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© AFP

Im Visier: Die größten Aufreger-Typen des Jahres

Zwischen Betrug und Geschmäckle: Einige Manager haben dem Jahr 2009 eine besondere Note gegeben.

Für Menschen mit gesundem moralischem Empfinden bot das Jahr 2009 reichlich Entrüstungspotenzial: Während viele Arbeitnehmer krisenbedingt ihre Arbeit verloren, strichen einige Manager viel Geld ein – sei es durch Betrug oder legal. Hier eine Auswahl der größten Aufregertypen des Jahres.

BERNARD MADOFF

Nummer 61727-054 lebt – und das nicht mal schlecht, wie man hört. Zumindest in Anbetracht der Umstände. Boccia soll er spielen und Schach – wenn er nicht gerade Töpfe und Pfannen in der Gefängnisküche schrubbt. Es war ein tiefer Absturz für Bernard Madoff, den größten Betrüger aller Zeiten. Um 65 Milliarden Dollar hatte der New Yorker Fondsmanager über Jahre hinweg Kunden betrogen, darunter Banken, Prominente und Wohltätigkeitsorganisationen. Im Juli wurde der 71-Jährige zu 150 Jahren Gefängnis verurteilt. Madoff reumütig: „Ich bin für eine Menge Kummer und Schmerz verantwortlich.“ Es tue ihm leid.

Den Anlegern, die keine Ahnung haben, wann, wie und ob sie überhaupt ihr Geld wiedersehen werden, auch. Bislang wurden 1,25 Milliarden Dollar an Vermögenswerten sichergestellt. Eine erste Versteigerung von Madoffs Privatbesitz brachte mehr als erhofft, aber trotzdem nur eine bescheidende Million Dollar. Unter den Artikeln, die unter den Hammer kamen, waren Baseballjacken, Aschenbecher, Diamantohrringe und 17 Rolexuhren. Die könnte Madoff beim Spülen in der Gefängniskantine sowieso nicht tragen.

HELMUT KIENER

Kapitalverlust völlig ausgeschlossen? Eine Monatsrendite von zehn bis 30 Prozent, über elf Jahre eine Rendite von 825 Prozent? Normale Anleger werden da vorsichtig. Besonders wenn der Fonds, der solche Fantasie-Renditen verspricht, im Steuerparadies auf den Jungfern-Inseln registriert ist und ein ehemaliger Vertreter schon in Haft sitzt. Nicht jedoch die Banker von BNP Paribas, Barclays und JP Morgan. Die gaben mit vollen Händen und legten Millionen von Euros in Helmut Kieners Fonds K1 an. Aus dem erhofften Millionenreibach wurde jedoch nichts. Zumindest nicht für die Anleger. Kiener, gelernter Psychologe, zwackte einen gehörigen Batzen ab und kaufte Privatjets, einen Hubschrauber, Diplomatenpässe, die Mitgliedschaft in einem exklusiven Golfclub und eine Villa in Florida – unweit von Madoffs Anwesen. Im Oktober 2009 flog Kiener auf. Der angerichtete Schaden beträgt mindestens 280 Millionen Euro. Ob es mehr wird, klärt gerade die Staatsanwaltschaft. Und Kiener begrüßt das neue Jahr in Untersuchungshaft.

KARL-GERHARD EICK

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© ddp

Millionengage trotz Misserfolg. So könnte die Jahresbilanz lauten, die der letzte Chef von Arcandor, Karl-Gerhard Eick, dieser Tage zieht. Die Krise jedenfalls hat sich 2009 nicht auf seinem Gehaltszettel widergespiegelt. Im Gegenteil: Für nur sechs Monate Arbeit strich Eick 15 Millionen Euro ein – und das, obwohl er den Konzern in die Pleite führte.

