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Bei der Schaffung preisgünstigen Wohnraums könnte eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit hilfreich sein.

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Bezahlbarer Wohnraum: Wer sich nicht bindet, zahlt länger drauf

Der Bundestagsausschuss berät über eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit. Sie könnte die Haushalte von Städten und Gemeinden entlasten.

Wenn es um die Schaffung preiswerten oder für Menschen mit unteren oder Durchschnittseinkommen wenigstens bezahlbaren Wohnraums in nachgefragten deutschen Großstädten geht, sind sich die meisten Verbände und Parteien einig: Bitte mehr davon, heißt es dann.

Doch der Weg zum Ziel bleibt – weniger als ein Jahr vor der Bundestagswahl – umstritten. Könnte da nicht eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit hilfreich sein? Entsprechende Vorlagen und Anträge der Linksfraktion und der Bündnisgrünen wurden in dieser Woche im Deutschen Bundestag im Rahmen einer Anhörung behandelt. Einig waren sich die zum Fachgespräch geladenen Sachverständigen, dass die durch eine wie auch immer geartete – vielleicht steuerliche – Förderung geschaffenen Wohnungen dem Markt auf Dauer zur Verfügung stehen sollten. 

Gegenwärtig ist das Gegenteil der Fall, so war in der öffentlichen Anhörung zu vernehmen: „Rund vier Millionen Wohnungen haben seit der Aufhebung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes 1989 vor allem durch Verkauf alle Bindungen verloren“, gab Jan Kuhnert als geschäftsführender Gesellschafter der KUB Kommunal- und Unternehmensberatung GmbH zu Protokoll: „Gleichzeitig wurde ab 1990 die Förderung des sozialen Wohnungsbaus massiv zurückgefahren.“

Nach seinen Berechnungen gehen derzeit zirka 80 000 Wohnungen jährlich als gebundener Wohnraum verloren. Und das kostet: Wohngeld zum Beispiel. „Zehn Milliarden Euro gehen jährlich in den Kommunen in die Förderungen von Subjekten“, sagte von Hilmar von Lojewski vom Deutschen Städtetag: „Wir müssen hin zu einer Förderung in den investiven Bereich.“

Immobilienvertreter beklagen "ein krasses Staatversagen"

Denn der Verlust der zeitlichen Bindungen führt dazu, dass erneut wieder öffentliche Mittel in die Schaffung preisgünstigen belegungsgebundenen Wohnraums investiert werden müsste. „Dies ist kein vernünftiger Umgang mit öffentlichem Geld“, beklagte Kuhnert, Mitinitiator des Mietenvolksentscheids.

Zumal dieses auch nicht immer dort eingesetzt wird, wo es eingesetzt werden sollte. Axel Gedaschko sagte als Präsident des GdW Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V., dass die Annahme falsch sei, dass die Wirtschaft versage. Zu beklagen sei „kein Marktversagen, sondern ein krasses Staatsversagen“. Die für den sozialen Wohnungsbau vorgesehenen Mittel würden häufig von Städten und Kommunen für die Haushaltskonsolidierung abgezweigt: „Spitzenreiter ist der Senat in Berlin“, sagte Gedaschko.

Der Branchenvertreter wandte sich gegen die Einführung neuer Steuerungsinstrumente. „Wir haben in Deutschland Wohnungsmärkte, wo die Mieten so niedrig sind, dass es gar nicht gelingt, eine ordentliche Bewirtschaftung der Wohnung herzustellen“, sagte er: „Wie können wir hier ausgleichen? Das ist die Kernfrage.“

Eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit könnte – die Schaffung von Wohnungen in großen Stückzahlen vorausgesetzt – die Haushalte entlasten. Zahlen und Prognosen sind dazu indes nicht verfügbar, gab Stadt- und Regionalsoziologe Andrej Holm (HU Berlin) in seinem Statement am Mittwoch im Paul-Löbe-Haus zu bedenken.

Der Bund hat derzeit keine Möglichkeiten, eine Gemeinnützigkeit neu einzuführen. Zunächst müsste dafür das Grundgesetz geändert werden – vor der Bundestagswahl im September 2017 ist dies nicht wahrscheinlich. Immerhin signalisierte das SPD-geführte Bundesbauministerium ein „Go“ für eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit. „Ich sehe, dass wir ein Marktversagen haben“, sagte Florian Pronold (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. „Trotzdem wird die neue Gemeinnützigkeit nur ein Baustein sein, um den Wohnungsbau dem Marktrecht zu entziehen.“ 

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