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Adlershof: Autobahn-Ausfahrt mit Aussichten

Am Technologie- und Wissenschaftsstandort Adlershof werden immer mehr Bauprojekte realisiert

Ute Hübener hat ein Problem, um das sie mancher ihrer Kollegen beneiden dürfte. „Wir haben in Adlershof keine Bestandsimmobilien mehr, die zum Verkauf stehen“, stellt die Leiterin Marketing und Vertrieb der Adlershof Projekt GmbH fest. Das letzte freie Bestandsgebäude sicherte sich ein Unternehmen namens Immobilien-Experten-AG. Es kündigte vor kurzem an, eine ehemalige Fenster-Produktionshalle an der Rudower Chaussee für rund 60 Millionen Euro in den Gewerbe- und Technologiecampus „Am Oktogon“ zu verwandeln. Zuvor hatte die spanische Areal Developers GmbH ein in der Justus-von-Liebig-Straße gelegenes dreigeschossiges Gebäude erworben, das in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts für die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt errichtet worden war und jetzt bis Ende 2011 unter dem Namen Sciencebase saniert werden soll.

Diese Investitionen sind kein Einzelfall. „Adlershof ist ins Blickfeld privater Investoren gerückt“, sagt Gerhard W. Steindorf, Geschäftsführer der Adlershof Projekt GmbH, die mit der Vermarktung der noch freien Flächen am Technologie- und Wissenschaftsstandort betraut ist.

Zu diesen Investoren zählen technologieorientierte Betriebe, die für sich selbst Produktionsgebäude errichten. Jüngstes Beispiel: Ende August legte die Fuss-Gruppe den Grundstein für einen 3000 Quadratmeter großen Erweiterungsbau ihres bestehenden Firmengebäudes an der Johann-Hittorf-Straße. Das Unternehmen ist auf den Bau von Entstörkomponenten spezialisiert, die beispielsweise in Photovoltaikanlagen eingebaut werden. Damit passt sie bestens zum Profil von Adlershof – schließlich hatten erst im vergangenen Jahr mit Solon und Sulfurcell gleich zwei bedeutende Firmen der Solarenergiebranche ihre neuen Zentralen in Adlershof eröffnet. Ebenfalls technologieorientiert ist die Freudenberg-Gruppe. Sie errichtet derzeit für 20 Millionen Euro ein neues Fertigungsgebäude, in dem sie Spezialdichtungsprodukte für die Automobilindustrie produziert.

Die zweite Investorengruppe bilden Unternehmen wie die Immobilien-Experten-AG und die Areal Developers GmbH, die sich auf die Revitalisierung alter Industriehallen verlegt haben. Diese vermieten sie an Unternehmen aus den Bereichen Logistik, Handel und Light Industrial (so nennen die Fachleute Industriebetriebe, die wenig Lärm und Schmutz verursachen). Dabei setzen sie auf eine starke Nachfrage – der immerhin 11.500 Quadratmeter große Bestandsbau des Projekts „Am Oktogon“ ist bereits jetzt zu 60 Prozent vermietet.

Ein verstärktes Interesse registriert die Adlershof Projekt GmbH seitens einer dritten Gruppe, nämlich der Projektentwickler, die neue Gebäude errichten. Paradebeispiel dafür ist die Europa-Center AG aus Hamburg: Das Unternehmen (das nichts mit dem Europa-Center am Breitscheidplatz zu tun hat) hat soeben sein Büroobjekt an der Rudower Chaussee um ein Geschoss aufgestockt und will jetzt sogar den zweiten Bauabschnitt des Komplexes in Angriff nehmen. „Die Baugenehmigung liegt vor“, sagt Adlershof-Projekt-Chef Steindorf. Entstehen sollen bis Ende 2011 rund 7200 Quadratmeter vermietbare Fläche. Perspektivisch wollen die Hamburger zudem einen dritten Bauabschnitt mit noch einmal 21 000 Quadratmeter Fläche errichten. „Gerade an der Rudower Chaussee springt die Nachfrage spürbar an“, sagt Steindorf. An der Rudower Chaussee, der Hauptstraße von Adlershof, gibt es noch mehrere freie Baufelder, die für eine Geschäfts- und Büronutzung reserviert sind. Steindorf zufolge „gehen zurzeit Unternehmen durch Adlershof, die sich überlegen, hier einen Verwaltungssitz anzusiedeln“. Der Hauptgrund dafür ist seiner Einschätzung nach der Bau des neuen Flughafens in Schönefeld: „Wenn man vom Flughafen aus in die Innenstadt fährt, ist Adlershof die erste Autobahnausfahrt.“

Diese Sichtweise bestätigt Rolf Lechner, Vorstand der Immobilien-Experten-AG: Adlershof, sagt er, liege an der Achse zwischen der City und dem Airport, der dem Industrie- und Logistikstandort Berlin einen entscheidenden Impuls verleihen werde.

Warum aber siedeln sich die Unternehmen dann nicht gleich direkt im Umfeld des neuen Flughafens an, wo ja ebenfalls große Flächen zur Verfügung stehen? „Weil Adlershof bereits eine Adresse ist, die zunehmend wahrgenommen wird“, antwortet Gerhard W. Steindorf. Hier gebe es eine intakte Infrastruktur sowie Baurecht, während beides im Flughafenumfeld erst noch geschaffen werden müsse.

Eines allerdings fehlt Adlershof, der „Stadt für Wissenschaft, Wirtschaft und Medien“ noch: ein städtisches Ambiente. Abends und am Wochenende ist der Standort fast menschenleer – doch auch das könnte sich ändern: Unter dem Namen Wohnen am Campus vermarktet die Adlershof Projekt GmbH jetzt ein 14 Hektar großes Grundstück, auf dem 700 Wohnungen entstehen sollen. Angestrebt, sagt Ute Hübener, werde eine städtische Bebauung aus Townhouses, Stadtvillen und Geschosswohnungsbauten. Auch Studentenwohnungen sind geplant; bis Anfang Oktober haben Projektentwickler Zeit, sich um die dafür vorgesehene 11 000 Quadratmeter große Fläche zu bewerben.

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