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Gestank

© dpa

Gestank in Wohnungen: Zwiebeln, Kippe, Hamsterkäfig

Geruch vor Gericht: Wenn’s in der Wohnung stinkt, ist das nicht schön. Aber nur extreme Fälle kümmern die Justiz.

Empfindliche Nasen haben es nicht leicht in Berlin. Gerade hat sich der Schwarzpulver-Dunst des Jahreswechsels verzogen, in einigen Ecken liegt immer noch der charakteristische Duft der Kohleheizungen in der Luft – und wenn erst wieder der Frühling kommt, dann übernehmen Waldis Hinterlassenschaften wieder die Dufthoheit über der Stadt. Allerdings haben all diese Geruchsfaktoren einen Vorteil: Wenn man einmal in der Wohnung ist, dann bleiben sie draußen. Zumindest dann, wenn die Fenster geschlossen sind. Anders ist das allerdings dann, wenn der schlechte Geruch direkt neben der eigenen Wohnung entsteht: Kochgerüche aus der Nachbarwohnung, Tabakrauch im Treppenhaus, Fettgestank aus der Pommesbude von nebenan verleiden manchmal das Wohnklima.

Generell gilt aber: Nur extreme Geruchsbelästigungen können juristische Folgen haben. Haushaltsübliche Kochgerüche zum Beispiel müssen im Treppenhaus hingenommen werden. Anders sieht es aus, wenn aus der Nachbarwohnung dringender Gestank dazu führt, dass „man den Hausflur kaum noch ohne Gasmaske betreten kann“, wie es der Deutsche Mieterbund formuliert. Das Amtsgericht Köln erlaubte dem Vermieter in einem solchen Fall die Kündigung des Mieters (AZ: 221 C 409/91).

Das Aachener Amtsgericht urteilte weniger geruchsempfindlich: Normalerweise müsse es ausgeschlossen sein, dass es bei einer geschlossenen Wohnungstür und einem normal konstruierten Gebäude zu übermäßigen Belästigungen der anderen Mieter durch Kochdünste und Tabakqualm kommt (AZ: 12 C 478/93). Ist die Wohnung aber schlecht abgedichtet, kann der betroffene Mieter die Miete um bis zu 20 Prozent kürzen. Im Extremfall kann ein Wohnungseigentümer auch zum Einbau einer Dunstabzugshaube verurteilt werden. In anderen Fällen wiesen Gerichte an, dass die Quelle des Gestanks entfernt werden muss, sei es im Sommer der Grill unter dem Schlafzimmer eines Nachbarn oder die müffelnde Tonne im Hof. Bio-Mülltonnen sind generell so zu platzieren, „dass ihr Geruch keinen der Mieter belästigt“, so der Essener Fachanwalt Norman Spreng. Auch die Unsitte, dass Nachbarn Mülltüten vor der eigenen Wohnungstür lagern, muss niemand hinnehmen.

Und, als Vorgriff auf den Sommer: Uneinheitlich urteilen die Gerichte in Sachen Grill. Grundsätzlich ist gegen Grillpartys rechtlich nichts einzuwenden, „wenn keine Schäden verursacht und die Nachbarn nicht unzumutbar belästigt werden“, so der Mieterbund. Fühlen sich Nachbarn vom Qualm belästigt, kann ein Gericht das Grillen einschränken. Das Landgericht Stuttgart sah sechs Stunden im Jahr als zumutbar an, das Amtsgericht Bonn ein Mal Grillen pro Monat, wenn die Nachbarn vorab informiert werden. Dringt jedoch Qualm konzentriert in Nachbars Wohnräume ein, kann das dem Störer ein Bußgeld eintragen.

Häufig geht Gestank auch von Restaurants oder Imbissbuden aus. Mit zum Teil extremen Konsequenzen: Als Richter des Amtsgerichts Köln vor Ort den Ausdünstungen einer Pizzeria durch den Lüftungsschacht nachgingen, wurde ihnen nach 15 Minuten schlecht. Auf 15 Prozent Mietminderung urteilte das Gericht deshalb (AZ: 208 C 246/89). Und auch übermäßig tierliebe Nachbarn können zu Mietminderungen führen: Das Amtsgericht Bergisch-Gladbach gestattete Minderung, weil ein Nachbar seine Tiere nicht artgerecht hielt und viel Gestank erzeugte (AZ: 23 C 280/90). Mit einem extrem stinkenden Frettchen mussten sich wiederum die Spürnasen des Kölner Amtsgerichts befassen: Satte 33 Prozent Rabatt auf die Miete war dem Gericht der Nagergestank wert (AZ: 201 C 457/87). Andernorts erkannten Richter auf Mietkürzung, weil Mieter streunende Katzen mit Futter anlockten. „In Extremfällen“, so der Mieterbund, „können Geruchsbelästigungen, zum Beispiel durch eine Toilettenanlage in anliegenden Gewerberäumen oder durch eine städtische Kläranlage den Mieter sogar zur fristlosen Kündigung berechtigen“.

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