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Wirtschaft: Im Visier der Investoren

Berlin hat derzeit noch ein paar Besucher mehr als üblich: Herren in dunklen Anzügen, mit Aktenkoffern in der Hand. Sie sind unterwegs in Sachen Landesbank Berlin (LBB).

Berlin hat derzeit noch ein paar Besucher mehr als üblich: Herren in dunklen Anzügen, mit Aktenkoffern in der Hand. Sie sind unterwegs in Sachen Landesbank Berlin (LBB). Seit vergangener Woche dürfen die sieben verbliebenen Bieter für die Bank sich die Geschäftsdaten des Instituts näher ansehen. Damit ist die heiße Phase des Verkaufsverfahrens eingeläutet, das dem Land Berlin mehrere Milliarden Euro bescheren und ganz nebenbei über die Zukunft der deutschen Sparkassen entscheiden soll. Denn die Berliner Sparkasse, die zur LBB gehört, könnte die erste werden, die an einen privaten Investor verkauft wird.

Zum Verkauf steht der 81-Prozent-Anteil des Landes Berlin an der ehemaligen Bankgesellschaft. Die EU-Kommission verlangt, dass er „diskriminierungsfrei“ veräußert wird – ohne einzelne Interessenten zu bevorzugen und streng nach wirtschaftlichen Kriterien. Bei den Bietern, die noch im Rennen sind, handelt es sich laut Finanzkreisen um den Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV), drei Landesbanken, die Commerzbank und die beiden Finanzinvestoren JC Flowers und Lone Star.

Bis Ende Mai haben die sieben Bieter Zeit, die Bücher der LBB zu prüfen. Am 1. Juni müssen die verbindlichen Gebote für die Bank vorliegen. Dann wollen Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) und die beratende Investmentbank UBS die Kandidaten für die Endrunde auswählen – von zwei bis vier Bietern ist in Finanzkreisen die Rede. Bis zur Sommerpause soll der Sieger feststehen – oder die Alternativvariante: der Börsengang.

Eine entscheidende Rolle wird dabei dem Berliner Abgeordnetenhaus zukommen, das dem Verkauf am Ende zustimmen muss. „Letztlich entscheiden die Fraktionen, was mit der Bank passiert“, heißt es aus den Reihen der Bieter. Politikern von SPD, Linke/PDS und Grünen sind vor allem die Finanzinvestoren ein Dorn im Auge. Sie fürchten, dass die als „Heuschrecken“ verschrieenen Investoren die Bank in ihre Einzelteile zerlegen könnten. Anfang März hatte das Abgeordnetenhaus eine Resolution verabschiedet, die den Senat unter anderem dazu aufforderte sicherzustellen, dass die rund 7400 Arbeitsplätze bei der LBB langfristig erhalten bleiben und auch der Standort Berlin gesichert wird.

„Wir machen diesen Beschluss zur Grundlage unseres Stimmverhaltens“, kündigte Klaus Lederer, Landesvorsitzender von Die Linke/PDS, im Gespräch mit dem Tagesspiegel am Sonntag an. Der Senat werde dem Abgeordnetenhaus seine Begründung für die Verkaufsentscheidung vorlegen müssen. „Wir werden dann sehen, ob der Senat die politischen Vorgaben umgesetzt hat.“ Das EU-Recht müsse dabei zwar eingehalten werden, sagte Lederer. Der Preis sei deshalb das wichtigste Kriterium. „Es kann aber nicht sein, dass der Verkäufer überhaupt keinen Einfluss auf die Perspektiven des verkauften Unternehmens hat.“ Was ihm am liebsten wäre, sagt Lederer offen: „Wir haben in unserer Partei nie einen Hehl daraus gemacht, dass beim DSGV am ehesten die Gewähr gegeben wäre, dass unsere Kriterien berücksichtigt werden.“

Die SPD gibt sich etwas vorsichtiger, was die geforderten Garantien angeht. „Wir appellieren an die Finanzverwaltung, diese Punkte in den Vertrag mit dem Käufer aufzunehmen“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Frank Ralf Jahnke, dem Tagesspiegel am Sonntag. „Herr Sarrazin kennt die Wünsche des Abgeordnetenhauses, und er wird diese auch berücksichtigen.“ Nach Einschätzung von Branchenexperten ist die Favoritenrolle im Verfahren klar verteilt: „Der öffentliche Bankensektor wird die LBB aus strategischen Gründen nicht hergeben, und er wird den Preis bezahlen, der bezahlt werden muss“, sagt Wolfgang Gerke, Professor für Bankenwesen an der Universität Erlangen-Nürnberg. „Es wird wohl auf den Sparkassenverband hinauslaufen“, sagt Konrad Becker, Analyst bei Merck Finck.

Bisher soll das höchste Gebote bei rund vier Milliarden Euro liegen. Experten erwarten, dass der Käufer am Ende ein bis zwei Milliarden Euro mehr zahlen muss.

Stefan Kaiser

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