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Aufbau City West: Die Damenoberbekleidung bleibt an ihrem Platz

Einst als Modezentrum West-Berlins geplant, wird das "Zentrum am Zoo" als Shoppingmall neu erfunden.

Große Worte fallen an dieser Stelle viele. „Die amerikanische Regierung ist daran interessiert, Berlin wirtschaftlich gesund zu erhalten, zumal die Vereinigten Staaten davon überzeugt sind, dass Berlin einmal wieder die Hauptstadt eines freien Deutschland wird.“ Das sagte James B. Conant, amerikanischer Botschafter der Jahre 1955 bis 1957, am 17. November 1956 beim Richtfest des Bikinihauses. Seine Regierung hatte den Bau des Zoobogens, der damals unter dem Label „Zentrum am Zoo“ lief, aus Mitteln des Marshallplans mitfinanziert.

Heute ist vom Projekt „Bikini Berlin“ die Rede. Dessen Richtfest soll im Frühjahr 2011 stattfinden. Das Gebäudeensemble soll zum Teil entkernt, um- und ausgebaut werden. Die Bayerische Bau und Immobilien Gruppe wird hier Hand anlegen lassen. Die Investitionen betragen „über 100 Millionen Euro, ohne Kaufpreis“, wie Jürgen Büllesbach, Vorsitzender der Geschäftsführung der Gruppe, betont. Wie in den Aufbaujahren geht es ums Ganze: „Hier wird viel Neues geschaffen, mit Gestaltungskraft – etwas, was sich weltweit sehen lassen kann. Wir haben den Anspruch, etwas Einzigartiges zu schaffen.“ Konkret ging dieser Auftrag an die Konzept- und Designagentur SAQ (Belgien) mit dem künstlerischen Oberleiter Arne Quinze. Die Ausführungsplanung und die Umsetzung vor Ort betreut das Berliner Büro KEC Architekten. Das Kürzel steht für Karl Ernst Consultants. Quinzes Entwurf aus dem Jahr 2008 sieht vor, dass auf das Bikinihaus Luxus-Suiten als Penthäuser aufgesetzt werden, während aus dem so genannten Kleinen Hochhaus ein (Apart-)Hotel wird. „Vom Themenhotel in Zoonähe – etwa mit Affen – sind wir weggekommen“, sagt Büllesbach. Es werde auch keine neuen Eingänge zum Zoo vom Bikinihaus aus geben. Der Wunsch sei vom Zoo abgelehnt worden. Auf das Kleine Hochhaus soll ein Stockwerk für ein Restaurant aufgesetzt werden. Büllesbachs Unternehmen ist Teil der Schörghuber Unternehmensgruppe, deren Hotel- und touristischen Aktivitäten die Arabella Hospitality Group (AHG) mit Sitz in München bündelt. Diese Gruppe kommt als Betreiberin des Hotels infrage.

Alles in allem geht es bei Bikini Berlin um insgesamt 20 200 qm Büroflächen, 22 800 qm Handels- und Gastronomieflächen. Über die Hotelflächen macht der Investor unterschiedliche Angaben (5750 vs. 10 000 qm). Der Zoo Palast mit 4260 qm bleibt mit zwei Sälen erhalten, die restlichen fünf werden abgerissen und durch drei neue ersetzt. Abgerissen werden auch die Treppenhäuser des Bikinihauses an der Rückseite zum Zoo, das ehemalige Kugelkino „Panorama“ und das Parkhaus am anderen Ende des Komplexes, das durch einen Neubau ersetzt werden soll.

DAS BIKINIHAUS

DAS RICHTFEST
„Es gab etwa 10 000 Pils, 10 000 kräftige klare, lieblich die Kehle hinunter rinnende Körnchen und 2000 Eisbeine“, notierte der Tagesspiegel am 17. November 1956 noch ganz beseelt. Das Richtfest war ein „Event“. Das hatte Berlin nach 1945 noch nicht gesehen: „Einige Mannequins der Damen- Oberbekleidungsindustrie verteilten Freibier an die Bauarbeiter.“ Für das größte geschlossene Bauvorhaben nach dem Krieg waren 24 Millionen D-Mark veranschlagt worden. Finanziert wurde das Projekt aus Mitteln des Marshallplans.

DER NAME
Die Architekten Paul Schwebes und Hans Schoszberger wollten den Durchblick auf das Grün des Zoologischen Gartens erhalten. Sie konstruierten ein „Luftgeschoss“ zwischen dem ersten und dem dritten Stock. Dadurch wurde der fünfgeschossige, 210 Meter lange Flachbau in einen oberen und einen unteren Teil gegliedert. Wie ein zweiteiliger Badeanzug. Das einst offene Geschoss im zweiten Stock wurde 1977/78 geschlossen, um dort die Kunsthalle Berlin unterzubringen. Sie wurde an diesem Ort bis 1994 betrieben.

DER ZOOBOGEN
Der Zoobogen entstand als gestaffeltes Gebäudeensemble unter dem Namen „Zentrum am Zoo“ und steht seit 1991 unter Denkmalschutz. Dazu gehören neben dem Bikinihaus der Zoopalast – eines der wenigen erhaltenen Großkinos der fünfziger Jahre –, das so genannte Kleine Hochhaus mit neun Geschossen, sowie ein 16-geschossiges Eckhochhaus am Hardenbergplatz. In den Hochhäusern und in dem Langbau sollten Unternehmen der „Damenoberbekleidungsindustrie“ neue Plätze finden. Sie war historisch im Gebiet um den Spittelmarkt – zu Zeiten der Teilung also in Ost-Berlin – ansässig gewesen. Bü.

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