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Ein Tag in Berlin-Mitte: Wir nutzen Handys, Kartendienste, kaufen Produkte, die mit Funkchips bestückt sind. Würden alle Daten zusammengeführt, ergäbe das ein fast lückenloses Bewegungsprofil.

© Tsp/Klöpfel

Immer im Blick: Wie wir unbemerkt überwacht werden

Moderne Kommunikation erleichtert unser Leben. Doch die Nutzer sind sich der Risiken selten bewusst.

Datenschutz ist das Thema der Stunde. EU-Kommissarin Viviane Reding will die Europäer mit neuen Gesetzen schützen, Google und Facebook streiten mit Verbraucher- und Datenschützern über ihre Geschäftsbedingungen. In vielen Bereichen ist die Überwachung weiter, als man denkt.

RFID-CHIPS

Sie sind überall. Im Hemd, auf der Milchtüte, im Konzertticket. Niemand kann sich ihnen entziehen. Und doch bemerken sie nur die wenigsten. RFID-Chips sind fester Bestandteil unseres Konsumalltags. Vor allem im Handel erfreuen sich die häufig kaum sichtbaren elektronischen Etiketten wachsender Beliebtheit. Mit ihnen lässt sich die Lieferkette in Echtzeit verfolgen, die Lagerhaltung automatisieren und der Ladendiebstahl erschweren. Dass die kleinen Funkchips für solche Zwecke eingesetzt werden, findet Alexander Dix in Ordnung. Doch der Berliner Datenschutzbeauftragte warnt: Die Chips können viel mehr. Und da beginnt nach einhelliger Ansicht von Verbraucherschützern das Problem.

Selbst wer weiß, dass auf Produkten, die er im Supermarkt gekauft hat, oder in Klamotten bestimmter Marken die funkenden Elektronikschnipsel kleben, hat keine Ahnung, welche Informationen sie übermitteln. „Es besteht dringender Handlungsbedarf von Seiten des Gesetzgebers“, sagt Dix. Wie viele der Chips im Umlauf seien, könne niemand mit Bestimmtheit sagen. Ihre Zahl dürfte weltweit jedoch in die Milliarden gehen. Alle Versuche, Klarheit zu schaffen, zum Beispiel durch freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie, sind bislang gescheitert.

Supermarkt. RFID-Chips können das Bezahlen leichter machen.
Supermarkt. RFID-Chips können das Bezahlen leichter machen.

© dpa

Dix und seine Kollegen aus den übrigen Bundesländern fordern deshalb, dass die kleinen Logistikhelfer an der Kasse entfernt oder deaktiviert werden und dass sie keine personenbezogenen Daten weiterleiten, etwa wenn der Kunde mit Bank- oder Kreditkarte gezahlt hat. Nur so sei ausgeschlossen, dass Kunden durch Empfänger geortet werden und Konsum- oder gar Bewegungsprofile entstehen.

In den allermeisten Fällen senden die Chips jedoch unbemerkt weiter. Sie überstehen sogar Schleudergänge in der Waschmaschine, so dass Kunden theoretisch in einem Geschäft wiedererkannt werden können, wenn sie zufällig den dort gekauften Pullover tragen.

Verbraucher können sich gegen den Einsatz der RFID-Technik kaum wehren, da es keine Kennzeichnungspflicht in Form eines Siegels oder ähnliches gibt. So lange die Situation so ist, nehmen sich die Gegenmaßnahmen eher unbeholfen aus. Gegner der Chips empfehlen, das Verkaufspersonal auf die Chips anzusprechen und um Entfernung zu bitten. Zudem ließen sie sich zerstören, indem man sie loche oder zerschneide, damit die Datenkreisläufe unterbrochen werden.

Wenn Handy-Apps mehr erfahren als sie wissen müssen

HANDY-APPS

Morgens im Bus schnell noch ein Spielchen wagen. Oder schon mal nachschauen, was abends im Kino läuft. Mit Smartphone und mobilem Internet ist das kein Problem, vorausgesetzt, dort ist die entsprechende App installiert.

Doch was die kleinen Zusatzprogramme währenddessen im Hintergrund treiben, bleibt dem Nutzer in der Regel verborgen. Das muss nicht gefährlich sein, kann aber mindestens zu einem Ärgernis werden.

„Kostenlose Apps kommerzieller Anbieter finanzieren sich über Werbung“, sagt Michaela Zinke vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) in Berlin. Insofern seien die Macher an möglichst vielen Daten der Nutzer interessiert, die sie gegebenenfalls an andere Unternehmen weitergeben könnten. Das Prinzip ist sowohl aus dem Internet als auch aus der nicht digitalen Welt wohl bekannt.

Vielen Smartphone-Nutzern ist aber nicht bewusst, welche Daten sie an die Anbieter abgeben. So kommt es vor, dass Spiele-Apps den Standort übermitteln oder Wetterdienste auf die Kontakte des Nutzers zugreifen können. Kürzlich sorgte beispielsweise die App des Onlinenetzwerks Path für Aufregung, weil sie ohne Erlaubnis Adressbücher des iPhones abgriff und auf den Servern des Unternehmens speicherte.

Geht es nach den Verbraucherschützern, müssten die Anbieter der mobilen Betriebssysteme – in der Masse Google und Apple – den Datenschutz mit den App-Herstellern vertraglich regeln. Zudem müssten Apps beim Herunterladen nicht nur deutlich darauf hinweisen, welche Rechte sie einfordern und warum, sondern den Nutzer aktiv um Einverständnis fragen.

Die wachsende Zahl von Datenskandalen zeigt langsam Wirkung. Apple will den Zugriff auf Kontaktlisten nur noch zulassen, wenn der Nutzer ausdrücklich zustimmt. Zudem zwingt ein Gerichtsentscheid die sechs größten App-Store-Betreiber in den USA zu mehr Datenschutz.

Die Verbraucherzentralen hoffen, dass dies auch mehr Bewegung auf europäischer und nationaler Ebene auslöst. Dennoch werde der Umgang mit sensiblen Daten immer auch eine Sache der Anwender sein. „Fragen Sie sich immer, ob Sie eine App wirklich brauchen“, rät Datenschutzexpertin Zinke.

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