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Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Ein Techniker von Odersun verlötet in Fürstenwalde Solarmodule. Foto: p-a/dpa

© picture alliance / dpa

Wirtschaft: Im Osten geht die Sonne unter

Bundestag berät über Kürzung der Solarförderung Odersun aus Frankfurt (Oder) meldet Insolvenz an.

Berlin/Potsdam - Auf den ersten Blick scheint es, als sei dieser Donnerstag so etwas wie der Karfreitag der Solarindustrie gewesen. Mehrere Nachrichten fügten sich zu dem düsteren Bild einer sterbenden Branche zusammen, auf der vor allem im Osten Deutschlands die Hoffnungen ruhen. Doch es gibt gute Gründe anzunehmen, dass der Eindruck täuscht.

Es begann vor dem Brandenburger Tor, wo sich 50 Aktivisten der Organisation Campact in gelben Westen in Form einer Sonne aufstellten. Sie trugen Plakate mit Aufschriften wie „Solarstrom statt Kohle und Atom“ und „Solarenergie ist Bürgerenergie“. Anlass war die für den Nachmittag angesetzte Abstimmung im Bundestag über die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Das Parlament beschloss dort später mit der Mehrheit von Union und FDP unter anderem eine Kürzung der Fördersätze für Solarstrom von 20 bis fast 40 Prozent. „Wir müssen die Kosten im Blick halten“, erklärte Umweltminister Norbert Röttgen (CDU).

Nachdem die Aktivisten abgezogen waren, gaben auch Abgeordnete per Pressemitteilung ihren Protest zu Protokoll. So schrieb Iris Gleicke, Vorsitzende der Landesgruppe Ost der SPD-Fraktion, von einer „kopflosen Kurzschlussreaktion“ und einem „Kahlschlag gegen den Osten“. In einem Antrag der Links-Fraktion hieß es: „20 Jahre nach der Deindustrialisierung des Ostens wäre ein abermaliger Niedergang eines ganzen Industriezweigs für die Menschen vor Ort fatal.“

Als sei es abgesprochen, wurde am frühen Nachmittag bekannt, dass nun auch der Solarmodulhersteller Odersun Insolvenz angemeldet hat. Die Firma hat Werke in Frankfurt (Oder) und Fürstenwalde, die Verwaltung in Berlin. Odersun solle in „Eigenverwaltung eine Sanierung anstreben“, teilte die Berliner Kanzlei HWW Wienberg Wilhelm mit. Partner Rüdiger Wienberg, der auch Solon durch die Insolvenz geführt hatte, teilte mit, Löhne und Gehälter der 260 Mitarbeiter seien über die Arbeitsagentur gesichert.

Ein schwarzer Tag für die Branche also? Gerade der Fall Odersun zeigt, dass manches Unternehmen, das als Beispiel für Kahlschlagpolitik angeführt wird, auch mit viel höherer Förderung hierzulande nichts anfangen könnte. Odersun entwickelt Dünnschichtmodule, die sich elegant in Hausfassaden integrieren lassen. So präsentierte Odersun-Chef Hein van der Zeeuw seine Produkte vor gut zwei Wochen bei einem Kongress der IHK Berlin möglichen Kunden aus Saudi-Arabien. Sie sind die Zielgruppe, nicht Eigenheimbesitzer hierzulande.

Hier wird sich dafür die Politik noch intensiver mit Odersun beschäftigen: Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) wird sich von der Opposition fragen lassen, warum er gegen den Rat vieler Experten dem Unternehmen zuletzt noch eine Notbeihilfe von drei Millionen Euro gewährt hat – obwohl angeblich ein Investor aus Russland bereitgestanden hat. Der will (nach dem Vorbild Solon?) Odersun womöglich lieber durch die Insolvenz entschulden lassen und Lohnkosten sparen. Insofern war es vielleicht kein schwarzer Tag für die Solarbranche, sondern einer für die Steuerzahler. K. P. Hoffmann, A. Fröhlich

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