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Die Privatisierung des „Dragoner-Areals“ in Kreuzberg wurde am 10. September 2015 durch den Finanzausschuss des Bundesrats gestoppt.

© Kitty Kleist-Heinrich

Berlin-Kreuzberg: BImA und Berlin feilschen weiter um das Dragoner-Areal

Der Wert von Bundesliegenschaften wird auch nach künftiger Nutzung berechnet, stellt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben klar. Berlin muss jetzt liefern.

Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) kann auch nach der vor gut einer Woche vereinbarten Neuausrichtung ihrer Geschäftspolitik ein gewichtiges Wörtchen zur künftigen Nutzung ihrer Flächen und Liegenschaften mitreden. „Die BImA hat als Eigentümerin der Grundstücke Einfluss darauf, durch wen und in welcher Form die Umsetzung der für die Flächen vorgesehenen städtebaulichen Konzeptionen sowie der bauplanungsrechtlichen Vorgaben erfolgt.“

Dies geht aus einem Informationspapier des Deutschen Städtetages, des Deutschen Landkreistages, des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und der BImA hervor, das dem Tagesspiegel vorliegt. Dreh- und Angelpunkt vor der Abgabe von Bundeseigentum an Städte und Kommunen sind damit deren Vorstellungen zur zukünftigen Nutzung.

Der inzwischen aus Altersgründen an der Spitze der Bundesanstalt ausgeschiedenen BImA-Vorstandssprecher Jürgen Gehb hatte vor der Neuregelung mehrfach beklagt, dass zum Beispiel Berlin Flächen vom Bund haben wolle, ohne zu sagen wofür. Auf der anderen Seite war die Bundesanstalt immer wieder dafür kritisiert worden, dass sie ihre Liegenschaften und Flächen nicht einfach kostenlos an Städte und Kommunen abgibt, damit diese darauf preiswerten Wohnraum schaffen können.

Die BImA gehört dem Bund und ist mit 470 000 Hektar und mehr als 36 000 Wohnungen eine der größten Immobilieneigentümerinnen Deutschlands.

Einigkeit sieht anders aus

Bund und Berlin verhandeln seit Jahren Pakete mit Bundesliegenschaften ohne einen spürbaren Durchbruch zu erzielen, wenngleich einzelne Flächen inzwischen in den Besitz der Hauptstadt übergegangen sind. Noch immer im Besitz des Bundes ist das sogenannte Dragoner-Areal an Kreuzberg. Dessen Übertragung im Rahmen des Hauptstadtfinanzierungsvertrages an das Land Berlin galt in der Senatsverwaltung für Finanzen lange Zeit als reine Formsache.

Indessen hat das Bundesfinanzministerium dem Ende November 2018 notariell beglaubigten Vertrag noch immer nicht zugestimmt. Ein Sprecher des BMF sagte auf Anfrage: „Diese Genehmigung wird erst erteilt, nachdem die ebenfalls nach der Bundeshaushaltsordnung vorgeschriebene Einwilligung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages sowie des Finanzausschusses des Bundesrates vorliegt. Das parlamentarische Gremienverfahren wird eingeleitet werden, sobald alle notariellen Unterlagen vollständig vorliegen, die für die Umsetzung des im Hauptstadtfinanzierungsvertrag vorgesehenen Grundstückstauschverfahrens erforderlich sind.“

Das Dragoner-Areal am Mehringdamm in Berlin-Kreuzberg.
Das Dragoner-Areal am Mehringdamm in Berlin-Kreuzberg.

© picture alliance /Rainer Jensen

Gegen das Tauschgeschäft wehrt sich juristisch Vorbesitzer Arne Piepgras. Er hatte die Fläche mit seiner Dragoner Höfe GmbH 2016 zum Höchstgebot von 36 Millionen Euro von der BImA erworben. Der Vollzug des Vertrages wurde aber auf Druck des Landes Berlin gestoppt. Piepgras wehrt sich inzwischen bei der Europäischen Union gegen die Umstände des Rückziehers.

Preis ist noch Verhandlungssache

Wie das 4,7 Hektar große „Dragoner-Areal“ künftig genau genutzt werden soll, ist derzeit noch unbestimmt. Andererseits lässt sich so – vor dem Hintergrund der aktuellen BImA-Wertermittlungsgrundsätze – schlecht sagen, welchen Wert das Grundstück hat. „Je konkreter das Konzept – beispielsweise schon hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung ist – desto eindeutiger ist die Grundlage der Wertermittlung und desto höher wird die Akzeptanz des Gutachtens sein“, heißt es im gemeinsamen Informationspapier zu den Verfahrensgrundsätzen. Knifflig werden die Angelegenheiten, wenn – wie beim „Dragoner-Areal“ – noch kein neues Baurecht vorliegt.

Dann nämlich besteht der Bund auf eine „Wertanpassungsklausel“. Wird zum Beispiel ein Gewerbegrundstück an eine Kommune übertragen, die es Kraft ihrer Planungshoheit zum kostbareren Wohngrundstück macht, dann muss nachgezahlt werden. „Grundlage für die einzelnen Beträge bilden die Daten aus dem Verkehrswertgutachten sowie der vereinbarte Anteil an diesen planungsbedingten Wertzuwächsen, der der Erwerberin verbleiben soll (maximal 50 Prozent).“ Berlins Senatsverwaltung für Finanzen hatte zuletzt darauf hingewiesen, dass die städtebaulichen Festlegungen, zu denen es ein umfangreiches Beteiligungsverfahren gibt, noch nicht getroffen wurden. Insofern ist die Bemessung des Wertes der Fläche in Kreuzberg schwer zu beurteilen.

Wohnungen im Besitz der BImA sind seit 2013 vorwiegend an die öffentliche Hand verkauft worden. Von insgesamt 5100 veräußerten Wohneinheiten gingen 3200 (62,75 Prozent) an öffentliche Träger. Das geht aus einer Auskunft des Bundesfinanzministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Bundestag hervor. Sie sind mit der bisherigen BImA-Bilanz nicht zufrieden.

Aus ihrer Sicht wird ein zu großer Teil des Bestands an Unternehmen verkauft. „Mit dem Ausverkauf von Liegenschaften des Bundes an Unternehmen, die ihr Geschäftsmodell auf Luxuswohnungen und Höchstmieten gründen, muss Schluss sein“, forderte Daniela Wagner, Sprecherin für Stadtentwicklung. (mit dpa)

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