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Immobilien: Alltagsprodukt als Design-Objekt

Türklinken können bewusste Kontrapunkte zur Einrichtung setzen oder sich dezent und harmonisch einfügen

Türklinken sind so selbstverständlich, dass wir sie meist nur dann wahrnehmen, wenn sie quietschen oder sich nur schwer bewegen lassen. 60 Prozent der Deutschen verbinden laut einer Meinungsumfrage mit der „Klinke“ den „Klinkenputzer“, Sprüche wie „sich die Klinke in die Hand geben“ oder „sich ausklinken“. Dabei sollte der Begriff, den es seit dem 14. Jahrhundert gibt, eher positive Assoziationen wecken, meint der stellvertretende Geschäftsführer vom Fachverband Schloß- und Beschlagindustrie e.V. (FVSB) Werner Hülsken. Denn seinen Ursprung habe die heutige Bezeichnung nämlich von „klingen“. Das bezieht sich auf das Geräusch, das entstand, wenn in früheren Zeiten der Riegel auf den so genannten Klinkenhaken am Türpfosten fiel. Auch wenn sich in Fachkreisen der Begriff „Türdrücker“ durchgesetzt hat, findet in der Werbung und im allgemeinen Sprachgebrauch weiterhin „die Klinke“ Verwendung.

Die Geschichte des Türdrückers reicht von denen, die Schmiede und Schlosser im Mittelalter für Rathäuser und andere herausragende Bauten fertigten bis hin zu den raffinierten Türschlössern des 18. Jahrhunderts. Mit dem Jugendstil begann die Geschichte der Moderne.

Noch vor dem ersten Weltkrieg kam es durch den vermehrten Siedlungsbau zur seriellen Produktion einfacher Modelle. Fast eine Design-Ikone des 20. Jahrhunderts ist der so genannte „Gropius-Drücker“, 1922 vom dem Architekten und Bauhaus-Direktor entworfen. Die Form der Klinke ist auf einen rechtwinklig geknickten Vierkantstab und eine sich daran anschließende zylindrische Griffrolle reduziert. Er verkörpert noch heute die Einheit von Form und Funktion. Seit den 1950er Jahren entdeckten Hersteller und Designer sowie Architekten das profane Alltagsprodukt als Designobjekt. „Die Türklinke ist miniaturisierte Architektur“, erklärt Diethelm Gieffers, „sie ist Türöffner für den architektonischen Raum, in den sie harmonisch integriert sein sollte.“ Gieffers ist Marketingleiter beim ostwestfälischen Hersteller Fsb. Er rät dazu, sich vor dem Kauf zu überlegen, ob die Klinke zur Einrichtung bewusste Kontrapunkte setzen oder sich dezent hinter der Architektur zurücknehmen sollte.

Einen solchen ganzheitlichen Ansatz verfolgt auch der Hersteller Jado. „Wir haben uns mit verschiedenen Lebenswelten beschäftigt und sie in Designlinien übersetzt“, erklärt Birgit Seitz vom Marketing. Das Angebot richte sich an Kunden, die ihr Wohnumfeld erst dann als vollkommen empfinden, wenn es bis ins Detail gestaltet ist. Die Angebotspalette der Klinken und Beschläge gliedert sich in vier so genannte Stilwelten: So stehen bei „Architaste“ puristische, klare Linien im Vordergrund. Luxus und Eleganz soll „Classic Flavour“ verkörpern. Für „Nostalgic“ stand die Formensprache vergangener Epochen Pate und „Classic Luxury“ soll Exklusivität vermitteln.

Alle Produkte der „Stilwelten“ bestehen aus einem massiven Messingkern. Er verleihe den Beschlägen eine hohe Stabilität, außerdem ließe sich das Metall gut modellieren, so dass Ornamente oder eine Perlenoptik möglich würde, heißt es beim Hersteller. Besonders in den USA und internationalen Hotels sei Messing noch immer en Vogue. Im europäischen Raum dagegen sieht die Marketingleiterin den Trend eher zu klaren Formen. So findet man in modernen Einrichtungen vorwiegend Beschläge aus Chrom, Velours-Chrom (matt/ gebürstet) oder Edelstahl. Für Altbauwohnungen biete Jado jedoch auch passende Beschlagoberflächen in „Antik Nickel“, „Messing“ oder „Messing poliert“ an.

Wie eng Funktionalität und Design zusammenspielen können, zeigt auch die Türdrücker-Serie „180 Compound“. Hewi erhielt dafür den „Red Dot Award: Product Design“ vom Design-Zentrum Nordrhein-Westfalen. Der Hersteller hat bei dieser Serie die Festigkeit und Feuerschutztauglichkeit von Edelstahl mit den optischen und haptischen Vorzügen des Aluminiums kombiniert, und sie zu einer neuen Einheit werden lassen. Das Sortiment der „Serie 180“ besteht aus der kubischen Türdrückerform sowie dem dazugehörigen Knopf. Sämtliche Produkte sind mit Schild oder Rosette in den drei eloxierten Aluminiumoberflächen „Lightgrey“, „Slategrey“ und „Darkgrey“ lieferbar.

Ganz ohne einen robusten Metallkern kommen auch Kunststoffdrücker nicht aus. Führend in dem Bereich ist ebenfalls die Firma Hewi. Sie bietet Türklinken und Beschläge aus Polyamid in 15 Farben an – neutral in Lichtgrau, über elegant in Bordeauxrot oder Kaffeebraun bis hin zu dominant in Gelb oder Blau etwa für Kinderzimmer.

Wer dem Bewegungsdrang der Jüngsten Einhalt bieten möchte, dem bietet Fsb seit kurzem einen Knopfdrücker mit integrierter Kindersicherung an: Erst nach dem Verschieben der Knopfkappe in axialer Richtung ist ein Drehen des Drückers und damit das Öffnen der Tür möglich. Dazu sei ein Kraftaufwand nötig, den ein Kind nicht bewältigt, heißt es. Der Knopfdrücker kann mit allen Standard-Garnituren des Herstellers kombiniert werden.

Insa Lüdtke

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