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Immobilien: Ein warmer Regen für die Versorger

Das Geschäft mit der Privatisierung der Heizungsanlagen boomt. Doch oft verdienen Firmen auf Kosten von Mietern und Hauseigentümern

Mit Zahlen kennt sich Buchhalterin Nina Beugler gut aus. Und weil sie derzeit erwerbslos ist, hatte sie auch Zeit genug, die komplizierte Wärmerechnung einer genaueren Überprüfung zu unterziehen. Das Ergebnis: Die von den Heizkörpern abgelesenen Zahlen entsprachen nicht den in der Rechnung aufgeführten Verbrauchswerten. Und der Preis für die gelieferte Wärme lag doppelt so hoch wie der übliche Preis für Fernwärme bei vergleichbaren Wohnungen.

Die Heizkörper in der Wohnung von Nina Beugler liest eine private Firma ab und eine andere Firma liefert die Wärme. Im Rahmen eines so genannten Contracting-Vertrags hatten die Firmen im Auftrag des Hauseigentümers die Heizungsanlage eingebaut und bewirtschaften diese. Die dabei entstehenden Kosten werden dem Mieter mit dem Wärmepreis in Rechnung gestellt. Das ist kein Einzelfall, das Contracting-Geschäft boomt seit etwa zehn Jahren. Doch was Experten zunächst als ökonomisch und ökologisch sinnvolle Arbeitsteilung begrüßten, wurde wegen einiger streitbarer Anbieter zu einer Kostenfalle für Mieter und Hauseigentümer.

Die Folgen teurer Wärmelieferungen müssen zwar in erster Linie Mieter ausbaden, weil diese die Rechnungen zahlen. Doch die hohen Kosten verderben auch den Hauseigentümern die Immobilienrendite: Die Grundeigentümer erhalten geringere Kaltmieten oder können keine Mieterhöhungen mehr durchsetzen. Denn Mieter haben den Gesamtpreis einer Wohnung im Auge – egal von wem sie die Rechnungen erhalten. Nina Beugler jedenfalls hat ihre Wohnung gekündigt. Zu teuer, sagt sie.

„Durch das Contracting optimiert man die Energieherstellung und sorgt für eine umweltfreundliche Wärmeversorgung“, sagt Martin Vöcks, Stadtplaner bei der Gesellschaft S.T.E.R.N. Vöcks ist ein alter Hase im Wärmegeschäft. Zusammen mit der Wohnungswirtschaft und dem Senat hatte er einen Leitfaden entwickelt, der Fälle wie den von Nina Beugler verhindern sollte. Doch der „Berliner Energiedienstleistungsstandard“ (Best) wird nicht von allen Beteiligten als verbindliche Regelung anerkannt.

Schöngerechnete Kosten

Dadurch haben es die schwarzen Schafe unter den etwa 30 in Berlin tätigen Anbietern von Wärme leichter, Geschäfte auf Kosten von Mietern und Hauseigentümern zu machen. Das Einfallstor für den Missbrauch bei der Abrechnung der Wärme ist die Gestaltung der langjährigen Versorgungsverträge. Zwar geben die meisten Anbieter vor der Unterzeichnung Schätzungen ab, wie teuer die Wärmelieferung kommen. Doch dabei wird gerne schöngerechnet: Günstige Preise werden versprochen, die weit unter den später in Rechnung gestellten Kosten liegen. Beschwerden sind dann zwecklos. Die Verträge sind geschlossen.

Das Schönrechnen der Angebote funktioniert so: Die Kosten des Energieträgers (Öl oder Gas) wird in der Prognose mit einem Preis angesetzt, der nur kurze Zeit galt, als der Markt von Öl überschwemmt war. Dass der Preis wieder anzieht und die Rechnung deshalb am Ende teurer wird, sagt niemand. Seriöse Anbieter nehmen daher einen Durchschnittspreis aus den vergangenen Jahren.

