzeug verbraucht im Schnitt nur rund vier Liter Kerosin pro Passagier und 100 Kilometer“. Diese Botschaft verbreitet der Lobbyverband BDL. Damit sei Fliegen effizienter als jede Autofahrt, so die Botschaft. Dass in der Summe trotzdem viel Dreck anfällt, da Flugreisende ja viel große Strecken zurücklegen, steht auf einem anderen Blatt.

Es geht aber nicht nur um PR: Die Airlines setzen die Flugzeug- und Triebwerkshersteller tatsächlich unter Druck, etwas zu tun: Angesichts steigender Kerosinpreise und angekündigter Klimaabgaben spart jedes Kilo, das weniger befördert werden muss, Geld. Erste Erfolge: Treibstoffverbrauch und CO2-Emission der Flotten konnten innerhalb von zehn Jahren um zehn Prozent gesenkt werden, Lärmemissionen sogar um bis zu 50 Prozent. Und es gibt neue Ideen: Brennstoffzellen, die beim Manövrieren am Boden helfen, Sprit zu sparen. Oder Algen als Basis für Biokerosin. Zudem setzt die Branche auf eine Zusammenlegung nationaler Lufträume.

Allein damit ließen sich Flüge im Schnitt um 13 Minuten verkürzen, rechnet Airbus vor. So würden Flugzeuge jedes Jahr rund 28 Millionen Tonnen weniger CO2 ausstoßen, Airlines neun Millionen Tonnen Kerosin oder 1,5 Milliarden Dollar sparen.

Fliegen wird wieder komfortabler

Panoramadach im Concept Plane von Airbus
Panoramadach im Concept Plane von Airbus

© dpa

Diese kleine Sensation ging etwas unter im Chaos des LufthansaStreiks: Die Billigfluggesellschaft Easyjet kündigte am Mittwoch an, dass sie ab November auf allen Strecken zugewiesene Sitzplätze anbieten wird. In Kundenbefragungen hatte die britische Airline herausgefunden, dass viele Passagiere das Drängeln um die besten Sitzplätze als Stress empfinden. 60 Prozent gaben an, sie würden häufiger mit Easyjet fliegen, wenn sie eine Reservierung hätten – auch gegen Aufpreis.

Den Kundenwunsch nach mehr Komfort bestätigen auch die Ergebnisse einer internationalen Umfrage zur Zukunft der Luftfahrt, die Airbus jetzt im Vorfeld der ILA vorgestellt hat. Demnach wünschen sich jeweils mehr als 60 Prozent der Flugreisenden mehr Beinfreiheit, einfache und schnellere Gepäckaufgabe, flexiblere Sitze. Mehrfachangaben waren möglich. Passend dazu stellte Airbus Pläne für einen Fantasieflieger vor, wie er im Jahre 2050 abheben könnte: mit Panoramadach, Sitzen, die sich jeder Körperform anpassen und einem Freizeitangebot, das vom virtuellen Golfspielen bis zur Disco reicht.

So weit ist es noch nicht, schaffen einige Airlines beim Kabinenausbau schon Standards, hinter die sie kaum mehr zurückfallen können: Emirates führte in der First Class ihrer A380-Flotte die Duschkabine ein, Lufthansa baute Sitze mit dünneren Lehnen ein, was Passagieren ein paar Zentimeter mehr Beinfreiheit verschafft. Flachbildschirme gibt es zunehmend auch in der Holzklasse und sehr bald dürfte auch Internet und Telefon an Bord teilweise zugelassen werden. Nicht jede Idee verträgt sich mit dem Wunsch nach Energiesparen. Aber der Druck, den Kunden gerade auf Langstrecken etwas zu bieten, wird eher zu- als abnehmen.

Fliegen wird nicht sicherer

In Berlin treffen sich Hersteller und Kunden für eine Woche bei der Ila.
In Berlin treffen sich Hersteller und Kunden für eine Woche bei der Ila.

© dapd

Das Flugzeug sei das sicherste Verkehrsmittel, beten Luftfahrtmanager vor. Doch es wird kaum noch sicherer werden. Der Boeing-Konzern führt seit 1959 für alle großen Passagiermaschinen aller Hersteller (außer für Ex-Sowjetrepubliken) Buch. Er registrierte bis Ende 2011 weltweit rund 610 Millionen Flüge. 1800 davon verunglückten schwer, bei 603 (oder 34 Prozent) gab es Tote. Insgesamt starben bei Flugzeugunglücken seither gut 29.000 Menschen.

In den letzten zehn Jahren sank der Anteil der tödlichen Unfälle zwar auf 20 Prozent, auch steigt die Zahl der Flüge, was die absolute Zahl der Unfälle angeht, lässt sich im langjährigen Mittel aber kein Trend ausmachen: 1977, 1985 und 1996 waren die bisher schlimmsten Jahre. Schlecht konstruierte Messgeräte treffen auf schlecht ausgebildete Piloten wie 2009 beim Air-France-Flug 447 von Rio nach Paris mit 228 Toten. Auch Kostendruck steigert das latente Risiko. Der neuste Spartrick: Nur so viel Kerosin tanken wie nötig. Erst im Juni mussten drei RyanairFlieger angeblich auf den letzten Tropfen in Valencia notlanden.

Auch die Hersteller haben noch viel zu tun: So können bei fast allen Flugzeugtypen Öldämpfe der Triebwerke in die Kabinenluft gelangen. Diese sogenannten „Fume Events“ stecken offenbar hinter dem „aerotoxischen Syndrom“, bei dem Passagiere von Übelkeit, Kopfschmerzen und Halluzinationen berichten. Erst als sich im vergangenen Jahr auch der Bundestag damit beschäftigte, nahmen die Hersteller das Thema ernst.

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