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Einzelhandelsmieten: Das Geschäft läuft über die Center

Berliner Einzelhandelsmieten steigen in 1A-Lagen – Rückgänge in den Einkaufsstraßen der Bezirke.

Die Lage ist besser als die Stimmung. Trotz rückläufiger Tendenzen war die Nachfrage in den Top-Lagen nach Einzelhandelsimmobilien in den deutschen Metropolen unverändert hoch: Nationale und internationale Filialisten suchen nach wie vor Ladeneinheiten in den Lagen mit den höchsten Passantenfrequenzen. Dies ergibt nicht nur der „Retail Market Report 2010“ zur Entwicklung deutscher Einzelhandelsstandorte im vergangenen Jahr, den BNP Paribas Real Estate, eines der führenden europäischen Beratungsunternehmen für Gewerbeimmobilien, im März veröffentlichen will.

Auch die Einzelhandelsspezialisten von der Comfort Center Consulting GmbH kommen zu dem Schluss, dass die Einzelhandelsmieten in den 1A-Lagen in Berlin im vergangenen Jahr weiter gestiegen sind. Die durch Comfort registrierte Nachfrage nach Einzelhandelsflächen übertreffe das Angebot bei Weitem, heißt es im Städtereport Berlin, der dieser Zeitung vorliegt.

Kaum eine Berliner Einkaufslage hat in der jüngsten Vergangenheit einen so dynamischen Entwicklungssprung vollzogen wie der Alexanderplatz, traditionell der zentrale Einkaufsstandort im Ostteil der Stadt. Hier wurde der Kaufhof revitalisiert, das Einkaufszentrum Alexa eröffnet, und es wurden weitere Projektentwicklungen fertiggestellt sowie neue begonnen. Die Zentralität der infrastrukturell sehr gut angebundenen Einkaufslage wurde so massiv gestärkt, was sich auch in den Mieten ausdrückt: Die Preise sind nach massiven Steigerungen im Jahr 2008 auch im Krisenjahr 2009 noch einmal um 16,7 Prozent auf nunmehr 210 Euro pro Quadratmeter gestiegen.

Auch der Kurfürstendamm und dessen Verlängerung – die Tauentzienstraße – sind Einkaufsboulevards mit steigenden Mieten. Am Tauentzien sind die Mieten für Ladenlokale in den zurückliegenden fünf Jahren zwischen 80 und 120 Quadratmetern um mehr als 44 Prozent gestiegen, so errechnete die auf Vermietung, Verkauf, Konzeptionierung und Umstrukturierung von Top-Einzelhandelsimmobilien spezialisierte Comfort-Gruppe. Der Quadratmeter-Mietpreis lag am Tauentzien im Jahr 2009 bei durchschnittlich 260 Euro; am Kurfürstendamm waren es rund 40 Euro weniger.

Es gibt immer mehr neue Flächen für den Einzelhandel in Berlin, vor allem durch die Eröffnung weiterer Einkaufszentren. „Das Wachstum der Verkaufsflächen und insbesondere der Shopping Center in den Jahren von 1990 bis Anfang 2010 darf als atemberaubend bezeichnet werden“, sagt Holger Wohner, Geschäftsführer des Düsseldorfer Projektentwicklers Centrum, der sich auf hochwertige innerstädtische Einzelhandelsimmobilien spezialisiert hat. Der Trend ist bundesweit zu beobachten. Allein die Anzahl der Shopping Center stieg von 88 auf rund 420. Ein Großteil dieser Center wird heute im Gegensatz zu Beginn der 90er Jahre nicht mehr auf der „grünen Wiese“, sondern in den Innenstädten errichtet. Mehr als die Hälfte der in den letzten Jahren neu eröffneten Einkaufspassagen befindet sich an innerstädtischen Standorten.

Auch in Berlin ist diese Tendenz weiter steigend – zulasten einiger Stadtteillagen. Die Neuköllner Karl-Marx-Straße hat an Bedeutung verloren, wenngleich trotz des gestiegenen Flächenangebots die Mieten mit 50 Euro/Quadratmeter konstant blieben. Hoffnung auf eine überregionale Strahlkraft haben sich in der Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg bislang nicht erfüllt. Trotz Rundumerneuerung gaben die Mietpreise hier 2009 nach Angaben von Comfort um rund elf Prozent auf 80 Euro/Quadratmeter nach. Auch an der Steglitzer Schlossstraße stellten die Spezialisten für Einzelhandelsimmobilien leicht nachgebende Mietpreise fest. Und dies, obwohl die Schlossstraße als eine der beliebtesten Einkaufsmeilen Berlins gilt und insbesondere auf der Westseite eine durchgehend hohe Passantenfrequenz aufweist. In keinem anderen Stadtteil gab es in den vergangenen Jahren so viele Handelsprojektentwicklungen wie an diesem Standort. Von einer Ausbreitung der 1A-Lagen sei insbesondere in Berlin-Mitte auszugehen, prognostiziert Ronald Steinhagen, Geschäftsführer der Comfort Berlin-Leipzig GmbH in seinem aktuellen Städtereport Berlin.

Das Krisenjahr 2009 hat keine signifikanten Bremsspuren auf dem Markt für Ladenlokale und Geschäftshäuser in innerstädtischen Top-Lagen hinterlassen. Es gibt Experten, die dies auch für 2010 vorhersagen. Die Absorption innerstädtischer Flächen, die durch Kaufhausinsolvenzen wieder neu auf den Markt kommen, wird eher als Chance denn als Gefahr begriffen. Einig sind sie sich doch darin, dass die Unterscheidungslinie zwischen echten 1A-Lagen und B-Standorten klarer konturiert wird.

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