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Eigenheimfinanzierung: Freiheit mit Verplichtungen

Kauf oder Miete? Die Antwort ist komplex – und sehr individuell.

Ist es wirklich besser, Immobilien zu kaufen statt zu mieten? Die Antwort ist komplex. Es gibt ein paar Dinge, auf die man vor allem achten sollte. Herr im eigenen Haus sein, eine Vorsorge fürs Alter haben und auch noch Geld sparen – fragt man Immobilienberater, ob das Kaufen einer Immobilie mehr Vorteile biete als das Mieten, fällt die Antwort meist klar zu Gunsten des Kaufens aus. Doch ist dies wirklich so eine einfache Rechnung?

„Die Aussage, dass man immer kaufen statt mieten sollte, kann ich so nicht tätigen“, sagt Gerold Happ vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. „Die Frage ist immer: Was will ich mit der Wohnung tun, und wie sieht der Markt aus?“ Noch wichtiger sei allerdings ein Blick auf die eigene Lebenssituation: „Weiß ich jetzt schon, was für einen Wohnbedarf ich später haben werde?“, gibt Happ zu bedenken. Möchte man – sofern man in der gekauften Immobilie wohnen will – auf Dauer an einen Ort gebunden sein oder lieber flexibel bleiben und als Mieter schnell umziehen können? Gerade für Menschen, die noch am Anfang ihres Berufslebens stehen und nicht wissen, wo sie in fünf Jahren sein werden, ist dies eine wichtige Frage.

Zwar sind günstige Zinsen und die Vorsorge fürs Alter derzeit die wichtigsten Gründe für einen Immobilienerwerb. Doch nicht nur rationale, sondern auch emotionale Motive spielen eine große Rolle. Laut einer gemeinsamen Immobilienbarometer-Umfrage von Interhyp und der Internetplattform Immobilienscout24 möchte jeder zweite Befragte Wohneigentum erwerben, um dieses selbst gestalten zu können und ein langfristiges Zuhause für die Familie zu schaffen.

Als Wohnungseigentümer hat man viele Freiheiten - aber auch Pflichten

Der Wunsch, sich im Alter mit einer Familie absichern zu wollen, ist ungebrochen groß. Für etwa jeden zweiten Interessenten – das entspricht 54 Prozent – ist dieses das wichtigste Kaufmotiv. Das Ausnutzen der günstigen Zinsen liegt auf Platz zwei (46 Prozent), gefolgt von der Vermeidung von Mietzahlungen (38 Prozent). Mehr als ein Drittel gab an, dass es ein „gutes Gefühl“ sei, ein eigenes Dach über den Kopf zu haben. Und für 32 Prozent war es wichtig, einen Wert zu schaffen, der vererbt werden kann.

Der Baufinanzierungsexperte Interhyp und die Immobilienscout24 befragten 2161 Kaufinteressenten für die Erhebung. Sie wurde im März dieses Jahres gemacht. Vor allem ist es eine persönliche Entscheidung für jeden Einzelnen: Schätzt man die Freiheiten, die man als Haus- oder Wohnungseigentümer hat – etwa bauliche Änderungen vornehmen zu können, ohne vorher fragen zu müssen – höher ein, als den Komfort, sich als Mieter im Haus nicht um Reparaturen, Reinigung und Verwaltung oder sonstige Dinge kümmern zu müssen?

Hat man diese Punkte für sich geklärt, steht die entscheidende Frage an: Kann ich mir den Kauf einer Immobilie überhaupt leisten? „Im Prinzip kann sich jeder Haushalt mit einem Netto-Einkommen von 3000 Euro eine eigene Wohnung leisten“, sagt Stephanie Benusch vom Dachverband Deutscher Immobilienverwalter (DDIV). „Damit könnte man sich in Berlin eine Wohnung mit 100 Quadratmetern für 300 000 Euro kaufen. Das würde von einer Bank finanziert werden. Die dazugehörigen Nebenkosten in Höhe von 30 000 bis 40 000 Euro sollte man allerdings als Eigenkapital mitbringen.“

Zur monatlichen Kreditrate kommen noch die Betriebs- und Nebenkosten

Man müsse nicht reich sein, um sich eine Immobilie zu kaufen, sagt auch Happ. Er betont aber: „Zu knapp kalkulieren sollte man auch nicht, denn es kann im Leben immer etwas Unvorhergesehenes passieren.“

Dazu kommt ein weiterer Punkt: „Manche sagen sich: Als Mieter zahle ich 700 Euro im Monat, so eine Summe könnte ich doch auch als monatliche Kreditrate schultern“, sagt Happ. „Das haut meist nicht hin, denn dazu kommen ja noch die Betriebs- und Nebenkosten.“

Auch weitere Investitionen in die Immobilie sowie Kosten, die etwa durch Energiespar-Auflagen entstehen, sollte man im Blick behalten. „Beim Kauf einer Eigentumswohnung sollte man vorher prüfen, ob es Instandhaltungsrücklagen gibt“, rät Benusch.

