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Wirtschaft: Im Norden muss es knallen

Vor dem großen Spektakel: Verbundfeuerwerke sind in diesem Jahr zu Silvester gefragt / Verkaufsstart ist der 28. Dezember

Berlin - Früher meinte man, dass das Feuerwerk zu Silvester die bösen Geister vertreibt: Je farbiger und wuchtiger, um- so besser die Wirkung. In diesem Jahr wird es erst einmal farbiger als in den Jahren zuvor. „Die Effekte werden bunter und überraschender. Da wo es früher nur Puff gemacht hat, gibt es jetzt komplizierte und schöne Effekte“, sagt Ulrike Rockland von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM). Das Institut prüft die Feuerwerkskörper auf ihre Sicherheit und entscheidet, welche auf dem deutschen Markt zugelassen sind. 134 von 219 Produkten bestanden in diesem Jahr die Wärme-, Rüttel- und Funktionstests und erhielten am Ende das Zulassungszeichen. Die Buchstaben „BAM“ und die zugehörige Zulassungsnummer sind auf jedem geprüften Artikel zu finden.

Ob aus Spaß oder Aberglauben – die Deutschen schossen im vergangenen Jahr 98 Millionen Euro in die Luft, und Ende 2007 womöglich noch etwas mehr. „Wir erwarten rund 100 Millionen Euro Umsatz“, sagt der Geschäftsführer des Verbands der pyrotechnischen Industrie (VPI), Klaus Gotzen. Der Trend gehe hin zu Batteriefeuerwerken, die farbige Fontänen mit Knall-, Knister- und Lichteffekten kombinieren. „Die Nachfrage nach Verbundfeuerwerkskörpern ist gestiegen. Alles was groß ist, wird gekauft, gern auch die Familienpackung für 25 Euro“, sagt Marco Finessi, Verkaufsleiter bei Pyro-Partner, einem Großhändler für Pyro-Technik in Berlin.

Beim deutschlandweiten Verkauf gibt es aber beträchtliche Unterschiede. „Da mag es der Münchner anders als der Berliner. In den südlichen Bundesländern kaufen die Leute mehr was fürs Auge, in den nördlichen Ländern lieber den Böller. In den neuen Bundesländern verkauft sich vor allem der Harzer Knaller aus Harzgerode“, sagt Verkaufsleiter Finessi. Aber auch innerhalb des Berliner Stadtgebietes unterscheiden sich die Geschmäcker. „Beim Verkauf scheint tatsächlich noch eine Berliner Mauer zwischen den Stadtbezirken zu existieren. Der Prenzlauer Berger kauft anders als der Kreuzberger. Hier sind es die Ausländer, die bevorzugt die Böller kaufen“, sagt Finessi.

In diesem Jahr sind kombinierte Verbundfeuerwerke zum ersten Mal zu haben. Bei den „Großfeuerwerken im Miniformat“ sind in der Regel verschiedene Einzelbatterien auf einer feuerfesten Platte befestigt und über eine Sicherheitszündschnur miteinander verbunden. Wird die Lunte gezündet, brennen die Batterien nacheinander ab und geben Fontänen und bis zu 50 Meter hohe Lichtschüsse ab. Bei einem Sicherheitsabstand von mindestens acht Metern schaut man sich das Spektakel dann an, das bis zu drei Minuten dauern kann.

„Preislich liegen die Batteriekombinationen im höheren Bereich bei 20 bis 99 Euro. Sie lohnen sich beispielsweise für kleine Gastrobetriebe“, sagt Markus Schwarzer von Weco Feuerwerk. Das Unternehmen nahm, wie auch andere Hersteller für Feuerwerkskörper, die neue Produktgruppe in ihr Sortiment auf. „Der Vorteil hier liegt in der Kombination. Der Endverbraucher hat viel weniger Aufwand und dafür ein promptes und beeindruckendes Erlebnis“, sagt Schwarzer. Ob der Umsatz durch die neue Produktgruppe steigt, ist noch nicht klar. Wie solche Lichtfontänen oder auch Raketen in Aktion aussehen, zeigen die Hersteller auf ihren Internetseiten.

Die Feuerwerksindustrie macht Dreiviertel ihres Umsatzes in den letzten drei Tagen vor Jahresende. Die Branche setzte im Jahr 2003 gut 97 Millionen Euro um, bevor 2004, im Jahr des Tsunamis, die Verkäufe zurückgingen, weil die Menschen das Geld lieber spendeten. Die Umsätze fielen damals auf 87 Millionen Euro. Inzwischen erholte sich der Industriezweig, der 3000 Menschen in Deutschland beschäftigt, trotz des steigenden Imports aus China. Die Einfuhrquote stieg in den vergangenen drei Jahren von rund 45 Prozent auf 65 Prozent.

Weco beschäftigt immerhin 400 Mitarbeiter an den drei Standorten Eitorf bei Bonn, in Kiel und dem sächsischen Freiberg, wo auf dem großen Werksgelände die Tests stattfinden. Das Material für Großfeuerwerke wird in Bunkern in abgelegenen Gebieten gelagert. Das Silvesterfeuerwerk dagegen kommt auf tausende Paletten in Hochregale. Explosionsgefahr besteht nicht, weil Schwarzpulver nur brennt und zischt.

Der 28. Dezember ist Stichtag: Dann startet der Verkauf der Silvesterfeuerwerkskörper. Er dauert bis zum 31. Dezember. Händlern, die vorher mit dem Verkauf beginnen, droht eine Ordnungsstrafe zwischen 10 000 und 50 000 Euro. Auf Internetportalen können Privatpersonen ihre Waren schon vor dem 28. bestellen. Allerdings wird die Bestellung erst ab dem dritten Werktag vor Jahresende ausgeliefert. Personen unter 18 Jahren, die hier ordern, haben wenig Chancen, die Altersgrenze zu umgehen: Die Händler verlangen eine Ausweiskopie des Bestellers und rufen persönlich zurück.

Aline Klett

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