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Ohne Überblick. Rund 300 Aus- und Weiterbildungsangebote gibt es in Deutschland. Gerade für Berufsanfänger ist es nicht leicht, das richtige zu finden. Foto: dpa

© picture-alliance/ dpa/dpaweb

Wirtschaft: Im Labyrinth der Lebensberatung

Das Angebot an Ausbildungen zum Coach ist so vielfältig, dass sich Berufseinsteiger kaum einen Überblick verschaffen können. Und nicht alle Kurse sind ihr Geld wirklich wert. Hilfe bietet die Stiftung Warentest mit einem Kriterienkatalog.

Ihre Sorgen und Ängste vor fremden Menschen auszubreiten, kostet viele Leute große Überwindung. Trotzdem suchen immer mehr Menschen den Rat von professionellen Beratern und Coaches, um ihr Leben wieder in geordnete Bahnen zu bringen. Und so setzen auch immer mehr Menschen darauf, ihren Lebensunterhalt als Coach zu verdienen – und belegen Workshops und Seminare, um sich auf diese Aufgabe vorzubereiten. Angebote dafür gibt es viele, vielleicht sogar zu viele. Aber welche sind sinnvoll?

„Meine Sorge ist, dass hier die Illusion geschürt wird, dass man mal eben durch Belegung einer mehr oder weniger kurzen Weiterbildung schnell die Qualifikation zum Traumberuf Coach erlangen kann. Doch das ist ein Trugschluss“, sagt Peter Lindemann. Er ist seit 2006 als selbständiger Managementberater und Coach für Privatleute von Berlin aus tätig. Zwar sagt der 61-Jährige: „Wer als Coach arbeiten will, muss sich ständig aus- und weiterbilden und sich so viele verschiedene Kompetenzen wie möglich aneignen.“ Aber Lindemann sagt auch: „Ein guter Coach ist nicht deshalb gut, weil er eine bestimmte, schnelle, vielleicht gar zertifizierte Ausbildung durchlaufen hat, sondern weil er vor allem eines hat: fundiertes Wissen, Erfahrung, Empathie, Neugierde, die Fähigkeit zur Selbstreflexion und vor allem: die Fähigkeit zum Zuhören. Das lässt sich aber nicht mal eben erwerben, wenn man nicht ohnehin der Typ dazu ist. Und wenn die Grundeigenschaften dafür noch nicht entwickelt sind. Das kann nur in einem sehr langen, vielschichtigen, qualifiziert begleiteten Prozess erlangt werden.“

Er selbst hat so einen langen Prozess durchlaufen – die Liste seiner Qualifikationen bietet einiges: Diplom-Pädagoge mit Schwerpunkt Erwachsenenbildung steht da, zertifizierter Management-Trainer über die Daimler AG, mehrere Ausbildungen – etwa in psychologischer Beratung und Supervision, werteorientierter Unternehmensführung sowie systemischer Organisations- und Personalentwicklung.

Der Beruf Coach ist als solcher nicht staatlich anerkannt. Das heißt für die Praxis, dass sich jeder Coach nennen und seine Dienste am Markt anbieten kann. Es gibt keine verbindlichen Regeln, wie er zu arbeiten hat und welche Kompetenzen er mitbringen muss. Gleichzeitig ist das Angebot an Weiterbildungen für Coaches enorm. Gerade wer frisch in den Beruf einsteigen will, findet nur schwer einen Überblick, welche Kurse ihr Geld wirklich wert sind. Doch bei der Entscheidung gibt es jetzt Hilfe: Die Stiftung Warentest hat verschiedene deutsche Coaching-Lehrgänge für Einsteiger getestet und Kriterien erarbeitet, was ein solcher Kurs grundsätzlich bieten sollte. Damit wollen sie Coaches aber auch den Anbietern einen Leitfaden an die Hand geben, die Qualität des Berufs zu verbessern.

