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Einkaufszentren: Ein Kommen und Gehen

Moderne Shoppingcenter laufen den Vollsortimentern den Rang ab – und müssen selbst um ihr Publikum fürchten.

Einkaufszentren entsprechen dem Zeitgeist. Investoren und Finanziers haben derzeit viel Freude an diesem Immobilienprodukt. Shoppingcenter übernehmen nicht nur zunehmend die Funktion der Warenhäuser, sondern sie gelten auch als vergleichsweise krisenfest. Sogenannte Ankermieter wie Super- und Elektronikmärkte oder Discounter garantieren auch in schlechteren Zeiten hohe Grundfrequenzen. So erklärt sich eine der bisher größten Transaktionen des Jahres in diesem Segment von selbst. Das am Berliner Alexanderplatz gelegene Shoppingcenter „Die Mitte“ wurde vor gut einer Woche an den „Hausinvest Europa“ veräußert – an einen Offenen Immobilienfonds der Commerz Real AG. Der Platz mit bis zu 350 000 Umsteigern gehört zu den Top-Einzelhandelslagen in Berlin. Doch wie ist die Lage bei den traditionellen Kaufhäusern? Was wird aus ihnen? Immer mehr Fläche, besetzt mit den fast immer gleichen Mietern, ausgerichtet auf ein nicht näher definiertes Publikum – sieht so die Zukunft der Shoppingcenter aus?

Namen wie Woolworth, Kaufring, Horten sind jüngst oder längst aus den deutschen Innenstädten verschwunden. Und mit der Insolvenz von Hertie wird gerade ein weiterer bedeutender Name zu Grabe getragen. Es ist nicht zu übersehen: Das Konzept der sogenannten Vollsortimenter in bester Lage geht nicht mehr auf. Wirtschaftsexperten erwarten, dass von den bundesweit 650 noch bestehenden Häusern in den kommenden Jahren mindestens ein Drittel geschlossen wird. Die große Herausforderung ist nun, diese Immobilien – in der Regel mit mehreren tausend Quadratmetern Einkaufsfläche – neu zu beleben.

In Berlin sind für die Hertie-Häuser schon vor einiger Zeit neue Modelle entwickelt worden, erklärt Christoph Meyer, Mitglied der Geschäftsleitung von BNP Paribas Real Estate. Der Immobiliendienstleister hat die Veräußerung dieser Immobilien und ihre Umstrukturierung maßgeblich begleitet. „Zwei der drei Berliner Hertie-Häuser waren schon vor der Insolvenz an eine spanische Privatbank verkauft worden, die sich seit längerem Gedanken über eine Umstrukturierung gemacht hat. Wir haben dafür unterschiedliche Konzepte erarbeitet.“

Wer sich schon jetzt einen Eindruck davon verschaffen möchte, wie diese beiden Häuser in Zukunft aussehen werden, kann das an einem Objekt in der Neuköllner Karl-Marx-Straße tun, empfiehlt Meyer. „Dort entsteht ein modernes Geschäftshaus, in dessen Erdgeschoss und erstem Stock verschiedene Bekleidungsketten wie H & M und Esprit ihre Filialen eröffnen.“ Die Kunden sollen sie direkt von der Straße aus betreten können. Im Untergeschoss sei Raum für zwei Supermärkte geschaffen worden und im zweiten Obergeschoss erhielten die Einzelhändler zusätzlich Aufenthaltsräume sowie Lager- und Büroflächen, beschreibt Meyer das Referenzobjekt in Neukölln weiter. Im dritten Stock soll es Lagerboxen geben, in denen Privatpersonen und Unternehmen über einen individuellen Zeitraum hinweg ihre Materialien unterbringen können. „Und im vierten Obergeschoss werden Büros gebaut, die mit insgesamt vier neu geschaffenen Lichthöfen unterteilt sind.“

Das Hertie-Haus in Tegel solle auf ähnliche Weise gestaltet werden, also auch als zeitgemäßes Geschäftshaus. „Der Hertie in Schöneberg jedoch wird zu einer mehrgeschossigen, innerstädtischen Einkaufsgalerie weiterentwickelt“, so Meyer weiter. Das Hertie-Haus in Moabit sei zwar noch nicht verkauft. „Es hat aber den Vorteil, dass sich dahinter noch ein großes Grundstück befindet, auf dem ein Fachmarkt oder ein Discounter entstehen könnte.“ Das mache es für Investoren besonders attraktiv, so der Berater.

Wie die Zukunft der Berliner Karstadt-Warenhäuser aussieht, ist noch unklar. Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg ist zwar nach der jüngsten Finanzspritze vorerst wieder optimistisch, deutschlandweit die „allermeisten“ Häuser erhalten zu können. Aber eine Garantie für alle könne er nicht geben. Da die Immobilien vermietet sind, dürfte die letzte Entscheidung ohnehin bei deren Haupteigentümer liegen, der Gesellschaft Highstreet. Die hat bereits angekündigt, sich alle Möglichkeiten offenzuhalten und die vorliegenden Angebote zu prüfen. Immerhin haben sich schon 15 Interessenten in Stellung gebracht.

Sehr viel wahrscheinlicher ist es aber, dass auch diese Gebäude zu modernen Geschäftshäusern umgebaut werden, in denen neben Bekleidungs- und Lebensmittelketten Ärzte, Bäcker und Fitnessstudios ihre Räumlichkeiten beziehen. Einkaufscenter können deutlich flexibler auf die Wünsche der Konsumenten und auf neue Trends reagieren. Und das müssen sie in Zukunft mehr denn je. Angesichts der demografischen Entwicklung lässt sich schon heute das Ende des klassischen Shoppingcenters vorhersagen. Um den Konsumenten der Zukunft zu erreichen, dürften Markenversprechen, Leuchtstoffreklamen und Eins-a-Lagen kaum mehr ausreichen. Im Fokus dürfte weniger die schnelle, schrille Inszenierung stehen als vielmehr eine Ausrichtung der Center in Richtung Wärme, Gemeinschaft, Emotion und Natur. Gefragt sind in Zukunft Konsum- und Erlebnisräume für die Generation „Ü 50“, die Abwechslung zum eigenen Zuhause bieten.

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