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In der EU soll ab 2015 eine neue Verordnung das Erben erleichtern.

© dpa-tmn

Erbrecht: Kein Pflichtteil in Florida

Internationale Erbfälle sind kompliziert, jeder Staat hat sein eigenes Recht – Tipps für Immobilien.

Schätzungen zufolge haben inzwischen zehn Prozent der Erbfälle in Deutschland einen internationalen Bezug – sei es wegen einer Immobilie oder eines Bankkontos im Ausland, sei es, weil der Ehepartner aus einem anderen Land kommt oder das Paar jenseits der deutschen Grenze geheiratet hat. Beim Thema Erben und Vererben birgt die Internationalität Tücken; jedes Land hat seine eigenen Vorschriften. „Das ist historisch gewachsen“, begründet Anatol Dutta vom Max- Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg das Durcheinander.

Es beginnt bereits beim Testament. Während in Deutschland der handgeschriebene Letzte Wille erlaubt und gültig ist, unterliegt er in Spanien strengen Formalitäten. Außerdem akzeptiert Spanien – ebenso wie Frankreich und Italien – kein gemeinschaftliches Ehegatten-Testament, wie es hierzulande üblich ist. Deshalb empfiehlt der Münchner Erbrechtsanwalt Ludger Bornewasser binationalen Paaren, Einzeltestamente abzufassen. Schließen deutsche Paare zum Beispiel in Thailand den Bund fürs Leben, spielt das bei Testament und Nachlass zwar prinzipiell keine Rolle. Lebt jedoch ein deutsch-thailändisches Paar mal hier, mal dort, gucken die Juristen nach dem Lebensmittelpunkt.

In Deutschland kommt es bei der Gültigkeit des Testaments und beim Verteilen des Vermögens grundsätzlich auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers an. „Für Türken, die hier leben, gilt zum Beispiel türkisches Erbrecht“, erläutert Bornewasser die Leitlinie. Dies ist im Grunde auch für die deutsche Ehefrau und Erbin verbindlich. Italien, Österreich und Spanien halten sich ebenfalls an die Staatsangehörigkeit. Solange mehrere Staaten das gleiche Prinzip anwenden, hält der Jurist das für unproblematisch. Das bedeutet etwa: Segnet ein in Österreich lebender Deutscher das Zeitliche und hinterlässt seinen Erben Wohnungen in Italien, wird der Nachlass nach deutschen Regeln verteilt. Doch Staaten wie die Schweiz, Großbritannien, Dänemark und Norwegen knüpfen an den letzten Wohnsitz des Verstorbenen an. In der Praxis steht damit häufig Staatsangehörigkeits- contra Wohnsitzprinzip – und dann wird es knifflig.

Stirbt zum Beispiel ein in der Schweiz wohnender Deutscher, gilt zwar Schweizer Erbrecht. Die Verwandtschaft in Deutschland kann aber klagen, wenn sie sich beim Pflichtteil benachteiligt sieht. Der Gerichtsort ist nach dem Motto „Wo bekomme ich mehr?“ grenzüberschreitend wählbar. Wer potenzielle Erben beim Pflichtteil ausbooten will, macht sein Testament im amerikanischen Bundesstaat Florida: Der kennt keinen Pflichtteil, und ein Feriendomizil dort unterliegt US-Erbrecht. Bei ausländischem Immobilienbesitz wird der Nachlass in der Regel gespalten: Deutsches Recht zählt, außer für Häuser und Grundstücke jenseits der Grenzen.

Deutsche Gerichte greifen wegen des Staatsangehörigkeitsprinzips auf das Heimatrecht des Erblassers zurück. Ausnahmen gibt es für Länder mit muslimisch geprägter Gesetzgebung. Eine neue EU-Verordnung soll ab 2015 das Erben über Grenzen hinweg vereinfachen. Anatol Dutta: „Statt der Staatsangehörigkeit zählt künftig der letzte gewöhnliche Aufenthalt. Ein Testament muss nur noch ein einziges wesentliches Kriterium erfüllen, um gültig zu sein. Außerdem soll es ein europäisches Nachlasszeugnis geben.“ Dieses von den Behörden im Heimatland der Erben ausgestellte Papier soll den Zugang zum Nachlass im Ausland erleichtern. Bisher wird etwa der deutsche Erbschein nicht überall anerkannt. (dpa)

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