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Die Würfel sind gefallen. Im ehemaligen Gebäude des Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienstes (ADN) in der Mollstraße wurden die Einzelbüros aufgerissen und die Deckenstruktur geöffnet, um offene, freie Arbeitsflächen mit Industrieatmosphäre zu schaffen, die den Kommunikationsfluss erhöhen sollen.

©  Mark Selen

Gewerbeimmobilien: Desksharing? Nein, Danke!

Wenn es um das Büro der Zukunft geht, hängen die jüngeren Generationen gerne der Vergangenheit nach.

Die Mieten – warm wie auch kalt – sind in den Großstädten auf dem Weg nach oben und das gilt nicht nur für Wohnraum. Auch Unternehmen spüren den Kostendruck – wenn sie nämlich Büros suchen. „Freie und bezahlbare Büroflächen sind nunmehr auch in Berlin, insbesondere innerhalb des S-Bahn Ringes kaum noch zu finden“, sagt Innenarchitekt Klaus de Winder.

Zwar sind die Nebenkosten nach Angaben des Gewerbeimmobiliendienstleisters Jones Lang LaSalle (JLL) in Berlin gegen den Trend leicht gefallen – weil die Heizkosten gesunken sind. Doch der Blick auf die steigenden Kaltmieten lässt Start-ups und etablierte Firmen erschauern. Sie reagieren darauf oft mit einer Flächenverdichtung, gemäß der simplen Rechnung: Weniger Fläche kostet weniger Miete. Teilen sich heute noch drei Mitarbeiter ein Büro, sitzen dort morgen bereits fünf Kollegen zusammen.

Dennoch geht die Rechnung nicht wirklich auf. Nicht nur, weil die Technische Regel für Arbeitsstätten (ASR) oft unterlaufen wird (sie sieht in einer Soll-Bestimmung für Einzel- oder Mehrpersonenbüros acht bis zehn Quadratmeter pro Arbeitsplatz vor). Schwerer wiegt, dass Konzentration und Wohlbefinden sinken, damit auch die Arbeitsproduktivität. Und Ausfälle durch Krankheit nehmen zu.

Moderne Büros brauchen Flexibilität

Mit flächeneffizienten Büros befassen sich vor diesem Hintergrund nicht nur Projektentwickler wie die Projekt Immobilien Gewerbe AG, die gewerblichen Mietern Möglichkeiten der Kostenersparnis aktuell über einen Flächeneffizienz-Konfigurator ausrechnet (www.project-gewerbe.com). Auch Wissenschaftler und Architekten gehen der Frage nach, wie das Büro der Zukunft geschnitten und wie Gebäude konzipiert werden sollten, damit sich darin gut arbeiten lässt.

Der Architekt Klaus de Winder
Der Architekt Klaus de Winder

© IMC FH Krems

Wie flexibel und individuell wünschen sich die Arbeitnehmer von heute ihren Arbeitsplatz von morgen? Wie urban muss ein Standort sein? Darüber denkt auch Klaus de Winder nach, der sich mit seinem Team unter anderem mit dem Innenausbau des GSW-Hochhauses in Kreuzberg beschäftigt. „Zur Zeit beobachten wir, dass sich die Anforderungen an Büroflächen im Umbruch befinden“, sagt er nicht nur mit Blick auf dieses Projekt:  

„Bewährte Ausbauraster und Gebäudeabmessungen werden hinterfragt und entsprechen zum Teil nicht mehr den zeitgemäßen Bedürfnissen moderner Bürowelten. So ist eine Verschiebung des Flächenbedarfs vom reinen Arbeitsplatz hin zu mehr Kommunikationszonen zu erkennen. Dies bedeutet, dass sich flexible Zonen nicht mehr zwingend an der Fassade orientieren müssen. Zudem sind Nutzer bereit, nicht mehr dogmatisch an territorialen Arbeitsplätzen zu hängen. Dies heißt zwar nicht, dass das sogenannte Desksharing akzeptiert wird, aber dass durchaus verschiedene Räume und Atmosphären über den Tag genutzt werden und werden wollen.“

Investoren reagieren auf die Wünsche der Generationen X &Y

Wird das wirklich so gewollt? Unter dem Titel „Office of the future?“ haben aktuell das international tätige Immobiliendienstleistungsunternehmen Savills und die Unternehmensberatung Consulting cum laude GmbH die Vorstellungen der Generationen X und Y vom Büro der Zukunft untersucht. Insgesamt wurden 1250 Personen (250 Studenten und 1000 bereits im Büro Beschäftigte) befragt und deren Antworten mit allgemeinen Trends und Tendenzen sowie realen Verhaltensdaten abgeglichen. Die Ergebnisse gewähren einen Einblick in das gewünschte Büro der Zukunft.

Warum ist das so wichtig? Weil das Bürogebäude ein zentraler Faktor für die Attraktivität eines Arbeitgebers ist.

Immobilienentwickler und Investoren müssen sich auf die Ansprüche der kommenden Arbeitnehmer-Generationen einstellen. Die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen stehen sich indes oftmals unvereinbar gegenüber.

