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Wirtschaft: Im rechten Licht: Der Fußball und die Scheibe

Was auf den ersten Blick wie eine typisch juristische Haarspalterei aussieht, kann für die Beteiligten beträchtliche finanzielle Folgen haben: Denn auch wenn man es an jedem Baustellenzaun lesen kann, haften Eltern nicht "für ihre Kinder", sondern nur für eine Verletzung ihrer Aufsichtspflicht. Sie müssen deshalb nicht "automatisch" jeden Schaden ersetzen.

Was auf den ersten Blick wie eine typisch juristische Haarspalterei aussieht, kann für die Beteiligten beträchtliche finanzielle Folgen haben: Denn auch wenn man es an jedem Baustellenzaun lesen kann, haften Eltern nicht "für ihre Kinder", sondern nur für eine Verletzung ihrer Aufsichtspflicht. Sie müssen deshalb nicht "automatisch" jeden Schaden ersetzen.

Wenn Kinder einen Schaden verursachen, geht es um so genannte deliktische Handlungen. Ein typischer Fall: der Fußball in der Fensterscheibe. Hierbei ist es ein Grundsatz des BGB, dass nur der zur Verantwortung gezogen werden soll, der "Schuld hat", dem also sein Verhalten vorzuwerfen ist, weil er fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Da man bei dieser Frage an Kinder und Heranwachsende andere Maßstäbe als an Erwachsene anlegen muss, werden Kinder vom Gesetz privilegiert.

Wer das siebte Lebensjahr nicht vollendet hat, haftet für deliktische Handlungen nicht, er kann also auch nicht schadensersatzpflichtig gemacht werden. Derjenige, dessen Fenster vom Fußball zertrümmert wurde, kann sich nur an die Eltern wenden. Er erhält aber auch nur dann seinen Schaden ersetzt, wenn die Eltern ihre Aufsichtspflicht schuldhaft verletzt haben und der Schaden deshalb entstanden ist.

Diese beiden Punkte werden zunächst zu Lasten der Eltern vermutet, die Eltern können diese Vermutungen aber widerlegen. Beispielsweise könnten am Rand des Spielplatzes wartende Eltern einwenden, sie hätten ihr Kind bewusst in einer Entfernung von 50 Metern zu den nächstgelegenen Häusern spielen lassen. Bei Kindern sei nicht damit zu rechnen, dass sie eine Schusskraft entwickeln, die bei dieser Entfernung noch Scheiben zertrümmern könnte. Gelingt der Nachweis, dass die Aufsichtspflicht nicht verletzt wurde, geht der Geschädigte grundsätzlich leer aus.

Das Kind muss geradestehen

Ältere Kinder haften dagegen selbst und der Höhe nach unbegrenzt, wenn sie Einsicht in die Verantwortlichkeit ihres Tuns haben. Ist dies der Fall und können auch die Eltern beweisen, dass sie ihre Aufsichtspflicht nicht schuldhaft verletzt haben, muss das Kind für den von ihm angerichteten Schaden selbst geradestehen. Die wirtschaftlichen Folgen treffen das Kind dann bei Eintritt der Volljährigkeit, da ein Geschädigter erst zu diesem Zeitpunkt in das Vermögen des Kindes vollstrecken kann.

Haben die Eltern keine Haftpflichtversicherung für sich und die Familie abgeschlossen, tragen also auch Kinder selbst Haftungsrisiken, die ganz erheblich sein können, wenn es nicht nur um den Fußball in der Fensterscheibe, sondern etwa um Brandschäden geht. Hieran hat im Übrigen auch das seit dem 1. Januar 1999 geltende "Gesetz zur Beschränkung der Haftung Minderjähriger" nichts geändert, da dieses im Wesentlichen für rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten gilt, die die Eltern für die Kinder eingegangen sind.

Johannes Hofele

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