Auch wer plant, die Immobilie nicht nur selbst zu bewohnen, sondern zu vermieten, muss mit höheren Investitionskosten rechnen: „Ich muss immer überlegen: Ist die Immobilie mit ihrer Ausstattung und ihre Lage auch für andere interessant, oder nur für mich?“, sagt Happ. Wer selbst vermietet, muss zudem die Mieteinnahmen versteuern, hat einen höheren Verwaltungsaufwand und kann an Mieter geraten, die schlampig mit der Wohnung umgehen.

„Eigentum verpflichtet“, fasst Benusch zusammen. Unklar ist zudem, wie sich künftig die Mietpreisbremse auswirken wird. „Durch sie könnte es sein, dass man nicht zu dem Preis vermieten kann, den man bräuchte, um den Kaufkredit abzubezahlen.“ In Berlin, wo die Immobilienpreise derzeit sehr hoch seien, könnte dies nach Happs Ansicht durchaus passieren.

Wie lange dauert es, bis man den Kredit abbezahlt hat?

Wichtig zu beachten: Wer sich nicht für ein Eigenheim, sondern für eine Eigentumswohnung entscheidet, muss sich bewusst sein, dass er Teil einer gleichberechtigten Eigentümergemeinschaft ist, die gemeinsam Entscheidungen trifft: zum Beispiel, wenn die Fassade gedämmt werden soll. „Man ist zwar Herr der Wohnung, aber nicht Herr des Hauses“, sagt Happ. „Stehen Reparaturen an, fallen bei einem Mehrfamilienhaus natürlich höhere Kosten an als in einem Einfamilienhaus“, sagt Benusch. „Da bei einer Eigentumswohnung die Kosten jedoch von allen Eigentümern des Gebäudes getragen werden, kann das für Eigentümer günstiger sein als bei einem Einfamilienhaus.“

Viele Banken bieten mittlerweile 100-Prozent-Finanzierungen für Immobilien-Käufer an. Happ rät jedoch davon ab: „Man sollte einen Eigenanteil von etwa 20 Prozent mit einbringen, dadurch hat man später weniger Zinsen zurückzuzahlen und bessere Vertragskonditionen.“ Auch nach Förderprogrammen sollte man im Vorfeld Ausschau halten, etwa durch die KfW-Bank.

Doch wie lange dauert es eigentlich, bis man das Haus oder die Eigentumswohnung abbezahlt hat? „Das ist unterschiedlich. Das kann schon nach zehn Jahren der Fall sein, aber viele haben den Kredit erst kurz vor oder nach der Rente abbezahlt", sagt Happ. Je nach erwarteter Mieteinnahme müsse man durchschnittlich mit Zeiträumen von rund 20 bis 25Jahren rechnen, sagt Benusch: „In Berlin können es auch schon mal 25 bis 27 Jahre sein.“ Ab 30 Jahren und mehr sollte man es sich noch einmal genau überlegen: „Nicht zu überteuert kaufen“, rät Benusch daher.

Dennoch gilt am Ende: Bei allen Hürden und Vorüberlegungen, die es zu meistern gilt, stehen Immobilienkäufer meist finanziell besser da, als Mieter: „Als Mieter zahle ich monatlich einen bestimmten Betrag und der ist dann einfach weg. Als Käufer zahle ich auch monatlich einen Betrag, habe dann aber am Ende eine eigene Immobilie“, sagt Happ. Und: „Im Rentenalter fallen keine Mietkosten mehr an“, sagt Benusch.

Lohnt es sich derzeit, Immobilien zu kaufen?

Auch Volker Wohlfarth, Vice President Custo mer bei ImmobilienScout 24, meint: „Die Absicherung im Alter, geringe Kreditbelastungen, die auf Grund der günstigen Baugeldkonditionen in etwa so hoch sind wie Mietbelastungen, führen zu einer sehr hohen Nachfrage nach Immobilien“. Michiel Goris, CEO der Interhyp AG, ergänzt: „Das Umfrageergebnis zeigt zudem, dass auch emotionale Motive wie freie Entfaltung, Sicherheit und Unabhängigkeit zusätzliche entscheidende Treiber für den Kauf von Wohneigentum sind.“

Dennoch sollte man sich den Markt genau anschauen: Die Immobilien-Preise steigen, vor allem in den boomenden Ballungsgebieten – eine Folge des demographischen Wandels, durch den die Einwohnerzahlen ländlicher Regionen immer weiter sinken. In dünner besiedelten Gegenden von Brandenburg werden Häuser schon für 80000 Euro angeboten, in München und Umgebung hingegen kann ein Einfamilienhaus um die 500000 Euro kosten, sagt Benusch.

Bleibt also die klassische Frage: Lohnt es sich derzeit, Immobilien zu kaufen? Prinzipiell ja, denn die Zinsen sind durch die Euro-Krise seit Jahren äußerst niedrig. „Es wird nicht noch günstiger werden als jetzt, irgendwann werden die Zinsen wieder steigen“, sagt Happ. „Aber ab wann, das ist schwer zu sagen.“ Dennoch sollte man sich durch diese Situation nicht verführen lassen: „Niedrige Zinsen helfen mir nicht, wenn ich das Darlehen dann nicht abbezahlen kann“, sagt Gerold Happ vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland.

Die ausführlichen Ergebnisse der Immobilienbarometer-Umfrage erhalten Sie auf Wunsch unter presse@immobilienscout24.de oder presse@interhyp.de

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