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Wirtschaft: IM INTERVIEW "Schnörkellos und klar zur Sache"

Grundsteinlegung des Hauses der Wirtschaftsverbände / Stihl sieht Parallelen von Architektur und DIHT-Politik -Berlin entwickelt sich zum wirtschaftspolitischen Entscheidungszentrum.Heute ist Grundsteinlegung für das gemeinsame Domizil der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft.

Grundsteinlegung des Hauses der Wirtschaftsverbände / Stihl sieht Parallelen von Architektur und DIHT-Politik -Berlin entwickelt sich zum wirtschaftspolitischen Entscheidungszentrum.Heute ist Grundsteinlegung für das gemeinsame Domizil der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft.Auf das Grundstück am Mühlendamm zieht auch der Deutsche Industrie- und Handelstag, DIHT.Die Fragen an dessen Präsidenten, Hans Peter Stihl, stellte Daniel Wetzel. TAGESSPIEGEL: Der Mühlendamm war im 12.Jahrhundert wichtigster Spreeübergang und die bedeutendste Handelsstraße für Berlin und Cölln.Dort haben Archäologen die Überreste des ältesten Hauses Berlins gefunden: Es gehörte im Jahre 1170 einem Händler.Hat der DIHT diesen symbolträchtigen Standort bewußt gewählt? STIHL: Nein.Aber wir freuen uns, daß wir durch den Berliner Senat ein Grundstück erwerben konnten, das auch an einer historisch-markanten Stelle in Berlin liegt. TAGESSPIEGEL: Die Fassade ist in Naturstein gehalten und eher nüchtern und klassisch strukturiert.Ist soviel Traditionalismus für die Repräsentanten der deutschen Wirtschaft angemessen? STIHL: Die Architektur des Gebäudes ist dem Stil des DIHT angemessen: Klarheit in der baulichen Präsentation entspricht der Klarheit seiner wirtschaftspolitischen Positionen.Schnörkellos und direkt zur Sache.Klassische Architektur zeichnet sich dadurch aus, daß sie alles Überflüssige wegläßt. TAGESSPIEGEL: Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft teilen sich in Berlin zwar ein Grundstück - sie ziehen aber nicht unter ein Dach: Deutet die räumliche Trennung vom BDA und BDI auch auf inhaltliche Differenzen der Spitzenverbände hin? STIHL: Es gibt keine inhaltlichen Differenzen der beteiligten Spitzenorganisationen.DIHT, BDI und BDA erfüllen die ihnen zugewiesenen Aufgaben.Der BDI vertritt die Interessen der Industrie, die BDA arbeits- und sozialpolitische Interessen, und der DIHT unterstützt die ihn tragenden 83 Industrie- und Handelskammern in den drei Kernaufgaben: Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben für Wirtschaft und Staat, Gesamtinteressenvertretung für die gewerbliche Wirtschaft - davon sind 65 Prozent Dienstleistungsunternehmen - und natürlich Beratungs- und Informationsservice, besonders für mittlere und kleine Unternehmen.Unterschiedliche Aufgaben machen unterschiedliche Stabsstellen notwendig. TAGESSPIEGEL: Wäre auch eine andere Konstellation mit anderen Verbänden denkbar gewesen? Wo liegen die Vorteile einer Wohngemeinschaft mit BDI und BDA? STIHL: Auch eine andere Wohngemeinschaft als mit BDI und BDA wäre denkbar, zum Beispiel mit der Handwerksorganisation, mit der uns viel verbindet - ich nenne nur die Berufsbildung.Vorteile für die Wohngemeinschaft liegen in der Nutzung von gemeinsamen technischen Einrichtungen wie Sitzungssäle, Fahrbereitschaft, Casino, Poststelle, Druckerei, Reinigungsdienste usw.Vorteile liegen auch in der Zusammenarbeit auf fachlicher Ebene.Die räumliche Nähe macht Abstimmungen leichter. TAGESSPIEGEL: Die Verbände ziehen in den Osten der