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Auf dem Anschutz-Areal um die O2-World dürfte bald ein weiterer Großdeal abgeschlossen werden: Marktkreisen zufolge steht der Verkauf der Vertriebszentrale von Mercedes Benz an einen Investor kurz vor dem Abschluss.

© dpa

Gewerbeimmobilien: Büroneubauten dringend gesucht

In Berlin bleiben gewerblich genutzte Immobilien bei Investoren begehrt.

Das Interesse nationaler und internationaler Kapitalgeber an Berliner Gewerbeimmobilien ist unvermindert: In den ersten neun Monaten dieses Jahres sind nach Angaben des Beratungsunternehmens CBRE für rund 2,3 Milliarden Euro Bürogebäude, Einkaufszentren, Hotels und andere gewerblich genutzte Immobilien in Berlin verkauft worden. Damit wurde das schon hohe Ergebnis des Vorjahreszeitraums um 30 Prozent übertroffen. 60 Prozent des Umsatzes wurden dabei für Bürogebäude verbucht.

Zu den prominenten Immobilien, die im bisherigen Jahresverlauf den Eigentümer wechselten, gehören das Lindencorso (Unter den Linden), der vor kurzem fertig gestellte Komplex am Kurfürstendamm 195 und der in Bau befindliche Sitz der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers am Humboldthafen. Aber auch die Edisonhöfe, ein teilweise historisches Gebäudeensemble mit 27 000 Quadratmetern Nutzfläche zwischen Chaussee- und Invalidenstraße, bekam mit der Fondsgesellschaft Deka eine neue Eigentümerin.

Diese Transaktion steht nach Angaben von Florian Hüther, Investmentchef bei CBRE in Berlin, für einen Trend: „Die Nebenlagen sind wieder in den Fokus gerückt.“ Dafür gebe es zwei Gründe: Zum einen stünden nicht mehr viele Immobilien in Toplagen zum Verkauf; zum anderen seien die Premiumobjekte so teuer geworden, dass sich mit ihnen nur noch geringe Renditen erzielen ließen. Die Nettoanfangsrendite für erstklassige Bürogebäude beziffert CBRE auf knapp unter fünf Prozent.

Um auf höhere Renditen zu kommen, werden manche Investoren wieder wagemutiger. „Aufgrund der fehlenden Investmentalternativen speziell im Core-Segment“ – so nennen Immobilienexperten besonders hochwertige Immobilien – „gehen wir von weiter steigender Risikobereitschaft der Investoren aus“, sagt Alexander Kropf, Teamleiter Büroinvestment beim Beratungsunternehmen Jones Lang LaSalle in Berlin. Ein Beispiel für eine solche Transaktion ist das Jannowitz-Center, ein in den neunziger Jahren errichtetes Bürogebäude an der Jannowitzbrücke, dessen Hauptmieter das Land Berlin ist. Bei solchen nicht mehr ganz neuen Immobilien, erläutert Fabian Hüther, biete sich die Chance, die Qualität des Gebäudes durch Investitionen zu erhöhen und anschließend höhere Mieten durchzusetzen.

Im Einzelhandelssegment haben die Investoren ebenfalls ein Auge auf Objekte außerhalb der meistfrequentierten Einkaufsmeilen geworfen. Das beweist der Verkauf der Hallen am Borsigturm in Tegel, die mit rund 250 Millionen Euro die Rangliste der höchsten Preise in den ersten neun Monaten dieses Jahres anführen. Den Eigentümer gewechselt haben aber auch zwei Einkaufszentren in der Schlossstraße, nämlich das vor einigen Jahren modernisierte Forum Steglitz und das Schloss-Straßen-Center, das durch die Ansiedlung des irischen Textildiscounters Primark an Attraktivität gewonnen hat.

Bei allen Nutzungsarten sind auch ausländische Investoren mit von der Partie. Zwar waren sie nach Angaben des Beratungsunternehmens BNP Paribas Real Estate im bisherigen Jahresverlauf nur für 28 Prozent des gesamten Transaktionsvolumens verantwortlich; doch dieser Anteil dürfte in Zukunft weiter steigen. So seien derzeit japanische und chinesische Investoren dabei, den Markt zu sondieren, sagt Fabian Hüther von CBRE. Um in Berlin Präsenz zu markieren, seien sie bereit, hohe Preise zu bezahlen.

Während Chinesen laut Hüther noch nicht zugeschlagen haben, sicherte sich ein japanischer Investor vor kurzem das Bürohochhaus der Treptowers – übrigens nur zwei Jahre, nachdem das Objekt zum letzten Mal veräußert worden war. Dabei tauchen die Japaner aber nicht unbedingt in der Statistik auf, wie Andreas Wende, Investmentchef beim Beratungsunternehmen Savills Deutschland, erläutert: Beim Erwerb der Treptowers hätten die asiatischen Geldgeber über eine europäische Investmentgesellschaft agiert. Das sei kein Einzelfall, sagt Wende: „Da der Berliner Markt durch viele sehr unterschiedliche Teilmärkte gekennzeichnet ist, agieren ausländische Investoren vermehrt zusammen mit deutschen Partnern.“

Für das Gesamtjahr erwarten sowohl CBRE als auch BNP Paribas Real Estate, dass Berliner Gewerbeimmobilien für etwas mehr als drei Milliarden Euro verkauft werden. Eigentlich wäre sogar noch mehr möglich, glaubt Fabian Hüther: „Der Appetit auf Berlin wird immer größer.“ Allerdings werde das Transaktionsgeschäft dadurch gebremst, dass zu wenige passende Immobilien zum Verkauf stünden. Allzu viele neue Gebäude kommen auch nicht auf den Markt. „Das Risiko für Büroneubauten“, begründet dies Matthias Hauff, Leiter Bürovermietung bei CBRE in Berlin, „wird immer noch als hoch eingeschätzt. Deshalb sind Banken bei der Finanzierung solcher Projekte zurückhaltend.“

Trotzdem zieht die Neubautätigkeit an. Während in diesem Jahr laut CBRE nur 61 000 Quadratmeter Bürofläche neu auf den Markt kommen, werden es 2014 voraussichtlich gut 200 000 Quadratmeter sein. Besonders kühne Projektentwickler setzen sogar ganz ohne Vorvermietung den ersten Spatenstich. So hat das Hamburger Unternehmen Becken Development angekündigt, neben dem Hauptbahnhof ein großes Bürogebäude auch spekulativ – also ohne unterschriebene Mietverträge – hochziehen zu wollen. Überhaupt ist die Gegend um den Hauptbahnhof laut Hauff dabei, sich als „erstklassige Bürolage“ zu etablieren.

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