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Immobilien: Der Weg zum dauerhaften Zuhause

Konzept gegen Obdachlosigkeit / Ambulante Wohnhilfe in Schöneberg feiert fünfjähriges BestehenVON ANDREAS LOHSE Wer eine Wohnung hat, geht irgendwann nach Hause.Aber für uns kam jeden Abend die Überlegung: Wo jetzt schlafen?

Konzept gegen Obdachlosigkeit / Ambulante Wohnhilfe in Schöneberg feiert fünfjähriges BestehenVON ANDREAS LOHSE Wer eine Wohnung hat, geht irgendwann nach Hause.Aber für uns kam jeden Abend die Überlegung: Wo jetzt schlafen?" Klaus M.war obdachlos, geschlafen hat er zeitweise in einem Toilettenhäuschen."Da brauchten wir auch nicht raus, wir kannten die Leute von der Stadtreinigung schon, wir haben alles sauber gehalten und auch Putzmittel von denen bekommen." Heute geht auch Klaus M.nach Hause - Dank der Ambulanten Wohnhilfe (AWH) in Schöneberg.Die Einrichtung des "Internationalen Bundes", einem freien Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit, erschloß zusammen mit dem Bezirksamt neue Wege, Wohnungslosen dauerhaft die eigenen vier Wände zu sichern. Das Konzept ist simpel: Das Bezirksamt selbst mietet Wohnungen, die es Obdachlosen und von Wohnungsverlust Bedrohten zur Nutzung überläßt.Sozialarbeiter begleiten sie dann für eine Weile auf ihrem neuen Weg.Denn alle bisherigen Erfahrungen zeigen, daß Menschen, die jahrelang ohne Obdach waren, auch neue Wohnungen schon bald wieder verloren - genannt "Drehtüreffekt"."Zu groß ist oftmals das Bündel der Probleme", betont Thomas Fröhlich, Bereichsleiter der AWH. Die "erste Hilfe" gilt zunächst all den kleinen Hürden des Alltags: Einzug, Möbelkauf, Einrichten.Hinzu kommen praktische Hilfen, beispielsweise zur gesundheitlichen Vorsorge, Schuldenregulierung bis hin zur Entwicklung neuer beruflicher Perspektiven.Oftmals haben die Ex-Obdachlosen ihre Dokumente verloren: Wie kommt man an einen neuen Ausweis? Und: Welche Ansprüche haben sie auf finanzielle Leistungen? Parallel dazu widmen sich die AWH-Mitarbeiter den sozialen und psychischen Ängsten ihrer Klienten."Sucht, Einsamkeit und Depressionen sind meist sehr eng mit den materiellen Defiziten verknüpft", weiß Elke Templin. Die Sozialarbeiter betreuen ihre Klienten über einen Zeitraum von zwei Jahren.Dann bekommen die Betroffenen anstelle des Nutzungsvertrages mit dem Bezirk einen ordentlichen Mietvertrag des Hausbesitzers - aus der vorübergehenden Bleibe wird ein dauerhaftes Zuhause."Das funktioniert in der Regel reibungslos", erklärt Elke Templin.Auch danach sei man indes noch immer Anlaufstelle für zahlreiche Klienten, denen man natürlich nicht die Tür weise, wenn es neue Fragen oder Probleme gebe."Gemeinsam mit den Betroffenen Strategien entwickeln, die dauerhaft den Wohnraum sichern", faßt Bereichsleiter Fröhlich die Arbeit der AWH zusammen.Eine Bedingung jedoch müssen alle von der AWH Betreuten erfüllen: "Wir sind kein Versorgungsbetrieb, sondern jeder und jede muß selbst aktiv werden, eine neue Perspektive zu finden." Das Konzept rechnet sich - sofern man tatsächlich rein monetär argumentieren will.Während der zweijährigen Phase übernimmt das Bezirksamt die Kosten für die soziale Betreuung.Anschließend sind die laufenden Ausgaben wesentlich niedriger als die Unterbringung von Obdachlosen in Pensionen, die in der Regel Tag für Tag zwischen 25 und 70 Mark pro Kopf und Nacht verlangen - oftmals für 3-Bett-Zimmer.Auch die temporäre soziale Betreuung wirkt mittel- bis langfristig kostenmindernd.Schließlich kann beispielsweise ein ehedem Arbeitsloser nach Beseitigung von Krisen und Miseren darauf hinarbeiten, wieder ein Leben ohne staatliche Unterstützung zu führen.Für die Ex-Obdachlose Maria G.jedenfalls war der Einzug in die eigene Wohnung ein bedeutender Schritt in das gesellschaftliche Miteinander."Als wir die neue Wohnung bekamen, haben wir sofort ohne Möbel dort geschlafen und uns gleich zu Hause gefühlt." "Etwas Besseres hätte uns gar nicht passieren können", erzählt auch Klaus M."Wir wären sonst garantiert immer noch auf der Straße." Gleichwohl scheinen andere Bezirksämter die Chance, auf diese Weise Kosten zu sparen, nicht zu erkennen."Wir würden gern weitere Bezirke dafür gewinnen, etwas Ähnliches aufzubauen", heißt es bei der AWH.Interesse gebe es, mit einigen Ämtern sei man sogar im Gespräch.Das vordergründige Argument hingegen, die Kassen seien leer für solche Wege aus der Obdachlosigkeit, zeugen eher von kurzsichtiger Planung als politischer Weitsicht.Immerhin rund 80 Menschen pro Jahr integrieren die neun Mitarbeiter wieder in die Gesellschaft der Nicht-Wohnungslosen.Die Ambulante Wohnhilfe in Schöneberg feiert dieser Tage ihr fünfjähriges Bestehen.

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