Republik, mitten hinein in den schwierigen Aufbauprozeß der neuen Bundesländer.Wird die größere Nähe und die neue Perspektive zu neuen Akzenten in der Lobbyarbeit führen? STIHL: Wir werden keine neuen Akzente in unserer wirtschaftspolitischen Arbeit setzen, nur weil wir räumlich näher an den neuen Bundesländern "dran" sind.Bereits jetzt haben wir in unsere wirtschaftspolitische Arbeit besonders die Anliegen der Wirtschaft in den neuen Bundesländern einbezogen.Aber: Die räumliche Nähe zu den neuen Bundesländern wird natürlich die Sensibilität für die dortigen Vorgänge und die Probleme, die dort zu bewältigen sind, noch verstärken. TAGESSPIEGEL: Die Anwesenheit des Bundeskanzlers bei der Grundsteinlegung soll symbolisch die Verbundenheit zwischen Regierung und Wirtschaft augenfällig machen.Aber gibt es diese Verbundenheit angesichts der vielen Differenzen - wie sie etwa in der Steuerdebatte zum Ausdruck gekommen sind - überhaupt noch? STIHL: Die Wirtschaft braucht die gute Zusammenarbeit mit der Regierung genauso wie umgekehrt.Für uns ist die Anwesenheit des Bundeskanzlers bei der Grundsteinlegung Ausdruck dieser traditionell guten Zusammenarbeit.Wir haben keine Vielzahl von Differenzen mit der Bundesregierung und besonders nicht in der Steuerpolitik.Das von der Bundesregierung vertretene Konzept einer Steuerreform findet die volle Unterstützung der Wirtschaft.Blockiert wird es von der Opposition.Und dies haben wir auch in der Öffentlichkeit deutlich gesagt. TAGESSPIEGEL: Während der DIHT an der Bonner Adenauerstraße und damit in unmittelbarer Regierungsnähe arbeitete, blieben ihre Kollegen Hundt (BDA) und Henkel (BDI) auf Distanz: In Köln am Gustav-Heinemann-Ufer.Bringt die enge Nachbarschaft in Berlin nicht die Gefahr mit sich, daß die Konturen der einzelnen Spitzenverbände im Bewußtsein der Öffentlichkeit verschwimmen? STIHL: Die Konturen der einzelnen Spitzenorganisationen der Wirtschaft werden im Bewußtsein der Öffentlichkeit nicht verschwimmen, weil wir verschiedene Aufgaben erfüllen.Wir werden nur dort, wo es notwendig ist, gemeinsam auftreten und auch gemeinsame Positionen vertreten, wie wir dies in der Vergangenheit auch häufig getan haben.Für die uns gestellten unterschiedlichen Aufgaben werden wir jeweils unter unseren unterschiedlichen Signets auftreten. TAGESSPIEGEL: Nicht alle Wirtschaftsverbände machen den Umzug nach Berlin mit.Viele halten gar eine Repräsentanz in Brüssel für wichtiger und bauen dort.Gehen Ihnen durch den Umzug in die Bundeshauptstadt nicht auch wichtige Kontakte im Rheinland sowie die räumliche Nähe zu Brüssel verloren? STIHL: Der DIHT wird einen kleinen Stab in Bonn lassen, um die Kontakte zu den dort verbleibenden Ministerien zu pflegen.Dies gilt besonders für das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Technologie, mit dem wir in vielen Bereichen eng zusammenarbeiten, zum Beispiel in der Berufsbildung.Der DIHT ist schon seit langem in Brüssel präsent, weil handelspolitische Entscheidungen in Brüssel fallen und nicht in Bonn und in Zukunft auch nicht in Berlin.Da in Zukunft im Rahmen der Integration Europas noch mehr Kompetenzen nach Brüssel verlagert werden, wird die Repräsentanz des DIHT in Brüssel eher ausgebaut werden müssen, wobei wir auch auf die enge Zusammenarbeit mit den europäischen Industrie- und Handelskammern setzen, die sich unter einem gemeinsamen Dach "Eurochambres" zusammenfinden.

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