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Smarter Bürosolitär. Das cube berlin auf dem Washingtonplatz direkt am Berliner Hauptbahnhof hatte im Mai Richtfest.

© CA Immo

Büroimmobilien: Hunger nach Gewerbeflächen

Berlin gilt als die dynamischste Stadt Deutschlands. Eine Zinswende könnte das Bild verdunkeln.

Kein Ende des Wachstums in Sicht – aber die Risiken im Markt der Büroimmobilien werden größer. Mit dieser insgesamt eher optimistischen Prognose endete das Immobilienforum vom Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) e.V. am Donnerstag im Haus der Commerzbank am Brandenburger Tor.

Nach dem Hype der vergangenen Jahre steht nun nicht mehr so sehr die Masse, sondern die Qualität der Angebote, sprich neue Arbeitsformen, flexible Beschäftigung, Co-Working-Spaces, im Vordergrund. Auf dem hochkarätig besetzten Forum der Immobilienwirtschaft wurde deutlich, dass die künftige Marktfähigkeit von Bürogebäuden eng mit der Vielfalt der Nutzungsangebote zusammenhängt.

Gero Bergmann, Vorstandsmitglied der Berlin Hyp, lenkte den Blick auf Vertragslaufzeiten, flexible Flächen und den Wettbewerb um Arbeitskräfte. Er stellte die Frage in den Raum: „Wo liegt der Mehrwert für die Nutzer?“ Immobilienbanker müssten immer mehr in die Rolle der Betreiber hineinwachsen. Die Bedürfnisse einer auf Digitalisierung setzenden jungen Generation gelte es zu erkunden und zu unterlegen.

Erfolgsmeldungen mit Vorsicht genießen

Der Geschäftsführer der Union Investment Real Estate, Volker Noack, nannte die Stichpunkte Kaffeestube und Imbissangebote. Es sei zu überlegen, „wie ein Haus lebendig gemacht werden kann“. Martin Rodeck von Edge Technologies warnte aber vor allzu schnellen Erfolgsmeldungen. Das ursprünglich aus den Niederlanden stammende Immobilienunternehmen gilt als Pionier bei der Entwicklung von nachhaltigen und topmodernen Bürogebäuden. Man habe auch „sehr schmerzhafte“ Prozesse erlebt. Bei jungen Unternehmen gebe es manchmal schnelle und unerwartete Veränderungen.

Die leicht rückläufigen Trends im Büroimmobilienmarkt wurden von Markus Hesse von der International Real Estate Business School (IREBS) an der Universität Regensburg mit der Studie „German Debt Project 2018“ bestätigt. Befragungen bei zahlreichen Banken hätten ergeben, dass trotz weiter steigender Preise ein zurückgehendes Neugeschäftsvolumen, im vergangenen Jahr um drei bis vier Prozent, festzustellen sei. Diese Größenordnung werde auch im laufenden Jahr erwartet. Markus Hesse: „Der Kuchen wird bei hohem Wettbewerbsdruck kleiner.“

Das löst bei den Finanzierungsbanken natürlich keine Freude aus. So macht der Begriff von „Mikromargen“ inzwischen die Runde in der Branche, wie Hesse kundtat. Das Geschäft lohne sich nur noch bei großen Finanzierungsvolumen. Weitere Hemmnisse seien „der weiterhin hohe Anlagedruck der eigenkapitalstarken Investoren“ sowie der „hohe Preisauftrieb“. Der Zustrom von Kapital aus dem Ausland, das wurde im Forum mehrfach bestätigt, habe keineswegs nachgelassen.

Die Risiken seien noch vertretbar

Mehr Risiko wagen, lautet nun das Motto bei einigen deutschen Immobilienfinanzierern. Dabei locken höhere Gewinnspannen. Doch Tobias Just, wissenschaftlicher Leiter der IREBS-Immobilienakademie, warnte vor allzu viel Übermut: „Damit diese Strategie aufgehen kann, sind Investoren und Finanzierer auf eine stabile Mieternachfrage und zumindest nicht unerwartet schnell steigende Baukosten angewiesen. Beides ist aber per se unsicher.“

In diesem Zusammenhang verweisen die Autoren der IREBS-Studie auf die Möglichkeit von steigenden Zinsen und blicken auf die gesamtwirtschaftliche Lage: „Allerdings zeigen wir auch, dass relativ kleine Änderungen auf der Nachfrageseite der Nutzer erhebliche Lasten für Finanzierer haben könnten. Insofern könnte nicht die Zinswende das Hauptrisiko darstellen, sondern die Konjunkturwende.“ Alles in allem sei die Situation aber keineswegs „besorgniserregend“, so Markus Hesse, „die Risiken sind noch vertretbar.“

