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Das Grundstück der Knorr Bremse ist hervorragend öffentlich erschlossen.

© Thomas Rosenthal/Laborgh

Gewerbestandort in Marzahn: Landespolitik zieht bei Knorr die Notbremse

Masterplan von Klaus Theo Brenner Stadtarchitektur wird nicht weiterverfolgt – jetzt geht es um ein gemischtes Quartier.

Klaus Theo Brenner ist ehrlich überrascht. „Ach ja?“ – eben noch hatte der Stadtarchitekt den Tagesspiegel aus gegebenem Anlass auf seinen im Auftrag von Knorr-Bremse und Investor Laborgh erstellten und preisgekrönten Masterplan hingewiesen. Um nun von der Laborgh Investment GmbH via Tagesspiegel mitgeteilt zu bekommen, dass sein Entwurf nicht mehr aktuell sei. Ausgebremst. Auch Brenners Partner Dominik Krohm sagt: „Wir wissen von nichts.“ Laborgh muss nach dem Hin und Her über die Nutzungen Gewerbe und/oder Wohnen neu über die Gestaltung des Areals nachdenken.

Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Howoge plant gemeinsam mit dem Projektentwickler Laborgh am Standort der Knorr-Bremse in Marzahn-Hellersdorf ein gemischtes Quartier, das Wohnnutzungen und Gewerbe umfassen soll. Rund 1.000 Wohnungen könnten hier entstehen, 50 Prozent davon mietpreis- und belegungsgebunden. Das betreffende Areal ist jedoch bislang Teil des Entwicklungskonzeptes für den produktionsgeprägten Bereich. Das 9,15 Hektar große Gebiet hatte Laborgh im April 2016 von der Knorr-Bremse AG erworben – mit dem Ziel einer Revitalisierung durch Nutzung des Entwicklungspotenzials. Doch wie soll das gehen? Das war und ist die Frage.

Brenner zeichnete in seinem Masterplan mit Blick auf die teilweise denkmalgeschützten Anlagen und die Park- und Grünfläche im nördlichen Bereich ein Wohn-Areal zwischen Knorr-Bremse und Park. „Das Wohnen am Stadtpark weist dabei zwei charakteristische Merkmale auf“, schrieb er: „Erstens bilden die frei bewegten Baublöcke in Analogie zum großen Knorr-Bremse-Block eine spielerische Version des Block-Motivs aus; und zweitens bildet das innenliegende malerische Park-Areal einen fließenden Übergang zur nördlich angrenzenden Grünfläche. Blöcke und Park bilden zusammen ein charakteristisches Gebäudeensemble mit hohem Identifikationswert sowohl für die zukünftigen Bewohner, wie auch in der Betrachtung von außen im Kontext der Berliner Wohnbaukultur. Eine besondere, räumlich stabilisierende Rolle spielt, bezogen auf die Baustruktur des neuen Stadtquartiers die langgezogene Lärmschutzwand entlang der östlichen Grundstücksgrenze, von der ausgehend das spielerisch angelegte Park-Block-Ensemble sich frei entfaltet.“

Das Areal liegt am Tor zu einem der arbeitsplatzintensivsten Orte Berlins.
Das Areal liegt am Tor zu einem der arbeitsplatzintensivsten Orte Berlins.

© Thomas Rosenthal/Laborgh

Wo sich etwas frei entfalten kann, ist nun aber eine neue Frage. Wie berichtet einigten sich Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller, Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) und Stadtentwicklungsstaatssekretär Sebastian Scheel auf einen Kompromiss über die künftige Weiterentwicklung des Bauvorhabens „EAST – Georg Knorr Park Teilfläche Ost“ (Knorr-Bremse). Dieser sieht vor, dass die Pläne zur Entwicklung eines gemischten Quartiers aus Wohnen (studentisches Wohnen, Werkswohnungen und gemischtem Wohnen) und Gewerbe weiterverfolgt werden, sofern dem keine gutachterlichen Gründe, zum Beispiel beim Lärm und Verkehr, entgegenstehen.

„Mit dem städtebaulichen Konzept rückt das Wohnen wieder in die Nähe der Arbeitsplätze“, teilt der Projektentwickler auf Anfrage mit: „Neben den bereits ansässigen Betrieben soll der Gewerbeanteil durch zusätzlichen Raum für produzierendes und arbeitsplatzintensives Kleingewerbe sowie kleinteilige Handwerksbetriebe erheblich erhöht werden.“ Geplant seien dabei auch die Integration eines Ausbildungszentrums für Handwerk oder Pflege, ein Werkskindergarten sowie eine potentielle Außenstelle der Peter-Pan-Grundschule. Ein Nahversorger soll „das Angebot an Wohnfolgeeinrichtungen komplettieren“.

Nach Einschätzung von Laborgh besteht die raumordnende Herausforderung für den Städtebau jetzt darin, einen Ort zu kreieren, „in dem man wohnen und arbeiten möchte“. Brenner war in seinem Entwurf vom Thema Wohnen ausgegangen. Nun aber soll unter dem Motto „Stadt der kurzen Wege“ ein vollwertiges Quartier entstehen.

Auf Eis gelegt: Das Projekt „Wohnen am Stadtpark“ wird nicht realisiert.
Auf Eis gelegt: Das Projekt „Wohnen am Stadtpark“ wird nicht realisiert.

© Klaus Theo Brenner - Stadtarchitektur

„Geplant sind dabei neben allgemeinen Wohnungen vor allem Studenten- und Werkswohnungen, die Integration von altersgerechtem Wohnen (Pflege, betreutes Wohnen, Demenz), Wohntische/Wohngemeinschaften sowie die Entwicklung eines behindertengerechten Wohnkonzeptes“, schreibt Laborgh dem Tagesspiegel, und Florian Lanz, Geschäftsführer der Laborgh Investment GmbH, ergänzt: Er sei „überzeugt davon, dass jetzt durch die Zusammenführung von Arbeitsstätten, Wohnen sowie von sozialen Einrichtungen hier im Georg-Knorr-Park ein Modellprojekt für moderne Stadtentwicklung entsteht, das den Herausforderungen und den Bedürfnissen unserer Zeit entspricht und nachhaltig ist“.

Wie schnell sich die Zeiten ändern: Bei der Frühjahrsauktion der Deutschen Grundstücksauktionen AG hatte es eine regelrechte Bieterschlacht von vier Interessenten um ein 53.000 Quadratmeter großes Grundstück gegeben. Es liegt an an der S-Bahn-Station Poelchaustraße und damit von der Knorr-Bremse gerade einmal eine Station entfernt (der Tagesspiegel berichtete). Bereits 2016 hatte sich die Howoge für diese Fläche (Landsberger Allee 378/Pyramidenring) interessiert. Berlin hätte sie verbilligt von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) erwerben können, kaufte aber nicht. Der Bezirk wolle hier keinen Wohnungsbau und sehe Gewerbe vor, hieß es damals. Zum Zuge kam im März ein privater Investor. Gegenleistung: 15,2 Millionen Euro. Ein Schnäppchen.

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