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Immobilien: Das Grillen auf dem Balkon ist grundsätzlich nicht verboten

Keine eindeutige Rechtslage / Toleranz der Nachbarn ausschlaggebendVON ANDREAS LOHSE Des einen Lebensart ist des anderen Alptraum: Grillfeste machen meist nur denen Spaß, die dabei sind.Wer zusieht, mitriecht oder gar im Rauch hängt, wird bestenfalls hungrig, schlimmstenfalls zur Furie.

Keine eindeutige Rechtslage / Toleranz der Nachbarn ausschlaggebendVON ANDREAS LOHSE Des einen Lebensart ist des anderen Alptraum: Grillfeste machen meist nur denen Spaß, die dabei sind.Wer zusieht, mitriecht oder gar im Rauch hängt, wird bestenfalls hungrig, schlimmstenfalls zur Furie.Aller Sommer wieder ist deshalb die Streitfrage Nummer eins: Wieviel Grillen ist auf Balkon und im Garten erlaubt? Und: Was muß ein Nachbar erdulden? Die Antworten darauf hängen davon ab, ob Sie Besitzer eines Häuschens, einer Wohnung oder lediglich deren Mieter sind. Grundstückseigentümer, die sich nicht friedlich mit ihren übermäßig grillustigen Nachbarn einigen können, finden die Lösung ihres Problems im Bürgerlichen Gesetzbuch: Rauch, Gerüche und "ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehenden Einwirkungen" sind nicht zu verbieten, wenn sie die Benutzung des eigenen Grundstücks "nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen", besagt Paragraph 906.Im Umkehrschluß: Wer "wesentlich" belästigt wird, kann von den Nachbarn Abhilfe verlangen, notfalls auf Unterlassung klagen. Wohnungseigentümer können grillenden Provokateuren unter Berufung auf das Wohnungseigentumsgesetz Einhalt gebieten, demzufolge jeder Eigentümer verpflichtet ist, von seinem Besitz "nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, daß dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst" (ð14,1).Das Landgericht Stuttgart entschied allerdings in einem Streit unter Wohnungseigentümern, daß Nachbarn auch einiges hinzunehmen haben: Grillen stelle "in einer multikulturellen Freizeitgesellschaft, die von einer zunehmenden Rückbesinnung auf die Natur geprägt ist, eine übliche und im Sommer gebräuchliche Art der Zubereitung von Speisen jeglicher Art" dar, die sich "heute nicht mehr auf die bloße Zubereitung von Fleisch beschränkt".Eine Grilldauer von "rund sechs Stunden pro Jahr ist eine geringfügige Beeinträchtigung, die im Rahmen des Toleranzgebotes hinzunehmen ist" (Az.10 T 359/96). Für Mieter ist die Rechtslage nicht ganz so eindeutig.Wer grillenderweise mit den Begriffen "Toleranz" und "gegenseitiger Rücksichtnahme" nicht viel anzufangen weiß, muß erwägen, daß sich die von dampfenden Steaks genervten Nachbarn juristischen Beistand suchen könnten.Wer indes auf der anderen Seite - gegen die Mitmieter vor den Kadi ziehend - eine "wesentliche Beeinträchtigung" durch Bratengestank geltend machen will, sollte sich des nicht unbedeutenden Risikos bewußt sein, daß die Richter diese Meinung nicht teilen.Ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf besagt immerhin, daß "eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung" dann vorliege, wenn man Türen und Fenster verriegeln müsse, um das Eindringen von Rauch und Gerüchen zu verhindern (Az.25 T 435/90).Ebenfalls in Düsseldorf beschied das Oberlandesgericht, allerdings unter Hinweis auf das dort geltende Landesimmissionschutzgesetz, in einem Grillparty-Urteil: "Dringt der beim Grillen im Freien entstehende Qualm in die Wohn- und Schlafräume unbeteiligter Nachbarn in konzentrierter Weise ein, so stellt dies eine erhebliche Belästigung" dar (Az.5 Ss OWi 149/95 - OWi 79/95).Und das Amtsgericht Berlin urteilte in einem Fall, daß ein dem Mieter überlassener kleiner Garten am Wohnhaus auch zum Grillen genutzt werden dürfe, was der Vermieter unter Berufung auf einen anderen Mieter, der sich beschwert habe, gerichtlich hatte unterbinden lassen wollen.Aus dem Urteil: Den Mietern könne "nicht untersagt werden, in ihrem Mietergarten einen kleinen transportablen Holzkohlegrill zu benutzen." Erst wenn andere Mieter unzumutbar beeinträchtigt würden, "ist der Mieter verpflichtet, Tätigkeiten zu unterlassen, die derartige Beeinträchtigungen herbeiführen".Seinerseits unterlassen hat das Gericht zu definieren, wann die Zumutbarkeit mittels der Vorsilbe "Un" das Gegenteil signalisiert - Toleranzgrenzen sind variabel, mitunter von Tag zu Tag. Besser als den juristischen Weg einzuschlagen ist allerdings, einige Dinge zu beherzigen: Grillen auf dem Balkon führt in der dichtbebauten Stadt grundsätzlich zur Belästigung der Nachbarn.Wer auf die Wiese im Hinterhof ausweicht, sollte auch dort an die Anwohner denken, die ihren Abend ohne Störung verbringen wollen.Halten Sie ausreichend Abstand, installieren Sie notfalls einen Windschutz. Der für einen Holzkohlegrill typische, auch appetitanregende, Geruch stammt vom Verbrennen des herabtropfenden Fettes.Wer darauf verzichten kann, wähle einen elektrischen oder gasbetriebenen Grill.Auch bei einem Holzkohlegrill mit speziellem Rost wird der Fettgeruch verhindert. Fisch und sehr fetthaltiges Fleisch läßt sich in Alufolie verpackt zubereiten. Wichtigster Tip: Die Nachbarn einfach einladen.

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