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Wirbeln viel Staub ein: Sockelsauger arbeiten nicht mit Unterdruck, sondern mit sehr hoher Einsauggeschwindigkeit. Eine kurze Berührung der Geräteklappe genügt, um den Sauger zu aktivieren.

© Promo Gronbach

Der Brexit und die Ökodesignrichtlinie: Sie machen die Düse

Ab September 2017 werden Staubsauger in der EU auf 900 Watt gedrosselt – ein Grund mehr für den Brexit.

Die britische Reinigungskraft ist sich sicher: „Ich werde endlos saugen müssen“, sagte sie in einem Einspielfilm der Talksendung „Anne Will“ über den Brexit am vergangenen Sonntag. Wegen der bösen EU natürlich, die neuerdings schwachbrüstige Staubsauger mit wenig Saugkraft vorschreibt. Angeblich. Den süßen kleinen Hochleistungssauger der Firma Hetty neben der blonden Putzfee muss das nicht beunruhigen. Er schaut fröhlich aus seinen aufgemalten Äuglein und darf so lange weitersaugen, bis ihm die Puste ausgeht.

Doch dann, ja dann, wird sich die traurige Putzfrau einen Neuen suchen müssen. Ein Gerät, das der Ökodesignrichtlinie der EU entspricht. Sie schreibt für neue Staubsauger vor, dass sie eine bestimmte Wattzahl nicht überschreiten dürfen. 1600 Watt sind es im Moment, ab September 2017 dürfen es nicht mehr als 900 Watt sein. Zum Vergleich: Bisher fuhren Staubsauger bis zu 2400 Watt auf.

Gleichzeitig wird ab 2017 eine maximale Lautstärke von 80 Dezibel gelten. Das entspricht dem Klingeln eines Telefons. Und Staubsauger der neuen Generation müssen ihren Staub für sich behalten. Die Emission darf noch höchstens ein Prozent betragen. Überdies muss der Schlauch so haltbar sein, dass er auch nach 40 000 Schwenkungen unter Belastung noch funktioniert. Auch mit der Motorlebensdauer haben sich die EU-Planer beschäftigt. Sie muss ab kommendem Jahr mindestens 500 Stunden betragen. Verbraucherschützer finden die neuen Regeln deshalb gut.

Jede Menge Wind gegen die EU-Pläne

Mit der begrenzten Wattzahl führt die EU außerdem ein genormtes Verfahren ein, das Feinstaubwerte, Lautstärke und Stromverbrauch misst. „Das gewährleistet eine deutlich bessere Vergleichbarkeit“, sagt Stefan Nakazi von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Die Leistung in Watt sage nämlich nicht wirklich etwas über die Reinigungsleistung aus. Vorgeschrieben ist nun auch, wie viel Schmutz die neue Modelle mindestens wegziehen müssen: Geräte, die weniger aufnehmen, werden gar nicht mehr zugelassen. Es verhält sich also genau andersherum, als die Reinigungskraft glaubt.

Und so hat sich selbst das britische Technologie- und Erfindungsunternehmen Dyson, dem die Welt den beutel- und kabellosen Staubsauger verdankt, auf die neuen Grenzwerte eingestellt. Zwar machte Firmengründer James Dyson jede Menge Wind gegen die EU-Pläne. Doch auch sein Hightech-Zaubersauger DC52 Animal Turbine – Kostenpunkt: preiswerte 400 Euro – kommt mit 1300 Watt aus. Da bleibt kein Hundehaar liegen.

Akustisch einen Saugschritt voraus

Was die Briten können, kann ein deutsches Traditionsunternehmen wie Miele schon lange. Hier ist man allen Mitbewerbern vor allem akustisch einen Saugschritt voraus: Weil Kunden von ihrem Gerät einen bestimmten Geräuschpegel erwarten – sie wollen die Reinigungsleistung schließlich mit allen Sinnen erfahren – entwickelte Miele ein Sounddesign, auf dass die Saugkraft in aller Ohren ist.

Reinhild Portmann, Sprecherin von Miele, sieht ihr Unternehmen nicht zuletzt deshalb bei niedrigwattierten Staubsaugern an der Front der Pioniere: „Bereits vor etwa zwölf Jahren hatten wir erste EcoLine-Geräte mit 1300/1200 Watt Leistung eingeführt“, sagt sie auf Anfrage. Diese Richtung sei in den Folgejahren konsequent fortgesetzt worden. Bereits vor der Umstellung auf das neue EU-Label im Jahr 2014 hätten über 70 Prozent der Miele-Staubsauger weniger als 1600 Watt gehabt und damit die Grundvoraussetzung für das EU-Label erfüllt.