Das schwäbische Cleverle hatte sich abgesichert und den eigenen Nachbarn über den Tisch gezogen. Von Friedrich Carl Janssen, Gesellschafter bei Sal. Oppenheim und wie Eick im Kölner Villenviertel Marienburg zu Hause, ließ er sich das gesamte Salär seines Fünfjahresvertrages garantieren, auch bei vorzeitigem Ausscheiden. Im September schließlich überließ Eick sein Büro in der Essener Vorstandsetage dem Insolvenzverwalter und ging – mit vollen Taschen. „Ich bin nicht gierig“, sagte Eick zum Abschied, „aber auch nicht blöd.“ Als sich die wahlkämpfende Kanzlerin über den goldenen Abgang empörte, erklärte der Manager, einen Teil der Summe an entlassene Mitarbeiter spenden zu wollen. Bis heute, so heißt es bei der Insolvenzverwaltung, ist das noch nicht passiert.

THOMAS MIDDELHOFF

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Selbstzweifel sind „Big T.“ fremd. Doch das Zeugnis der eigenen Arbeit, das sich der ausscheidende Arcandor-Chef Thomas Middelhoff im Februar 2009 ausstellt, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Da fabuliert der langjährige Herr über Karstadt und Quelle von einer „tragfähigen Basis“ und dass das Ziel, den Konzern zu retten, erreicht wurde. Im weiteren Verlauf des Jahres konnte man sich vom Gegenteil überzeugen: Im Juni rutscht Arcandor in die Insolvenz; im Herbst wird Quelle abgewickelt; Karstadt überlebt, aber mit 13 Filialen weniger. Nach den Ursachen befragt, fällt immer wieder der Name Middelhoff: Seine üppige Spesenrechnung, seine kurzsichtige Verkaufspolitik, sein arrogantes Gehabe. So eine Kritik ist er gewohnt.

Der Besuch der Staatsanwaltschaft Essen dürfte ihn deutlich mehr gestört haben. Seit Juni läuft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue. Es geht um Ansprüche von Karstadt gegen den Immobilienunternehmer Josef Esch, der bereits vor der Ära Middelhoff für vier der Karstadt-Immobilien geschlossene Fonds für exklusive Geschäftspartner auflegte. Middelhoff soll als Arcandor-Chef darauf verzichtet haben, die Ansprüche gegen Esch geltend zu machen. Möglicherweise, weil er selbst nebst Gattin zu den Fondszeichnern gehört.

Seine eigenen Ansprüche hat Middelhoff bei Arcandor bis zuletzt geltend gemacht. Zu seinem festen Gehalt von 1,2 Millionen Euro kassierte er für das Jahr 2008 einen Bonus von 2,3 Millionen. Nicht schlecht für einen Konzern, der 2009 nicht überleben sollte.

STEFAN ORTSEIFEN

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© dpa

Der rheinische Banker gehört zu den wenig bekannten Protagonisten der Finanzkrise, dabei hat mit ihm alles angefangen. Im Sommer 2007 musste die IKB als erste deutsche Bank mit Steuermilliarden gerettet werden. Stefan Ortseifen wurde als erstem Krisenbanker gekündigt – und er ist der erste, der sich derzeit juristisch verantworten muss. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf wirft ihm Kursmanipulation vor und Untreue – allerdings nicht für riskante Investments, sondern für eine neue Küche plus Wintergarten und Lautsprecher.

Seit mehr als zehn Jahren sind die Ortseifens in Neuss am Niederrhein zu Hause – in einer Dienstvilla der IKB zur Miete. Nur dass Ortseifen seit zweieinhalb Jahren nicht mehr im Dienst ist, und so lange offenbar auch keine Miete mehr zahlt. Inzwischen soll ein fünfstelliger Betrag ausstehen, plus Aufwendungen für den Umbau des Hauses. Im Sommer 2009 erhob die IKB Räumungsklage gegen den ehemaligen Chef. Der klagt seinerseits: Die Kündigung 2007 sei nicht rechtens gewesen. Das noch zu zahlende Gehalt sei mit der Miete zu verrechnen. Bis das juristisch geklärt ist, bleiben die Ortseifens wohl in ihrer Villa. Zumindest, so erklärte eine IKB-Sprecherin, steht das Gebäude der Bank derzeit nicht zur Verfügung.

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