Der Verband deutscher Pfandbriefbanken, Vertreter von marktführenden Instituten in der Finanzierung von Gewerbeimmobilien, sieht die Branche auf sicherem Boden. Franz Eilers, Leiter der Forschungsabteilung im vdp: „Der Markt für Büroimmobilien ist in sehr guter Verfassung.“ Er verwies auf einen aktuell leicht anziehenden Neubau, allerdings noch unter den langjährigen Mittelwerten, auf steigende Mieten und sinkende Leerstandszahlen.

Nach den Berechnungen des Verbandes waren an den sieben größten Bürostandorten in Deutschland im Jahresdurchschnitt 2017 nur noch 4,3 Prozent des Angebotes ungenutzt. „Ein derart niedriges Niveau an Büroflächenleerstand wurde zuletzt zwischen 2001 und 2002 verzeichnet“, heißt es in einem Bericht. Für weiter steigende Mieten spreche „die hohe Flächenauslastung und eine weiterhin recht moderate Neubautätigkeit“. Auf der Nachfrageseite sei das anhaltende Wirtschaftswachstum verbunden mit dem Zuwachs an Arbeitsplätzen Garant für die stetige „Aufwärtsentwicklung“.

Berlin hat die meisten Flexible-Office-Space-Flächen

Der Markt der Büroimmobilien bleibt also weiter im Fokus, nicht zuletzt wegen des großen Interesses von internationalen Anlegern an Geschäften in Deutschland. Das bestätigen auch die Recherchen des vdp: „Das nominale Transaktionsvolumen auf dem Büroinvestmentmarkt ist in den letzten Jahren nahezu kontinuierlich gewachsen und hat 2017 ein neues Nachkrisenhoch erreicht. Wesentlich hierfür waren grenzüberschreitende Kapitalzuflüsse. Im Jahr 2017 entfielen mehr als 60 Prozent der Investments auf Anleger aus dem Ausland.“

Nach Angaben des internationalen Immobilien-Investmentmanagers Savills Investment Management (Savills IM) sind London, Cambridge, Paris, Amsterdam und Berlin die Top 5 unter den dynamischsten Städten in Europa 2018. Der Index werde von Städten angeführt, die erfolgreich Talente anziehen und diese langfristig binden, Innovationen vorantreiben und die Produktivität steigern, so die Analysten. „Mit Berlin, München und Frankfurt befinden sich erstmals gleich drei deutsche Metropolen in den Top 20 des Savills IM Dynamic Cities Index“, sagte Andreas Trumpp MRICS, Head of Research Deutschland bei Savills Investment Management: „Berlin schaffte es erneut auf Platz 5 und ist damit die dynamischste Stadt Deutschlands. Erfasst wurden über 250 Faktoren für 130 Städte mit mindestens 250 000 Einwohnern, darunter sämtliche Hauptstädte.

Die deutsche Hauptstadt verdankt ihr gutes Abschneiden vor allem hohen Platzierungen in den Kategorien Vernetzung, Inspiration und Innovation, die zum überdurchschnittlichen lokalen Wirtschaftswachstum beitragen. Der Hunger nach Gewerbeflächen zeigt sich in zahlreichen großflächigen Immobilienprojekten wie zum Beispiel in Adlershof und den Arealen Mediaspree und Europacity, schreibt Trumpp.

Unter den Big 7 (Stuttgart, Köln, München, Berlin, Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf) ist Berlin mittlerweile die Stadt mit den meisten Flexible-Office-Space-Standorten und -Flächen, so das Immobilienberatungsunternehmen Jones Lang Lasalle. An insgesamt 120 Adressen stehen bereits knapp 170 000 Quadratmeter zur Verfügung, 11 weitere sind mit circa 43 000 Quadratmetern (Stand Mai 2018) sind geplant. Mit insgesamt 131 Standorten und knapp 213 000 Quadratmetern flexibler Büroflächen können Nutzer in der Hauptstadt also von mehr Angeboten profitieren als in Düsseldorf, Köln und Stuttgart zusammen. Auch im Hinblick auf das absolute Flächenvolumen reicht keine andere Stadt an das Berliner Angebot heran.

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