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Immobilien: Berlin bleibt bei Anlegern hoch im Kurs

Internationaler Vergleich: Zurzeit fließt das meiste Geld der großen Investoren nach Spanien.

Es ist nicht falsch, der Spur der Elefanten zu folgen, wenn man die ganz großen Futtergründe sucht. Die Elefanten unter den Immobilieninvestoren heißen Cerberus, Fortress und Lone Star – und die frische Spur führt nach Spanien. In ein Land, das seit dem Krisenbeginn 2008 alles andere als ein Liebling der Kapitalanleger war. Bislang konzentrieren sich die internationalen Geldgeber auf 30 Städte weltweit – mit London an der Spitze. Jetzt kaufen sich die großen Fondsgesellschaften im Milliardenmaßstab in Spanien ein. Und sie setzen Zeichen, wie künftig international mit Immobilien gewirtschaftet wird.

Der Spanien-Boom ist eine Folge des harten Sparkurses. Der konservative spanische Regierungschef Mariano Rajoy und sein Wirtschaftsminister Luis de Guindos – bis zum bitteren Ende war de Guindos ironischerweise der Boss der spanisch-portugiesischen Niederlassung von Lehman Brothers – lehnen Bad Banks (wie in Deutschland) zur Übernahme fauler Immobilienpapiere strikt ab. Im Gegenteil: Die spanischen Banken müssen aufgrund staatlicher Auflagen den größten Teil ihrer notleidenden Immobilienkredite binnen zwei Jahren abschreiben. Für Investoren heißt das: Ein Ausverkauf zu günstigsten Preisen beginnt.

Es geht in Spanien um Immobilien im Wert von knapp 340 Milliarden Euro – etwas mehr als die Hälfte davon ist nach Einschätzung der spanischen Nationalbank notleidend finanziert. Ende 2011 waren die Marktpreise für spanische Liegenschaften bereits um 12,2 Prozent gefallen (Instituto Nacional de Estadística 4/2011), jetzt wird es weiter abwärts gehen. Schwarze Wochen an der Madrider Börse begleiten das alles.

In Deutschland kennt man die Spur der Elefanten. Von 2004 an nutzten Fondsgesellschaften die klamme Finanzlage deutscher Städte und der Gewerkschaftsholding BGAG und kauften Wohnungen im Tausenderpack: In Berlin die damals rund 70 000 Wohnungen der GSW, in Dresden die Woba (47 000 Einheiten), die Gagfah am Stück mit ihren bundesweit 81 000 Wohnungen. Freunde unter den Mietern haben sich die renditebewussten Käufer selten gemacht.

Immerhin sind deutsche Immobilien seither bekannt und begehrt als Handelsware unter den Topinvestoren. Nach dem Ranking des internationalen Immobiliendienstleisters Jones Lang LaSalle liegt Berlin inzwischen auf Platz 22 der Top-30-Ziele für internationale Immobilenkunden, noch vor Hamburg und München (Plätze 26 und 27), jedoch hinter Frankfurt/Main (Rang 20). Auf diese Top 30 konzentrieren sich rund 50 Prozent aller weltweiten Immobilieninvestitionen. Unbestrittener Liebling bei den Anlegern bleibt London, mit deutlichem Abstand vor Tokio und New York. Dann folgen Hongkong und Paris. Es gibt allerdings deutliche Klassenunterschiede – in London legen Fonds und der internationale Geldadel nach dem Index der Analyse neunmal mehr Geld an als in Berlin.

Die Investoren bevorzugten „stabile und transparente Städte“, heißt es bei Jones Lang LaSalle dazu. Eben dort, wo man sich auskennt. Das wird nicht ganz so bleiben – US-Chef Peter Roberts von Jones Lang LaSalle erwartet, dass sich der internationale Kapitalstrom für Immobilien schon bald breiter verteilen wird. „Aus den Top 30 werden Top 50 werden“, prognostiziert er. Weil Investoren vor allem Städte mit schnellem Wachstum schätzen, wird bis zum Ende des Jahrzehnts vor allem China profitieren – Chongquing, Tianjin und Chengdu werden aufschließen, auch wenn hierzulande nicht jeder diese Multimillionenstädte kennt.

In den USA trauen die Immobilenexperten in erster Linie New York, Los Angeles, Chicago und der Hauptstadt Washington zu, mit schnell wachsender Wirtschaftsleistung weitere Investoren anzulocken. Dazu zählen für Jones Lang LaSalle auch die texanischen Städte Dallas, Houston und Austin. Und Raleigh-Durham in North Carolina – das ist keine Überraschung: Dort im „Triangle Research Park“ kann jeder studieren, wie Forschungs- und Wirtschaftsförderung für moderne Technologien funktioniert.

Europa wird nach dieser Analyse dank des Topstars London seinen Platz halten können, trotz aller konjunkturellen Turbulenzen. Istanbul wird stärker ins Blickfeld rücken, die Chancen von München und Stockholm werden sich verbessern. Bei Jones Lang LaSalle erwartet man zudem, dass die Anleger in den nächsten Jahren weiter in den asiatisch-pazifischen Raum ausschwärmen und sich zugleich auch für „zweit- oder drittrangige Städte im Westen“ interessieren werden.

Der Immobilienkonzern IVG (Bonn) traut vor allem Warschau zu, auf dem internationalen Immobilienmarkt deutlich zuzulegen: Stattliche Büromieten sind ein guter Anhaltspunkt. Zudem hat Polen die Wirtschaftskrise in Europa bisher erstaunlich gut gemeistert und sich ein gesundes Konsumklima bewahrt. Spanien dürfte wegen der Spekulationsverkäufe für internationale Anleger interessant werden.

Berlin ist es immer: Die Nachfrage nach Wohnraum ist hoch, und es gibt stabile Kapitalzuflüsse; die Deutschen gelten nun einmal international als verlässliche Mietenzahler. Aktuell geht es unter anderem um 1867 Berliner Wohnungen aus dem Bestand des angeschlagenen Investors Speymill. Das glücklose britische Unternehmen musste einen Teil seiner insgesamt 26 000 Wohnungen in deutschen Städten bereits an Benson Elliot abgeben. Den Rest von 22 000 Wohnungen möchte sich nach einem Bericht der Wiener Zeitung „Der Standard“ die österreichische Bawag-Bank sichern. Hinter der steht, man ahnt es, Cerberus.

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