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Der deutsche Wohnungsmarkt boomt, aber wie lange noch? Das fragten sich auch Branchenexperten auf der diesjährigen Immobilienmesse Expo Real in München.

© Lukas Barth / Messe München

Expo Real: Edle Wohnungen gibt’s genug – nun ist Gewerbe gefragt

Eindrücke von der Immobilienmesse Expo Real: Markt durch Sicherheit und Rendite geprägt

Es ist eine der vielen Abendveranstaltungen am Rand der Expo Real, der bedeutenden Immobilienmesse in München, auf der sich alljährlich Anfang Oktober Investoren, Projektentwickler, Finanzierer und Politiker aus vielen Ländern treffen. Eine süddeutsche Familie, erzählt ein Investmentberater in der Schlange am Büfett, habe ein Mehrfamilienhaus in einer Ku’damm-Seitenstraße gekauft – für das Dreißigfache der jährlichen Mieteinnahme. Das sei ein so exorbitanter Preis, dass kaum mehr eine Rendite zu realisieren sei. „Da muss man sich schon fragen“, sagt der hungrige Gast, „ob ein solcher Preis noch angemessen ist.“

Auch im Trubel der Münchner Messehallen wird deutlich: Viele Fachleute stellen sich die Frage, wie lange der Boom auf dem deutschen Wohnungsmarkt noch anhalten wird. Zwar gibt es nach wie vor „eine extrem starke Nachfrage nach Wohnungsportfolios“, wie Thomas Landschreiber von der Investmentgesellschaft Corestate Capital feststellt. Doch manche professionelle Investoren beobachten die Preisentwicklung mittlerweile mit Sorge. „Wir sind in einer Phase angekommen, in der die Wohnungspreise einen absoluten Höhepunkt erreicht haben“, sagt zum Beispiel Klaus Niewöhner-Pape, Geschäftsführer von Industria Wohnen. Dieses Unternehmen kauft jetzt deshalb statt älterer Wohngebäude lieber Neubauten.

Bremsspuren zeigen sich jedoch beim Einzelverkauf von Wohnungen. „Ich höre von Maklern, dass sich Eigentumswohnungen nicht mehr so schnell verkaufen lassen wie vor zwölf Monaten“, sagt Niewöhner-Pape. „Im höherpreisigen Segment gibt es eine gewisse Marktsättigung“, bestätigt mit Blick auf Hamburg Andreas Rehberg, Sprecher der Geschäftsführung des Maklerhauses Grossmann & Berger.

Preisgünstige Wohnungen sind besonders stark nachgefragt

Ähnliches lässt sich bei Mietwohnungen beobachten. „In Berlin werden in den kommenden Jahren zahlreiche Wohnungen für eine Miete von rund zwölf Euro pro Quadratmeter auf den Markt kommen“, stellt Niewöhner-Pape fest. Ob sich in diesem teuren Segment genügend Mieter finden lassen, bezweifeln mittlerweile nicht wenige Beobachter. Das zeigt auch das pünktlich zur Expo Real vorgelegte Wohnungsmarktbarometer der Investitionsbank Berlin (IBB). Demnach registrieren die befragten Experten bereits jetzt bei Mietwohnungen im oberen Preissegment ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage.

Ganz anders sieht dies bei Wohnungen aus, die sich breite Schichten leisten können. „Es werden deutlich mehr preisgünstige Wohnungen nachgefragt als angeboten“, sagt Matthias von Bismarck-Osten, Generalbevollmächtigter der IBB. Und Engelbert Lütke Daldrup, Staatssekretär in der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, äußert in einer der Diskussionsrunden am gut besuchten Expo-Real-Stand von Berlin-Brandenburg die Hoffnung, „dass jetzt im unteren Preissegment mehr gebaut wird“.

Dafür brauche es Partnerschaften zwischen privaten Bauträgern und kommunalen Wohnungsbaugesellschaften, betont Lütke Daldrup. Ein Beispiel für eine solche Partnerschaft ist ein Wohnungsbauprojekt in der Kiefholzstraße in Treptow, für das im Juni der Grundstein gelegt wurde. Dort kooperieren der Projektentwickler Treucon, die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Gewobag und das Bauunternehmen Kondor Wessels beim Bau von 98 barrierearmen Mietwohnungen mit Einstiegsmieten von 6,50 Euro pro Quadratmeter.

„Im internationalen Vergleich steht Deutschland hervorragend da“

„Wir wollen damit unserer Verantwortung gerecht werden“, sagt Treucon-Geschäftsführer Thomas Doll. Ein Vorteil dieses Modells ist, dass sich Neubauten schneller realisieren lassen: Wenn private Unternehmen als Projektentwickler fungieren, müssen sie die Aufträge – anders als kommunale Gesellschaften – nicht europaweit ausschreiben. Knackpunkt sind laut Doll jedoch die stark gestiegenen Grundstückspreise: Das Projekt in der Kiefholzstraße lässt sich nach seinen Worten nur wirtschaftlich realisieren, weil Treucon das Baugrundstück bereits Anfang 2013 kaufte, als die Preise noch deutlich moderater waren.

Auch wenn Wohnungen derzeit besonders begehrt sind – gute Geschäfte machen Makler und Berater auch beim Verkauf von Bürogebäuden, Einkaufszentren und anderen gewerblich genutzten Immobilien. In diesem Jahr werden Investoren deutschlandweit voraussichtlich zwischen 35 und 40 Milliarden Euro in den Kauf solcher Gewerbeobjekte stecken – so viel wie noch nie seit 2007. Zu diesem hohen Umsatz tragen auch Berliner Gebäude bei: Auf der Expo Real vermeldete die Schweizer Peach Property Group den Verkauf des neben dem Berliner Ensemble gelegenen Neubaus Am Zirkus 1 an die Fondsgesellschaft Kanam Grund. Die Transaktion umfasst das Leonardo-Hotel und die Büroflächen; die zum Neubau gehörenden Wohnungen wurden bereits zuvor einzeln verkauft.

Doch wie passen die glänzenden Geschäftszahlen zu den Nachrichten über Kriegsgefahr und Wirtschaftseintrübung? Glaubt man der Mehrheit der in München versammelten Marktteilnehmer, so ist der deutsche Immobilienmarkt von den Hiobsbotschaften bisher kaum beeinträchtigt. „Im internationalen Vergleich steht Deutschland nach wie vor hervorragend da“, sagt Ignaz Trombello, Investmentchef beim Beratungsunternehmen Colliers International. Nach seinen Worten drängen neue Investoren vor allem aus dem asiatischen Raum auf den deutschen Markt. Treibende Faktoren seien somit „einerseits das anhaltend günstige Zinsumfeld und andererseits ein stetig anwachsender Kapitalstrom auf der Suche nach lohnenden Anlagemöglichkeiten“.

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