Das Fazit der Stiftung Warentest bestätigt Lindemanns Kritik: Alle acht getesteten Angebote konnten nicht die komplette Palette an Qualifikationen vermitteln, um auf den komplexen Beruf vorzubereiten. Ein Kurs reiche damit nicht aus, um richtig als Coach arbeiten zu können. „Auf der einen Seite sind die Erwartungen an einen Coach von Seiten der Klienten sehr hoch, auf der anderen Seite bieten die einzelnen Ausbildungen für sich aber nicht die Qualifikationen, die für den Berufseinstieg wirklich nötig sind“, sagt Anett Brauner, Projektleiterin Weiterbildungstests bei Stiftung Warentest.

Für die Auswahl dieser Lehrgänge betrachtete die Stiftung Warentest ausschließlich berufsbegleitende Angebote, die nicht mehr als 6000 Euro plus Mehrwertsteuer kosteten, mindestens 80 Unterrichtseinheiten umfassten und maximal ein Jahr dauerten. Volkshochschulen wurden dabei ausschließlich nicht getestet. Von Ende Juli 2011 bis Dezember 2012 nahm eine geschulte Testperson an einem der Kurse inkognito teil und lieferte eine Bewertung mithilfe von Fragebögen und Protokollen ab. Die Anbieter setzen unterschiedliche Schwerpunkte. „Natürlich sind die Ergebnisse zu den acht getesteten Lehrgänge nicht für alle Coachingweiterbildungen repräsentativ, im Vordergrund steht aber auch der daraus entwickelte Kriterienkatalog, wie ein solcher Kurs gestaltet werden sollte“, sagt Christopher Rauen, Vorsitzender des Deutschen Bundesverbands Coaching (DBVC). Aus Sicht des Verbands habe die Stiftung Warentest damit einen sehr guten Leitfaden entwickelt, der die Auswahl des richtigen Angebots sehr vereinfache. „In der Tat ist der Markt bei rund 300 verschiedenen Coaching- Weiterbildungen sehr unübersichtlich, so dass es gerade für Berufseinsteiger bislang nur schwer möglich war, sich zurecht zu finden.“ Einerseits sei immer noch viel Recherchearbeit nötig und der Vergleich verschiedener Anbieter, dabei würden die formalen Kriterien die Arbeit nun aber stark vereinfachen.

Wie die Stiftung Warentest empfiehlt auch Rauen, sich immer mehrere Anbieter anzuschauen und Probekurse zu besuchen, bevor man sich für ein Angebot verbindlich entscheidet. Jeder Anbieter setze unterschiedliche Schwerpunkte, die unterschiedliche Vorkenntnisse verlangten. „Coaching-Lehrgänge kosten in der Regel ein paar tausend Euro, da sollte man sich vorher gut überlegen, welche Qualifikationen in der momentanen Situation am nötigsten sind“, sagt Rauen. Die Stiftung Warentest rät darüber hinaus, auf einen großen Praxisbezug zu achten und einen Kurs zu wählen, der zwischen den Modulen viel Zeit für das eigene Lernen und Gruppenarbeit bietet.

Mit der Theorie hat man allerdings nur eine Seite des Coachingberufs abgedeckt. Mindestens genauso wichtig sei die eigene Persönlichkeitsbildung, sagt Peter Lindemann. „Mir hilft es bis heute sehr, möglichst viele Facetten meiner eigenen und anderer Lebensbiographien immer wieder zu reflektieren und auszuwerten. Daraus ziehe ich viele Erkenntnisse, die ich in meiner Beratung einsetzen kann.“

Das A und O im Coaching sei, seinem Klienten immer genau und sensibel zu zuhören und ihn nicht mit Allgemeinrezepten abzufertigen. „Es geht beim Coaching nicht darum, seine eigene Weltsicht zum Besten zu geben, sondern gemeinsam eine für den Klienten und für die Situation passende Lösung zu entwickeln.“ Weil es dabei vor allem auf eine gute Chemie zwischen Coach und Klient ankommt, rät Lindemann am Ende des Vorgesprächs seinen Klienten stets, noch einmal über die Entscheidung. ob sie es mit ihm versuchen wollen zu schlafen. „Und gerne auch andere Coaches kennen zu lernen, um zu vergleichen." Das gilt auch für Weiterbildungen zum Coach.

Lara Sogorski

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