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Immobilien: Das Thema Asbest ist nicht vom Tisch

Wer eine Nachtstromspeicherheizung in der Wohnung hat, sollte deren Zustand nachprüfen lassenVON ANDREAS LOHSEGeruchlos, hitzebeständig, unbrennbar, hartnäckig gegenüber Chemikalien und Korrosion - das ist Asbest.Jahrzehntelang als idealer Baustoff gehandelt, wurde er zum Alptraum: Die spitzen, winzigen Fasern, als Feinstaub eingeatmet, können Krebs verursachen.

Wer eine Nachtstromspeicherheizung in der Wohnung hat, sollte deren Zustand nachprüfen lassenVON ANDREAS LOHSEGeruchlos, hitzebeständig, unbrennbar, hartnäckig gegenüber Chemikalien und Korrosion - das ist Asbest.Jahrzehntelang als idealer Baustoff gehandelt, wurde er zum Alptraum: Die spitzen, winzigen Fasern, als Feinstaub eingeatmet, können Krebs verursachen.Dächer, Häuser, ganze Siedlungen werden saniert, und diese Arbeiten werden den Spezialfirmen noch eine ganze Weile volle Auftragsbücher bescheren.Doch nicht nur im Hoch- und Tiefbau findet sich Asbest, sondern auch in privaten Haushalten.Mit einem Gutachten trat 1990 eine Hamburger Firma für Chemieberatung eine Lawine los: Die Fachleute fanden entgegen anderslautenden Angaben der Industrie den krebserregenden Stoff in Nachtstromspeicherheizungen.Zwar bezog sich das Gutachten ausdrücklich auf einen Ofen eines bestimmten Bautyps, doch wurde befürchtet, daß ähnliche Probleme auch bei anderen Fabrikaten auftraten, die baugleiche Elemente von Zwischenhändlern bezogen hatten.Die Vermutung wurde zur Gewißheit, Anfang der 90er Jahre berichteten Presse und Rundfunk beinahe täglich darüber.Heute allerdings scheint Asbest nur noch wenigen eine Meldung wert zu sein - Gefahr erkannt, Gefahr gebannt?"Nein", meinen Fachleute.So stehen allein in Berliner Wohnungen noch rund 34 000 Nachtspeicheröfen, deren Zahl jedoch gemessen an der Anschlußleistung in den letzten drei Jahren um etwa zwei Prozent pro Jahr zurückgegangen sei, heißt es bei der Bewag.Asbest wurde in diese Öfen nur bis Ende 1977 eingebaut.Bei jüngeren Geräten besteht also keine Gefahr.Allerdings führt der Umkehrschluß, ältere seien Asbestschleudern, in die Irre, denn nicht überall wurde diese Mineralfaser verwendet und wird schon gar nicht gleichsam automatisch und in jedem Fall freigesetzt.Stellen Sie also zunächst fest, ob Ihre Heizung tatsächlich asbesthaltig ist.Öffnen Sie dazu aber unter gar keinen Umständen das Gerät, und tauschen Sie die Öfen auch nicht eigenmächtig aus.Das muß Spezialisten überlassen werden.Auf dem Typenschild finden Sie den Hersteller, der Ihnen anhand der Typenbezeichnung auf Ihre Fragen antworten kann.Auch ein Anruf bei der Berliner Bewag kann helfen (Call Center Telefon 267 16 267), die über einschlägige Typ-Listen verfügt.Ist kein Hinweis am Ofen zu finden, sollten Sie Ihren Vermieter bitten, Ihnen mitzuteilen, um welches Gerät es sich handelt, wann es hergestellt und eingebaut wurde.Der sollteauch wissen, ob Ihr Gerät vielleicht sogar schon saniert ist.Auch mietrechtlich ist Asbest ein Thema.So beschied beispielsweise das Landgericht Berlin in einem Fall, der Mieter könne "nur dann die Entfernung des Nachtspeicherofens wegen der Asbestgefahr verlangen, wenn eine konkrete Gefahrenlage" bestehe (Az.64 S 211/96).Insoweit müsse also der Mieter darlegen, daß die Asbestbelastung durch die Nachtspeicheröfen über den sonstigen Hintergrundbelastungen mit Asbest liege.Andernfalls sei die Wohnung nicht mangelhaft im Sinne des Gesetzes.Ein Mangel nämlich liege nur dann vor, wenn der Istzustand von der vereinbarten Sollbeschaffenheit abweiche und dadurch "die Tauglichkeit der Mietsache zu dem vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben oder gemindert wäre", heißt es in der Begründung.Das aber hätte der auf Austausch der Öfen klagende Mieter weder dargelegt, noch seien schon Gesundheitsschäden eingetreten.Allerdings räumten die Richter ein, daß auch "die bloße Gefahr des Schadenseintritts" den Begriff des Wohnungsmangels fülle, wenn "die Gefahrenlage konkret ist".Doch sei es Sache des Mieters, "substantiiert darzulegen", daß die Konzentration der Schadstoffe etwa in der Raumluft oder dem Hausstaub über der Hintergrundbelastung liege."Ansonsten würde das allgemeine Lebensrisiko vom Mieter auf den Vermieter abgewälzt", so das Gericht.Dieser Ansicht folgt eine jüngere Entscheidung des Landgerichtes Hannover nicht: "Der Wohnungsmietzins mindert sich wegen asbesthaltiger Nachtstromspeicheröfen, bei denen produktbedingt die ernsthafte Möglichkeit einer Krebserkrankung durch Austritt von Asbest nicht nur unwesentlich erhöht wird, auch wenn eine erhöhte Asbestkonzentration in der Raumluft nicht nachgewiesen wird", so die Richter (Az.8 S.203/96).Denn: "Es ist dem Mieter nicht zuzumuten, regelmäßig teure Raumluftmessungen durchführen zu lassen oder den erhöhten Asbestgehalt in der Raumluft abzuwarten." Die Hannoveraner beschieden im vorliegenden Einzelfall, daß der Mieter einen Anspruch auf Austausch dieser asbesthaltigen Nachtstromspeicherheizung hatte.Die Richter: "Die Situation stellt sich für den Mieter ähnlich dar, als ob er über einer Bombe wohnt, von der mit einiger Wahrscheinlichkeit feststeht, daß sie irgendwann explodiert, aber niemand den Zeitpunkt weiß." Eine solche Situation ist nach Auffassung der Kammer für einen Mieter unzumutbar.Der Mieter verlange "zu Recht den Austausch der belasteten Öfen" sowie eine geltend gemachte Mietminderung von "etwa 18 Prozent".Das Münchener Landgericht bestätigte eine Entscheidung des dortigen Amtsgerichts, derzufolge ein klagender Mieter die Entfernung der Nachtstromspeicheröfen und deren Ersetzung durch andere geeignete Heizkörper verlangen könne (Az.31 S 19711/96)."Auch wenn Asbest auch von anderen Produkten freigegeben wird und sich in der normalen Atemluft befindet, muß es ein Wohnungsmieter nicht hinnehmen, einer zusätzlichen Gefährdung durch asbesthaltige Nachtstromspeicherheizungen ausgesetzt zu werden."

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