Portmann weiß, worauf es ankommt: „Niedrigwattierte Geräte können durch den Einsatz innovativer Bodendüsen die gleichen oder sogar besseren Reinigungsergebnisse erzielen. Entscheidend ist nämlich nicht die Wattleistung, sondern die Kombination aus einem effizienten Gebläse mit hohem Wirkungsgrad, die Konstruktion der Luftwege sowie eine effiziente Bodendüse.“

Sauger im Sockel säubern, wo viel Schmutz anfällt

Ein Staubsauger kann wie ein Schwert sein. Großbritanniens Premierminister David Cameron besuchte am 21. November 2014 die Staubsaugerfabrik von James Dyson in Malmesbury: Der Tag markiert den Anfang vom Ende des Austritts der Briten aus der EU. Der milliardenschwere Föhn- und Staubsauger-Hersteller hatte im Vorfeld der Visite viel Wind gemacht: Der Industrielle wurde zum erbitterten EU-Gegner, weil seine Staub- und Saugbläser in Zukunft nicht so saugen und blasen dürfen, wie er das gerne hätte.
Ein Staubsauger kann wie ein Schwert sein. Großbritanniens Premierminister David Cameron besuchte am 21. November 2014 die Staubsaugerfabrik von James Dyson in Malmesbury: Der Tag markiert den Anfang vom Ende des Austritts der Briten aus der EU. Der milliardenschwere Föhn- und Staubsauger-Hersteller hatte im Vorfeld der Visite viel Wind gemacht: Der Industrielle wurde zum erbitterten EU-Gegner, weil seine Staub- und Saugbläser in Zukunft nicht so saugen und blasen dürfen, wie er das gerne hätte.

© picture alliance / empics

Heike van Laak, Abteilungsleiterin Kommunikation der Stiftung Warentest, attestiert Staubsaugern Made in Germany ebenfalls saubere Arbeit. Wie dem im Mai veröffentlichten Staubsaugertest der Stiftung zu entnehmen sei, haben sogar Staubsauger mit einer Wattzahl von 650 bis 800 „gute“ Ergebnisse erzielt. Den englischen Staubsauger Dyson hat die Warentest-Sprecherin aus früheren Tests nur mit „befriedigenden“ Ergebnissen in Erinnerung.

Weil herkömmliche Staubsauger meist groß, schwer und unhandlich sind und sich Schmutz mit dem Besen nicht optimal aufkehren lässt, ist in diesen Tagen ein neues Produkt auf den Markt gekommen, ersonnen in der deutschen Edelstahlschmiede Gronbach. Das Unternehmen entwickelte nach eigenen Angaben „den weltweit hochwertigsten Sockelsauger“. Der Sockelsauger verfügt über einen 600 Watt starken Motor und verbraucht im Standby-Betrieb 0,25 Watt.

Nicht alle Staubsauger sind von der EU-Richtlinie betroffen

Das schubladengroße Einbaugerät wird in Möbeln installiert und zwar ganz unten: Krümel und Staub werden einfach hineingekehrt. Ein Müllschlucker, der nicht auf Augen- sondern in Bodenhöhe seinen Platz findet. Ob in der Küche, in der Werkstatt oder im Hausflur: Der in Bayern hergestellte Sockelsauger bietet sich dort an, wo am meisten Schmutz anfällt. „Wegen der großen Nachfrage auch aus den USA starten wir dort mit dem Vertrieb und suchen Distributoren“, sagt Simon Moser, Geschäftsführer bei Gronbach. Von Großbritannien sagte er nichts.

Es sind übrigens nicht alle Arten von Staubsaugern von der EU-Richtlinie betroffen. Für folgende Gerätetypen gibt es keinerlei neue Vorgaben: akkubetriebene Staubsauger, Saugroboter, Nasssauger, Industriestaubsauger und Bohnermaschinen dürfen bleiben, wie und was sie sind. Aber wen interessiert das schon, wenn man den Brüsseler Bürokraten endlich mal eins mit dem Teppichklopfer versetzen darf? Weg damit, bloß raus aus der EU. Was interessieren Fakten, wenn die Teppichfransen schön gerade gekämmt sind? Endlich haben sich die Briten die Lufthoheit über ihren Teppichböden zurückerobert. Sollen sie doch ihre Energie verbraten, bis der Kelim qualmt.

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