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Wirtschaft: Im rechten Licht: Was für den Richter wirklich zählt

Die Wahrheit herauszufinden ist nicht gerade eine Kleinigkeit. Nicht einmal für Richter, die das immerhin tagtäglich tun.

Die Wahrheit herauszufinden ist nicht gerade eine Kleinigkeit. Nicht einmal für Richter, die das immerhin tagtäglich tun. Ein unerwarteter Prozessausgang stört deshalb auch schnell das Rechtsempfinden vieler Bürger. Recht haben und Recht bekommen sind zweierlei, heißt es dann. Doch der juristische Hintergrund dafür liegt oft in der so genannten "Darlegungs- und Beweislast".

Grundsätzlich muss derjenige, der vor Gericht etwas beansprucht, alle tatsächlichen Voraussetzungen, auf die er seinen Anspruch stützt, darlegen und auch beweisen. Rechtliche Beurteilungen dagegen braucht man gegenüber dem Gericht nicht abzugeben. Für Laien ist gerade dies schwer auseinanderzuhalten. In die Schilderung des Sachverhaltes werden oft rechtliche Wertungen eingeflochten - vor allem wenn jemand überzeugt ist, dass ihm Unrecht geschah. Oft voller Empörung heißt es dann: " ... das ist doch glatter Betrug ..." oder: " ... das war doch ganz klar fahrlässig ...". Doch ob ein Betrug (im Zivilrecht spricht man von "arglistiger Täuschung") vorliegt oder ob jemand fahrlässig gehandelt hat, ist eine rechtliche Wertung, die das Gericht trifft. Und zwar auf der Grundlage der Tatsachen, die darzulegen und zu beweisen sind.

Beweislast

Darlegen heißt, dass man alle Tatsachen vortragen muss, damit das Gericht hieraus die gewünschte Rechtsfolge herleiten kann. Wer zum Beispiel die Rückzahlung eines Darlehens verlangt, muss nicht nur vortragen, dass ein Darlehensvertrag geschlossen wurde, sondern beispielsweise auch, dass er das Geld ausgezahlt hat und das Darlehen schon zur Rückzahlung fällig ist. Bestreitet die Gegenseite aber, dass es ein Darlehen war, und beruft sich darauf, dass es sich um eine Schenkung handelte (ein beliebter Einwand), muss der Kläger seinen Vortrag in allen Punkten beweisen. Beruft sich der Beklagte dagegen darauf, das Darlehen schon zurückgezahlt zu haben, liegt es an ihm, diese Behauptung zu beweisen.

Für die Beweisführung sieht die Zivilprozeßordnung (ZPO) grundsätzlich den so genannten Strengbeweis vor, der nur mit ganz bestimmten Beweismitteln geführt werden kann: Hierzu gehören zum Beispiel die Vorlage von Urkunden oder die Aussagen von Zeugen. Kann der Darlehensgeber also einen schriftlichen Darlehensvertrag und eine Auszahlungsquittung vorlegen, dürfte es dem Schuldner kaum gelingen, dies zu widerlegen. Will er sich darauf berufen, dass er das Darlehen zurückgezahlt hat, sollte er seinerseits eine Rückzahlungsquittung oder Ähnliches vorlegen können. Oder zumindest einen Zeugen dafür haben, der bekunden kann, dass das Darlehen zurückgezahlt wurde. Hierbei würde es aber nicht ausreichen, wenn der Zeuge nur gesehen hätte, dass Geld übergeben wurde: Er muss wissen, dass es sich bei der Transaktion auch tatsächlich um die Rückzahlung des Darlehens gehandelt hat.

Das Gericht vor Ort

Als Beweismittel sieht die ZPO auch das Gutachten eines Sachverständigen und die Augenscheinnahme vor. Sachverständigengutachten spielen zum Beispiel in Verkehrsunfallsachen eine Rolle, wenn es darum geht, die Höhe eines Schadens oder die Reparaturkosten zu beurteilen. Eine Augenscheinnahme kommt in Betracht, wenn sich das Gericht von bestimmten Behauptungen selbst überzeugen möchte. Hierzu begibt man sich durchaus auch einmal zu einem so genannten Ortstermin: Wenn streitig ist, ob der Ast des Nachbarn über den Zaun wächst oder nicht, findet die Gerichtsverhandlung dann im Garten statt.

Johannes Hofele

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