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Der letzte Wille. Ein Testament hilft möglichen Streit zu vermeiden und erspart den Erben unnötige Steuern.

© Kitty Kleist-Heinrich

Erbrecht: Allein im Elternhaus

Gemeinsam erben ohne Streit: Ehegatten sollten ein Testament abfassen. Erbrecht und letzter Wille können zweierlei sein.

Erben macht schnell Ärger – erst recht, wenn es ums Haus der Familie geht. Paare, die mit ihren Kindern in einer Immobilie wohnen, die ihnen gehört, sollten dem Problem vorbeugen: „Den Ehepartnern ist unbedingt zu raten, sich gegenseitig im Testament als Alleinerben einzusetzen oder auf anderem Weg sicherzustellen, dass der überlebende Ehegatte Alleineigentümer der Immobilie wird“, sagte Paul Grötsch, Geschäftsführer des Deutschen Forums für Erbrecht in München. Es sei ein verbreiteter Irrtum zu glauben, dass der eine Ehepartner alles erbt, wenn der andere stirbt. Das sei nicht so.

Erbrechtlich kann die Situation sogar ziemlich kompliziert werden. Ein Beispiel: Ein Ehepaar, das keinen Ehevertrag geschlossen hat, hat gemeinsam eine Immobilie und ein Kind. Beim Tod eines Ehegatten passiert Folgendes: Dessen Anteil an der Immobilie erben der überlebende Ehegatte und das Kind je zur Hälfte. Bei drei Kindern erbt der Elternteil ebenso eine Hälfte, jedes Kind jeweils ein Sechstel. „Man muss bedenken, dass dann auch die Kinder mit im Grundbuch stehen.“ In der Regel ist die Situation einfacher, wenn die Mutter oder der Vater die Immobilie zunächst alleine erben – und die Kinder erst dann zum Zug kommen, wenn auch der zweite Elternteil gestorben ist.

Denn möglicherweise möchte der Elternteil weiterhin in dem Haus oder der Wohnung bleiben – die Kinder wollen aber ebenfalls von ihrem Erbe profitieren. Wenn Mutter oder Vater nicht genug Geld haben, um sie auszuzahlen, könnten die Kinder auf einer sogenannten Teilungsversteigerung bestehen. „Das ist das Druckmittel, das die Erben in dieser Situation haben“, sagte Grötsch. „Und das führt oft zu erheblichem Streit.“ Manchmal ohne bösen Willen. „Es kann ja sein, dass eines der Kinder aus wirtschaftlicher Not gezwungen ist, die Immobilie zu versilbern.“ Es komme zwar nur selten zur Versteigerung.

„Aber es sind eben nicht alle Familien so heil, dass sich die Erben einigen und die Mutter oder den Vater dort wohnen lassen.“ Erben ein Elternteil und mehrere Kinder das Haus oder die Wohnung, könnten die Kinder ihre Erbanteile zwar freiwillig auf die Mutter übertragen. „Aber das ist nicht unbedingt geschickt“, warnte Grötsch. „Denn je nach Vermögenssituation kann dann Schenkungsteuer anfallen.“ Eine andere Variante sei, dass die Kinder explizit auf eine Teilungsversteigerung verzichten. Das gibt dem Elternteil die Sicherheit, nicht doch irgendwann ausziehen zu müssen, weil eines der Kinder Geld braucht.

Eindeutige Vereinbarungen frühzeitig treffen

Um die Abhängigkeit des Elternteiles von seinen Kindern zu vermeiden, sollten die Ehegatten zu Lebzeiten beider ein Testament abfassen. In vielen Fällen ist das Berliner Testament sinnvoll: Darin setzen sich Ehepartner gegenseitig als Erben ein, Erben des länger lebenden Ehegatten werden die gemeinsamen Kinder.

„Erbengemeinschaften sind immer sehr schwierig“, sagte Grötsch. „Die Frage ist dann: Will man vermieten, verkaufen, oder will ein Erbe in der Immobilie wohnen?“ In der Regel sei die einfachste Lösung, Haus oder Wohnung zu verkaufen und die Kaufsumme zu teilen.

„Es ist allerdings oft der Wille der Eltern, dass eines der Kinder das Haus übernimmt“, erklärte Grötsch. Wenn eines der Kinder einzieht und die anderen auszahlen muss, stelle sich immer das Problem, wie sich der Wert der Immobilie ermitteln lässt. „Man kann versuchen, sich auf eine Summe zu einigen“, erläuterte Grötsch – oder darauf, einen Sachverständigen den Wert bestimmen zu lassen. Eine andere Möglichkeit ist, das Haus zum Verkauf anzubieten. So bekomme man einen Anhaltspunkt, welcher Preis für die Immobilie zu erzielen ist.

Ein Weg, das Erbe aufzuteilen, sei dann: Das Geschwisterteil, das das Haus bekommt, nimmt ein Darlehen auf, um mit diesem Geld den oder die anderen auszuzahlen. „Das Darlehen ist ja gut abgesichert durch das Haus, und die Zinsen sind zur Zeit sehr günstig“, sagte Grötsch. Komplizierter wird der Erbfall, wenn ein Geschwisterteil schon im Haus wohnt – und möglicherweise Geld hineingesteckt hat. „Solche Investitionen sind tatsächlich ein Problem“, betonte Grötsch. Denn dadurch wird sein Erbanteil nicht erhöht. Es gibt dann nur einen vom Erbrecht unabhängigen Anspruch, der sich meist nur mit großem Aufwand durchsetzen lässt.

Solange sich die Geschwister grün sind, sei das Thema meist kein Problem. „Aber es ist natürlich schwer zu beantworten, wie groß die Wertsteigerung ist, die auf der Investition beruht. Das ist eine extrem schwierige, streitanfällige Frage“, sagte Grötsch. „Eigentlich ist es zwingend nötig, sich vorher darüber zu verständigen.“ Ähnlich ist es, wenn ein Geschwisterteil bereits in der Immobilie mietfrei gewohnt hat, die die Kinder gemeinsam erben. Wenn die anderen Erben dem zwar zugestimmt haben, aber für den Erbfall nicht ausdrücklich vereinbart wurde, wie das zu behandeln ist, sei auch das sehr streitanfällig. Das heißt: Auch in diesem Fall sollte möglichst frühzeitig eine eindeutige Vereinbarung getroffen werden. (dpa)

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