Und weil sich die Arbeitswelt in den vergangenen zwei Jahrzehnten durch die fortschreitende Digitalisierung rasant entwickelt und verändert hat, gingen Savills und die Consulting cum laude von folgender Metahypothese aus: Generation X und Generation Y haben (gänzlich) unterschiedliche Vorstellungen vom Büro der Zukunft. Der Generation Y der Jahrgänge 1980 bis 1995 ist die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben sehr wichtig. Sie fordert mehr Zeit für Freunde, Partnerschaften und für sich selbst ein als die Generation X, deren Angehörige in den Jahren 1965 bis 1980 geboren wurden.

Die Generation Y benötigt flexible, inspirierende Arbeitsbedingungen und ein entsprechendes Umfeld. Die Generation X ist es – noch – gewohnt, „ins Büro“ zu gehen. Die Arbeitsbedingungen werden akzeptiert. Die Erledigung der Arbeitsaufgaben steht im Fokus. Beruf und Privatleben werden klar voneinander getrennt. Soweit die Vorüberlegungen in der Untersuchungsanlage.

Großraumbüros sind unbeliebt

Raum für Begegnungen. Die „Players Lounge“ befindet sich im EG des Zalando Tech Hub in der Mollstraße.
Raum für Begegnungen. Die „Players Lounge“ befindet sich im EG des Zalando Tech Hub in der Mollstraße.

© Mark Seelen

„In diesem Zusammenhang haben wir uns auch gefragt, ob es das Büro der Zukunft überhaupt gibt! Es gibt ja auch nicht die Generation Y, sondern durchaus unterschiedliche Segmente, die durch unterschiedliche Motivationen, Antreiber und Vorstellungen von Beruf und Leben geprägt sind“, ergänzt Roman Diehl, Geschäftsführer der Consulting cum Laude GmbH. „Die Ergebnisse haben uns teilweise sehr überrascht“, sagt Mornhart. In der Untersuchung wurde festgestellt, dass beide Generationen das Arbeiten im Großraumbüro tendenziell ablehnen und Einzelbüros oder Räume mit wenigen Mitarbeitern bevorzugen.

94 Prozent der Generation Y und auch 96,5 Prozent der Generation X geben an, dass ihnen ein fester Arbeitsplatz mit Tisch und Sitzplatz „äußerst wichtig“ bis „wichtig“ ist. Gleichzeitig würden knapp 60 Prozent der Befragten die Hälfte ihrer Arbeitszeit gern im Homeoffice verbringen.

Die Wünsche der Befragten aus beiden Generationen sind geprägt von Flexibilität, erhöhter Mobilität, der Anziehungskraft urbaner Regionen und dem gleichzeitigen Verlangen nach Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. „Es wird also noch ein wenig ,Leidensdruck’ erforderlich sein, damit Flächen in der stadtnahen Peripherie attraktiv werden“, sagt Innenarchitekt de Winder. Bezirke wie Tempelhof und Lichtenberg seien noch nicht in der Wahrnehmung angekommen, obwohl aufgrund der Infrastruktur viel für diese Standorte spreche.

"Atmende Gebäude" sind die Zukunft

„Shared Space“, „Shared Desk“, „Shared Place“ – mit diesen Kategorien flexibler Arbeitswelten hantiert Michael Bartz, der an der Fachhochschule Krems in Österreich eine Professur für „Digital Business Transformation Research – Section „New World of Work“ bekleidet. Mitarbeiter könnten schließlich projektorientiert auch beim Kunden arbeiten, von interner Mobilität innerhalb einer Bürofläche sei ohnehin auszugehen.

Projektbüros sind aus seiner Sicht genauso unverzichtbar wie Räume, in denen man ungestört telefonieren kann: „Viele kaufen sich einfach ausrangierte Telefonzellen“, schlägt Bartz vor. Auch Gewächshäuser seien zu diesem Zweck schon in Großraumbüros errichtet worden. So wichtig wie die innere Struktur der Räume sei die äußere. „Die Post baut ihre Gebäude in Niederösterreich zum Teil mit ,Fingerstrukturen’ – ein Hauptgebäude, von dem Nebengebäude abgehen“, berichtet Bartz. Diese Nebengebäude lassen sich vermieten, wieder mieten oder verkaufen. Er nennt diese Strukturen „atmende Gebäude“.

Die Ergebnisse der Savills-Untersuchungen zeigen indes, wie wenig die potenziellen Möglichkeiten dieser Innovationen bisher im Berufsleben angekommen sind. Bis auf wenige Avantgardisten und Vordenker – die es aber auch bei der Generation X und bei den Baby Boomern gibt – hat die Generation Y genauso viel oder wenig Vorstellungen vom Büro der Zukunft wie andere Generationen auch.

Bei der Auswahl von Mobiliar würde man gerne mitsprechen, möchte einen Park oder Grünflächen in der Nähe und – dies vor allem – einen fest zugewiesenen Arbeitsplatz im Büro. Nur rund fünf Prozent aller Befragten findet heute schon Gefallen am Desksharing.

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