Oft dient auch die „Preisgleitklausel“ zum Schönrechnen. Diese Klausel regelt, wie schnell die Preise für Wartung und Betrieb der Wärmeanlage steigen während der Vertragslaufzeit. Unseriöse Anbieter koppeln hier einen großen Teil des Wärme-Grundpreises an die Lohnkostenentwicklung. Die Folge: Mit jedem neuen Tarifvertrag steigen die Wärmepreise – auch wenn wenig oder gar nicht an der Anlage gearbeitet wurde.

„Der Mieter kann nicht nachvollziehen, wie stark die Finanzierung und der Betrieb der Heizanlage in den Wärmepreis einfließen, vom Unternehmergewinn ganz zu schweigen“, sagt Reiner Wild, stellvertretender Geschäftsführer des Mietervereins. Wild lehnt das Contracting nicht grundsätzlich ab. Er fordert jedoch eine rechtliche Überprüfung der Kostenumlage auf die Mieter. Und für Wild steht fest: „Der Mieter zahlt die Investition in die Heizungsanlage nach der derzeitigen Praxis doppelt“. Denn die Kosten seien bereits in der Grundmiete zentral versorgter Immobilien enthalten: Deshalb seien Wohnungen mit Zentralheizung im Mietspiegel teurer als solche mit Kohleheizung.

Effiziente Heiztechnik

Das bestreitet der Sprecher von Haus und Grund nicht: „Es gibt aber keine Lösung für diese doppelte Belastung des Mieters“, sagt Dieter Blümmel. Daher seien Contracting-Verträge am ehesten bei komplett sanierten und neu vermieteten Immobilien realisierbar. Dann würde jedoch eine moderne, effiziente Heiztechnik eingebaut, die den Verwalter Arbeit erspare.

Ein erfolgreiches Contracting-Modell realisierte die Genossenschaft Bremer Höhe. Sie lässt rund 500 Wohnungen in mehreren Altbauzeilen im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg durch das Blockheizkraftwerk einer privaten Firma versorgen. Die Wärmepreise sind konkurrenzfähig. Das Unternehmen bietet außerdem noch Strom, fünf Prozent billiger ist als im Bewag- Standardtarif.

Den Grundstein für diesen Erfolg legte die Genossenschaft durch eine Ausschreibung nach Best-Kriterien. Dabei gaben die Genossen den Teilnehmern den maximal zulässigen Wärmepreis vor. In einem zweiten Schritt verhandelte die Genossenschaft mit den Contracting-Anbietern über das, was im Wärmepreis nicht enthalten ist: Die Kosten für die Finanzierung der Anlage und deren Abschreibung sowie für die Gewinnmarge des Lieferanten. Auch hier hatten die Genossen einen Vergleichswert: Die Kosten, die sie beim Kauf und dem Einbau einer Anlagen in Eigenregie gehabt hätten.

Eine solche professionelle Prüfung der Angebote gelingt wegen der vielen Tricks auf dem jungen Markt für Contracting nur Fachleuten (siehe Kasten). Bei größeren Projekten sollten diese zu Rate gezogen werden, bei kleineren Immobilien rechnet sich die „Privatisierung“ der Wärmeversorgung ohnehin nicht. „Für einen einzelnen Altbau mit vier Geschossen kann man das Modell prüfen, doch meistens versorgen wir größere Anlagen“, sagt Michael Kröcher, für Contracting zuständig bei der Bewag. Der Berliner Energieversorger hat über 250 Anlagen in Betrieb und versorgt auch Kaufhäuser wie die Spandauer Arcaden sowie Hotels.

„Wir können nicht bei jeder Anlage gewährleisten, dass die Wärmekosten nach Einbau der neuen Anlage billiger sind als vorher“, räumt Kröcher ein, „doch wir legen unsere Rechnung offen.“ Kröcher sagt, dass die Mieter beim Contracting keineswegs immer die Zeche zahlen müssten: Die Versorger könnten Rohstoffe und Anlagen in größeren Mengen und daher billiger einkaufen als Hauseigentümer. Neue Anlagen seien effizienter und davon profitiere der Mieter. Eigentümer oder Verwalter wiederum ersparten sich die Wartung der Anlage und Wärmeabrechnungen. „Im Idealfall“, sagt Kröcher, „profitieren alle.“

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