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Immobilien: Die eigenen vier Wände - aber wie?

Wer eine Eigentumswohnung erwirbt, sollte sich vorher über den Zustand des Hauses, über die Verteilung der Kosten und die zulässige Nutzung der Wohnung informieren

Vier Jahre lang suchte Familie Morawski nach einer Altbauwohnung in Wilmersdorf. Die Mietwohnungen waren entweder zu teuer, zu dunkel oder zu klein. Als sich endlich die Traumwohnung fand, stand diese nur zum Verkauf. Ute und Frank Morawski überlegten nicht lange und erwarben die Fünf-Zimmer-Wohnung. Was das Ehepaar nicht wusste: Der Altbau war stark sanierungsbedürftig, der Keller feucht und voller Hausschwamm, das Dach undicht. So wurde schon kurz nach dem Einzug der Familie eine Sonderumlage für die Sanierung in Höhe mehrerer Tausend Euro fällig.

Über viereinhalb Millionen Eigentumswohnungen gibt es in Deutschland. In Berlin lebt jeder Fünfte im eigenen Heim. Nicht wenigen ergeht es wie Familie Morawski. Fast täglich hat Rechtsanwalt Uwe Wanderer, Spezialist für Wohnungseigentumsrecht, mit Menschen zu tun, die eine Wohnung gekauft haben, ohne das Angebot vorher gründlich geprüft zu haben. „Wer ein altes Auto für Tausend Euro kauft, zieht fast immer einen Fachmann hinzu“, sagt Wanderer, „aber wer eine Eigentumswohnung für 300000 Euro erwirbt, prüft oft gar nicht.“

Experten schätzen, dass bis zu 70 Prozent aller Streitigkeiten vermieden werden könnten, wenn die Kaufinteressenten sich vor der Beurkundung besser informieren oder beraten ließen. Doch wer eine Wohnung oder ein Haus kauft, handelt emotional – wie Familie Morawski, die sich in ihr neues Heim „sofort verliebt“ hatte. „Manche Käufer kommen dann am Tag nach der Beurkundung in die Kanzlei, weil sie ein ungutes Gefühl haben“, hat Wanderer festgestellt.

Dabei ist es gar nicht selten, dass Käufer, die gerade so eben ihre Finanzierung gestemmt haben, sich finanziell ruinieren, wenn plötzlich eine vier- oder fünfstellige Sonderumlage für Sanierungskosten hinzukommt. Besonders hart trifft es jene, die sich eine Wohnung zur Alterssicherung gekauft haben. Schließlich gibt es niemanden, der den Käufer vor Unwissenheit schützt. Auch der Notar ist nicht dazu da, über Risiken aufzuklären, wie manche Erwerber meinen. „Man kauft gebrauchte Immobilie meistens so, wie das Objekt steht und liegt“, sagt Wanderer. Eine kleiner Überblick über das, worauf man besonders achten sollte:

Baulicher Zustand des Hauses. Keller, Treppenhaus und Dach sollten gemeinsam mit einem Baufachmann begangen werden um festzustellen, ob dort Feuchtigkeit, Schwamm oder andere Schäden vorhanden sind. Oft reichen schon zwei Stunden für die Begutachtung. Der Sachverständige kann dann einschätzen, wie hoch die Kosten für eine eventuelle Sanierung sind. Außerdem empfiehlt es sich, beim Verwalter nachzufragen, welche Sanierungsarbeiten bereits durchgeführt und welche geplant sind und in welcher Höhe eine Instandhaltungsrücklage vorhanden ist.

Kostenverteilung und Stimmrecht. Der Käufer erwirbt in Form der Wohnung ein so genanntes Sondereigentum. Dieses ist mit Miteigentumsanteilen am Gemeinschaftseigentum verbunden, deren Größe sich aus der Teilungserklärung und dem Grundbuch ergibt. Die Miteigentumsanteile sind deshalb wichtig, weil sich nach ihnen – sofern in der Teilungserklärung nichts anderes geregelt ist – die Höhe des Wohngeldes bemisst. Auch das Stimmrecht kann an die Miteigentumsanteile geknüpft sein. Nicht immer entsprechen die Anteile der Wohnungsgröße. In Einzelfällen kann die Kostenverteilung durchaus ungerecht sein.

Sondervereinbarungen über Kosten. Die Erwerber sollten prüfen, ob die Teilungserklärung Kostenungerechtigkeiten enthält. Nicht immer zahlen alle Eigentümer für das Gemeinschaftseigentum. So mussten in einem Fall nur die Eigentümer der Dachgeschoßwohnung für die Sanierung des ganzen Daches aufkommen.

Der Aufteilungsplan. Es kommt vor, dass der Aufteilungsplan nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. Vielleicht ist der mitverkaufte Keller gar nicht vorhanden oder das Wiesenstück nur halb so groß. „Keine Behörde prüft, ob die Aufteilungspläne oder Sondernutzungsausübungspläne der Realität entsprechen“, sagt Wanderer. Immer wieder komme es vor, dass nach der Teilungserklärung oder dem Aufteilungsplan vorhandene Räume mitveräußert werden, die so gar nicht existieren. Auch dies kann ein Fachmann schnell an Hand der Pläne oder direkt vor Ort überprüfen.

Zulässige Nutzungen. Wenn man gewerblich tätig werden will, sollte geprüft werden, ob in dem Sondereigentum ein Gewerbe oder eine freiberufliche Tätigkeit überhaupt ausgeübt werden kann. Dabei ist auf die genaue Wortwahl zu achten. Laden bedeute eben nicht Gastronomie, so Wanderer. Und ein Keller sei grundsätzlich nur zu Abstellzwecken gedacht.

Bauliche Veränderungen. Eine nachteilige optische Veränderung des Gemeinschaftseigentums ist in der Regel unzulässig. Dies betrifft etwa die Vergrößerung von Fenstern oder Balkonverglasungen. „Die anderen Eigentümer können sogar den Rückbau verlangen, auch wenn der Verkäufer die Veränderung zugesagt hat“, sagt Wanderer.

Die Eigentümerstruktur. Die Gemeinschaft sollte in ordentlichen wirtschaftlichen Verhältnissen ohne Wohngeldrückstände bestehen. Von Bedeutung ist auch die Eigentümerstruktur: Ist der Besitz gut gestreut, ist das Risiko verteilt. Denn alle Eigentümer haften gesamtschuldnerisch für auflaufende Verwaltungsschulden anderer. Kann ein Eigentümer mehrerer Wohnungen nicht zahlen, wird es teuer. In den Verwaltungsunterlagen kann man prüfen, ob alle Belege vorhanden sind. Wird einem dieses Recht verwehrt, ist Misstrauen angebracht.

Wer die Risiken kennt, muss deshalb nicht auf den Kauf verzichten. Ute Morawski ist sich sicher, dass der Verkäufer Zugeständnisse beim Preis gemacht hätte, wenn sie ihn mit den Problemen der Immobilie konfrontiert hätte: „Heute ist es mir ein Rätsel, warum wir so wenig Problembewusstsein hatten", sagt sie.

Jutta Burmeister

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