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Immobilien: Die wohnungsvermittelnde Wollmilchsau

Immobilienmakler bringen Anbieter und Interessenten zusammen – und erledigen immer mehr Dienstleistungen rund um Kauf und Miete

„Jeder kennt es, keiner kauft es.“ Besser als mit diesem Wehklagen vieler Makler lässt sich das Schicksal von Ingeborg Meltzers Haus nicht beschreiben. Vor gut einem Jahr hatte die pensionierte Schulleiterin eine Anzeige aufgegeben: „Wunderschönes Einfamilienhaus, 130 Quadratmeter Wohnfläche, in Frohnau zu verkaufen“. Der Preis: 400 000 Euro. Zwar kamen fast jedes Wochenende Interessenten zur Besichtigung, doch kaufen wollte niemand das Haus. Nach einem halben Jahr gab Ingeborg Meltzer auf und beauftragte – weil jetzt alles ganz schnell gehen sollte – gleich drei Makler mit dem Verkauf. Doch wieder tat sich mehrere Monate lang nichts bis dann endlich, Anfang dieses Jahres, das Haus für 236 000 Euro den Eigentümer wechselte.

Aus Sicht von Jürgen Michael Schick, Vizepräsident und Sprecher des Immobilienverbandes Deutschland (IVD), sind der ehemaligen Schuldirektorin gleich zwei der schlimmsten Fehler unterlaufen: „Wer seine Immobilie zuerst zum überhöhten Liebhaberpreis anbietet und den Preis dann immer weiter senkt, erzielt hinterher oft weniger als den Marktwert“, hat Schick beobachtet. „Verbrennen“ nennen die Makler dies. Und wer statt einem Makler lieber mehrere beauftrage, könne eben auch nur mit einem Bruchteil der Arbeitsleistung rechnen.

Doch nicht nur Eigentümer, auch Mieter sind manchmal nicht gut auf Makler zu sprechen: „In einigen Fällen bekommt man einen Mietvertrag nur, wenn man vorher einen Makler aufgesucht und die Provision bezahlt hat – obwohl dieser an der Vermittlung der Wohnung gar nicht beteiligt war“, weiß Hartmann Vetter, Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins. Zwar lasse sich die Gebühr zurückfordern, wenn nicht eindeutig eine Kausalität zwischen dem Abschluss des Vertrages und der Tätigkeit des Maklers bestehe. „Doch wer mag schon gleich zu Beginn ein Mietverhältnis mit einem Prozess belasten?“ fragt Vetter.

Häufig kommt es heute allerdings vor, dass nicht der Mieter, sondern der Vermieter die Rechnung des Maklers bezahlt – vor allem bei Neubauten oder in wenig nachgefragten Wohngebieten. „Außerdem können immer weniger Menschen drei Mieten für die Kaution, die fällige erste Monatsmiete und dann noch zwei Mieten Provision auf einmal aufbringen“, weiß Wolfgang Gruhn, Inhaber von Erwin Gruhn Immobilien und Ehrenvorsitzender des Rings Deutscher Makler Berlin-Brandenburg (RDM). Hinzu komme, dass viele Mieter heute Detailfragen nach Betriebskosten und Mieterhöhungen stellen – diese könne aber nur ein Fachmann beantworten.

„Das Berufsbild des Maklers hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert“, sind sich Gruhn und Schick einig. Reichte früher die reine Vermittlung der Immobilien, so sei heute immer spezielleres Fachwissen gefragt: „Ein guter Makler muss sich in Fragen der Finanzierung ebenso auskennen wie bei Verwaltungsvorschriften, möglichen Bauschäden und im Kaufvertragsrecht“, sagt Gruhn. „Gibt es Schwamm- oder Hausbockbefall im Haus, liegen unter dem Baugrundstück eventuell Altlasten, sind Erschließungskosten zu zahlen, ist eine Nutzung für Einzelhandel möglich?“. Dies seien nur einige der Fragen, mit denen ein privater Erwerber oft überfordert sei.

Die Nachfrage nach Makler-Dienstleistungen steige, denn es gebe einen deutlichen Trend zur Professionalisierung, hat Schick beobachtet: „Es wird viel weniger aus dem Bauch heraus verkauft als noch vor zehn oder 20 Jahren.“ Und auf dem Investmentmarkt, der 2005 sein zweitbestes Ergebnis in Berlin erzielte, wird nahezu jeder Verkauf über einen Makler vermittelt. Dies bedeutet aber auch, dass gute Makler sich ständig neues Fachwissen aneignen müssen. IVD und RDM bieten ihren Mitgliedern regelmäßige Schulungen an. Wer in den Verband aufgenommen werden will, muss zudem eine Prüfung ablegen und eine Versicherung abschließen. Gibt es Beschwerden, kann sich der Kunde an den Verband wenden, dem Makler droht eine Abmahnung.

Bei Verkäufen ist die Höhe der Provision gesetzlich nicht festgelegt. Sechs Prozent des Kaufpreises, vom Käufer zu zahlen, gelten in Berlin als üblich. Bei Mietwohnungen darf der Makler nach dem Wohnungsvermittlungsgesetz maximal zwei Nettokaltmieten berechnen. Der Eigentümer oder Verwalter kann keine Provision verlangen. Dies hat auch der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt (III ZR 41/03). Das Gleiche gilt, wenn eine „wirtschaftliche Verflechtung“ des Maklers mit dem Vermieter besteht (LG Nürnberg-Fürth, 11 S 3675/95). Anders der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft: Verwaltet dieser nur das gemeinschaftliche Eigentum, aber keine der im Sondereigentum stehenden Wohnungen, darf er bei Neuvermietungen eine Provision in Rechnung stellen (BGH, III ZR 299/029. Etwas komplizierter ist der Fall, wenn der Wohnungseigentumsverwalter den Kauf einer Wohnung vermittelt: Dann ist die Provision in der Regel verdient (BGH, III ZR 387/04). Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Verwalter nach der Teilungserklärung dem Kauf zustimmen muss. Hier sieht der BGH einen Interessenkonflikt mit der Folge, dass keine Gebühr fällig wird (III ZR 287/02).

Ob schon der Hinweis auf die Provision in einer Internet- oder Zeitungsanzeige für das Zustandekommen eines Vertrags ausreicht, wird von Gerichten unterschiedlich beurteilt. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich, einen Maklervertrag stets schriftlich abzuschließen. Dabei sollte man genau auf den Inhalt achten: Beim so genannten einfachen Maklerauftrag hat der Auftraggeber das Recht, auch andere Makler einzuschalten. Beim einfachen Alleinauftrag ist dies während der Vertragslaufzeit, die zwölf Monate nicht überschreiten darf, untersagt. Und beim qualifizierten Alleinauftrag darf der Verkäufer die Immobilie auch nicht an eigene Interessenten verkaufen, ohne den Makler einzuschalten. Nur eines ist allen Vertragsarten gemeinsam: Die Provisionsanspruch entsteht nur im Erfolgsfall.

Jutta Burmeister

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