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Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU).

© Mike Wolff

Ilse Aigner: "Jeder hat ein Recht auf Vergessen"

Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner fordert ein Widerspruchsrecht für Bürger im Netz. Im Tagesspiegel-Interview fordert sie klare Regeln.

Frau Aigner, viele Leute schauen sich über Street View mögliche Feriendomizile an, wollen aber ihr eigenes Haus nicht im Internet veröffentlicht sehen. Leben die Deutschen in Sachen Datenschutz nach dem Motto: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“?

Wir Deutschen haben ein besonders sensibles Verhältnis zum Datenschutz, das liegt auch an unserer Vergangenheit, an der leidvollen Erfahrung mit zwei totalitären Regimen. Was das Internet betrifft, brauchen wir klare Regeln, um das Vertrauen der Menschen in das Medium zu stärken.

Wollen Sie die Veröffentlichung von Geodaten verbieten?
Natürlich nicht. Aber Internet-Dienste, die großflächig Wohngebiete fotografieren und kartografieren, müssen meiner Einschätzung nach von sich aus die Bewohner, die davon betroffen sind, informieren. Und die Betroffenen müssen die Möglichkeit haben, der Speicherung und Veröffentlichung ihrer Daten zu widersprechen.

Soll das auch für Pressefotos gelten?
Nein. Das Grundrecht auf Meinungs- und Pressefreiheit ist ein hohes Gut, das hat Vorrang. Wir werden bei einer Regelung zu Geodatendiensten sicherstellen, dass Presse und Rundfunk nicht in ihrer Arbeit behindert werden. Man kann ein Zeitungsfoto oder eine Szene in der „Tagesschau“ nicht vergleichen mit der vollständigen Digitalisierung und weltweiten Zurschaustellung eines Wohngebietes.

Spricht die Bundesregierung auf dem heutigen Gipfel mit einer Stimme? Bundesinnenminister de Maizière würde vielleicht auch eine Selbstverpflichtung reichen.
Wir sind uns einig, dass wir die Erhebung und Nutzung von Geodaten gesetzlich regeln müssen. Eine Selbstverpflichtung der Wirtschaft reicht aus meiner Sicht nicht aus. Klärungsbedürftig wäre auch, wie das Löschen von Daten rechtlich und technisch funktionieren kann. Die Bürger haben ein Recht auf Vergessen. Das hat auch mein Kollege Innenminister Thomas de Maizière betont.

Im Netz gibt es keine Grenzen. Was können deutsche Datenschutzgesetze bringen?
Auch ausländische Unternehmen wie Google oder Apple, die Daten in Deutschland erheben, verarbeiten oder nutzen, haben unser Recht einzuhalten. Wir brauchen darüber hinaus aber auch europäische und internationale Vereinbarungen, um Standards zu etablieren und die Rechtsdurchsetzung zu verbessern. Gleichzeitig sollte jeder Nutzer darauf achten, dass er sensible Daten gar nicht erst ins Netz stellt.

Ilse Aigner ist Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und war eine der ersten Kritikerinnen von Google Street View.

Mit ihr sprach Heike Jahberg

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