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Gehoben, aber kaum erschwinglich. Die Mieterverbände appellieren an den Bund und Länder, den Bau von Mietwohnungen für mittlere Einkommensschichten finanziell zu unterstützen.

© Martin Gerten/dpa

Die Wohnungsfrage: Die Wege zum billigen Wohnen sind umstritten

Mietsteigerungen und Neubautätigkeit werden zu Themen im Bundestagswahlkampf.

Die Wohnungsfrage dürfte zu einem zentralen Thema des diesjährigen Wahlkampfes werden. Zuerst trat diese Woche Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) vor die Presse und erklärte, sich für die Wiedereinführung der Eigenheimzulage und für verbesserte steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten beim Wohnungsbau einsetzen zu wollen. Dann präsentierte ein Bündnis aus mehreren Verbänden ein Thesenpapier, das sich für eine staatliche Förderung neuer Mietwohnungen im mittleren Preissegment einsetzt. Und schließlich debattierte auch noch der Bundestag über die Forderung der SPD, die Miethöhe beim Abschluss neuer Mietverträge zu deckeln.

Hintergrund der aufgeregten Diskussion ist die Feststellung, dass in Ballungsräumen die Wohnungsmieten in die Höhe schnellen und sich die Wohnungsknappheit zuspitzt. „Nach unserer Einschätzung“, sagt Lukas Siebenkotten, Direktor des Deutschen Mieterbundes, „fehlen schon heute 250 000 Mietwohnungen – Tendenz steigend.“

Das Bündnis von Verbänden, zu dem auch der Deutsche Mieterbund gehört, appelliert deshalb an Bund und Länder, nicht nur verstärkt den Bau von Sozialwohnungen mit Belegungsbindung zu fördern, sondern auch die Errichtung von Mietwohnungen für mittlere Einkommensschichten finanziell zu unterstützen. Dabei schlagen die Verbände direkte Zuschüsse, aber auch eine Erhöhung des steuerlichen Abschreibungssatzes vor. Ohne diese Maßnahmen, sagt Walter Rasch, Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), sei es Investoren nicht möglich, im Neubau eine Miete von unter neun Euro pro Quadratmeter zu erreichen.

Doch eine solche Förderung ist nach Ansicht von Fachleuten nicht unproblematisch. Sogar innerhalb des Bündnisses, das diese Woche seine Forderungen präsentierte, weiß man um die Fallstricke. „Mit der Erhöhung der steuerlichen Abschreibung werden auch diejenigen belohnt, die sowieso bauen würden“, räumt Hans Georg Leuck von der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau ein. Diesen Mitnahmeeffekt hält Leuck jedoch für „tolerabel“, sofern es gelinge, durch das Förderinstrument neue Investoren zum Bau von Wohnungen zu bewegen.

Auf eine andere Herausforderung weist Axel Gedaschko hin, der Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. „Wir dürfen nicht vergessen, dass wir in weiten Teilen Deutschlands einen erheblichen Wohnungsleerstand haben“, sagt er. Neubau brauche es in Wachstumsregionen. Die Bundesländer, denen seit der Föderalismusreform die Wohnungsbauförderung obliegt, müssten deshalb genau darauf achten, „punktgenau zu fördern – sonst schaffen wir ein zusätzliches Problem“.

„Wir sind allergisch gegen Förderung“

Darauf weisen auch Vertreter der Immobilienwirtschaft hin, die dem Bündnis nicht beigetreten sind. Wenn es überhaupt eine zusätzliche Förderung geben solle, dann nur in Regionen, in denen auch in 20 Jahren noch mit einer hohen Wohnungsnachfrage zu rechnen sei, betont Rolf Kornemann, Präsident von Haus & Grund. Außerdem seien Mitnahmeeffekte bei der Förderung unbedingt zu vermeiden.

Genau dies aber ist nach Ansicht von Nils Olov Boback, dem Geschäftsführer der Projektentwicklungsfirma NCC Deutschland, unrealistisch. Die Sonder-AfA in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung und die Förderung von Sozialwohnungen im alten West-Berlin hätten gezeigt, dass Fördermittel letztlich nicht den Mietern zugutegekommen seien, sondern „irgendwohin flossen“. „Wir“, sagt Boback, „sind deshalb allergisch gegen Förderung.“

Möglich sei die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum auch ohne Förderung. Das belegt Boback mit einer 149 Wohnungen umfassenden Anlage, die NCC derzeit in der Greta-Garbo-Straße in Berlin-Pankow errichtet und wo die Durchschnittsmiete neun Euro pro Quadratmeter beträgt.

Dabei entspricht der Standard mit Tiefgarage, Einbauküche, Fußbodenheizung und hoher Energieeffizienz durchaus heutigen Anforderungen. Eine karitative Angelegenheit ist das Projekt gleichwohl nicht: NCC hat es an einen Investor verkauft, der damit eine Rendite von 5,5 Prozent erzielt.

Vor allem plädieren die NCC-Vertreter für das Downsizing. Auf Deutsch: Die Wohnungen sollen wieder kleiner werden, dabei aber dank effizienter Grundrisse nicht weniger Wohnqualität bieten. Dieses Konzept kommt nach den Erfahrungen von Nils Olov Boback gut an: „Der Berliner akzeptiert weniger Fläche, wenn er dafür urban wohnen kann.“

„Es muss deutlich mehr für breite Schichten der Bevölkerung gebaut werden“, ist auch Maren Kern überzeugt, Vorstand beim Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU). Um dieses Ziel zu erreichen, fordert sie eine bessere Personalausstattung der bezirklichen Bauämter und eine Beschleunigung der Bauplanungsverfahren, aber auch „viel Augenmaß bei weiteren Verschärfungen von Energie-, Klimaschutz- und Mietenauflagen“.

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