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Immobilien: Die Wollige Espostoa

Ein Kaktus von Alexander von Humboldts Amerikareise

Nachstehend veröffentlichen wir die vom Botanischen Garten für diese Woche herausgegebene Zusammenstellung besonders sehenswerter Pflanzen, die im Freigelände oder in den Gewächshäusern mit einem roten Punkt gekennzeichnet sind. Der Garten ist täglich von 9 Uhr an geöffnet, die Gewächshäuser am Wochenende ab 10 Uhr.

Gewächshäuser. Im August 1802 kam Alexander von Humboldt auf seiner Reise nach Amerika ins Huancabamba-Tal im heutigen Peru. Die genial angelegten Inka-Straßen, welche es erlaubt hatten, Flussüberquerungen zu vermeiden, waren längst verfallen. Humboldt und seine Expeditionsteilnehmer mussten „27mal den Río Huancacabamba mit vieler Gefahr überqueren“. Abgesehen von den großen Strapazen der Reise in diesem heißen Tal beeindruckten Humboldt „ganze Cactuswälder“, wie er sie zuvor nur in Venezuela gesehen hatte. Eine der in Peru beobachteten Arten ist ein kandelaberartig verzweigter Säulenkaktus, der auch ohne Blüten durch seine schneeweiße, dichte Behaarung sehr auffällig ist. Als Pflanze der Woche ist die Wollige Espostoa (Espostoa lanata) im Kakteenhaus auf dem Beet „Andine Kakteen“ zu finden. Sie gilt als eine der beliebtesten und schönsten Kakteen überhaupt und ist eine besondere Zierde jeder Schausammlung. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet reicht vom südlichen Ecuador bis ins nördliche Peru.

Während die Gattung erst um 1920 zu Ehren des peruanischen Botanikers Nicolas Esposto benannt wurde, ist die Wollige Espostoa als Art bereits von Humboldt und Bonpland 1802 gefunden und als neu erkannt worden. Im Feldbuch „Journal botanique“ gibt es eine kurze Beschreibung von Cactus lanatus in Humboldts Handschrift, ergänzt durch eine schematische Skizze eines Querschnitts eines blühfähigen Triebs. Herbarmaterial ist nicht überliefert, eine von Kunth erwähnte Zeichnung ist anscheinend verschollen. Die Notizen und die Zeichnung waren damit die alleinige Grundlage für die von Kunth bearbeitete Beschreibung und formelle Publikation von Cactus lanatus im Jahre 1823 in Humboldt, Bonpland & Kunths großem Werk „Nova genera et species plantarum“. Die etwa pflaumengroßen, roten Beerenfrüchte sind essbar und wurden laut Humboldt als „piscol colorado“ bezeichnet.

Erst Jahrzehnte später gelangte die Wollige Espostoa in Europa in Kultur. Um 1870 sandte der aus Prag stammende, in mehreren Ländern Lateinamerikas tätige Sammler Benedikt Roezl Pflanzen dieser Art aus dem Huancabambatal an die Kakteengärtnerei F. A. Haage jun. in Erfurt. Noch bis zur Jahrhundertwende wurde sie als vermeintlich neue Art unter dem Namen Pilocereus dautwitzii geführt.

Unsere größten, aus Samen gezogenen Pflanzen sind etwa 50 Jahre alt. Die Wollige Espostoa blüht im Sommer und nur nachts. Nach und nach erscheinen die Blüten aus der schmalen ganz dicht wolligen Blühzone seitlich an den Säulen. Sie sind jeweils frühmorgens schon wieder verwelkt. Die sich dunkel verfärbenden Blütenreste fallen nicht ab sondern bleiben, wie im aktuellen Bild zu sehen, noch monatelang an der Pflanze. Espostoas wachsen langsam, benötigen viel Sonne und ihrer tropischen Herkunft entsprechend einen nicht zu kühlen Standort.

Beat Ernst Leuenberger

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