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Immobilien: Gutes Wasser, ungenießbar

"Bleirohre in Altbauten machen gutes Wasser ungenießbar." Mit dieser Aussage schlug die Stiftung Warentest schon vor zwei Jahren Alarm und bot an, gegen ein geringes Entgelt Trinkwasser für Haushalte zu analysieren.

"Bleirohre in Altbauten machen gutes Wasser ungenießbar." Mit dieser Aussage schlug die Stiftung Warentest schon vor zwei Jahren Alarm und bot an, gegen ein geringes Entgelt Trinkwasser für Haushalte zu analysieren.Und noch immer kommen Proben für das Labor.Mit einer solchen Resonanz hatten die Verbraucherschützer nicht gerechnet: "Weit über 14 000 Analysen haben wir gezählt", berichtet Warentest-Mitarbeiter Michael Koswig.Ein Ende sei noch nicht abzusehen.

Obwohl man auch auf Zink, Cadmium und Kupfer untersucht, ist Blei der häufigste Inhaltsstoff der Wasserproben.Eine Auswertung Ende des vergangenen Jahres ergab hohe Belastungen vor allem in Mitteldeutschland: Dort fand man besonders häufig Überschreitungen des Grenzwertes von 40 Mikrogramm, das sind 0,040 Milligramm Blei je Liter.

Auf Anfrage bei vielen Wasserwerken erfuhren die Warentester, daß beispielsweise in Bautzen und Leipzig fast jede dritte Hausanschlußleitung aus Blei bestehe, in Magdeburg, Hamburg und Berlin immerhin noch jede sechste.In Frankfurt am Main seien zumindest auf öffentlichem Grund alle Bleileitungen ausgetauscht.In Leipzig werde dies noch 15 bis 20 Jahre dauern.In Berlin veranschlagen die Wasserbetriebe ebenfalls noch mehrere Jahre, immerhin gebe es hier noch rund 30 000 bleierne Hausanschlüsse, also unterirdische Übergabestellen des Wasser an die Häuser, bestätigt man bei den Berliner Wasserbetrieben (BWB).Doch selbst nach deren Austausch sind noch längst nicht alle Wohnungen bleifrei, denn die Haussteigeleitungen unterliegen nicht der Obhut der BWB, sondern der der Hausbesitzer.

Wasser, das die Wasserwerke in guter Qualität verläßt, reichert sich mit Schwermetallen an, wenn es zu Hause in den Leitungen steht, beispielsweise über Nacht.Tip der Stiftung Warentest: "Am Morgen zunächst die Gießkanne für die Blumen füllen, und das Wasser etwas ablaufen lassen." Vor allem Säuglinge und Kleinkinder sollten kein abgestandenes Leitungswasser trinken.Schon geringe Mengen Blei können das Nervensystem schädigen und die Intelligenz mindern.Wasserfilter wollen die Verbraucherschützer nicht empfehlen.Sie könnten verkeimen und ihre Wirkung lasse sich nicht kontrollieren.Notfalls sollte man zumindest die Ernährung von Kleinkindern bis zum Alter von zwei Jahren auf Wasser aus der Flasche umstellen.Wer seine Mahlzeiten mit dem Dampfkochtopf zubereitet, ist ebenfalls auf der besseren Seite, da bei dieser Methode des Garens per Dampf und hohem Druck kaum Schwermetalle aus dem Wasser in das Kochgut gelangen können.

Mit Bleileitungen rechnen muß man vor allem in unsanierten Häusern, die vor 1935 gebaut wurden, in Einzelfällen allerdings auch noch in solchen bis 1973.Kennzeichen: Die Rohre sind relativ weich, grau, oft leicht gebogen mit großen Wülsten bei Verbindungsstücken.Ritzt man es ein, ist es an dieser Stelle silbrig, klopft man mit einem Werkzeug dagegen, klingt es nicht metallisch, sondern dumpf.Dauerhaft läßt sich das Problem nur beheben, wenn die Leitungen ausgetauscht werden.

Doch nicht nur Blei, auch andere Metallrückstände fand man in den Labors der Stiftung Warentest.Zink beispielsweise, ein für den Menschen wichtiges Spurenelement, das in gelegentlich auftretenden Konzentrationen als gesundheitlich unbedenklich eingeschätzt werden kann.Häufige Aufnahme hoher Mengen stören jedoch die Verwertung anderer Spurenelemente im Organismus.Cadmium ist oft ein Begleiter von Zink und kann sich zusammen mit diesem aus verzinkten Stahlleitungen lösen, vor allem bei falsch eingebauten Hausinstallationen.Cadmium ist in jeder Konzentration schädlich.Auch Kupfer kann sich vor allem bei neueingebauten Rohren in Gebieten mit saurem und weichem Wasser im Trinkwasser konzentrieren.Zwar ist Kupfer ebenfalls ein wichtiges Spurenelement, doch können erhöhte Werte zu Magen- und Darmbeschwerden führen, insbesondere bei Säuglingen.

Ergeben Analysen eine grenzwertüberschreitende Konzentration von Blei im Trinkwasser, und ist als Ursache die alte Hausinstallation auszumachen, muß "der Vermieter diesen Mangel beseitigen und dafür sorgen, daß die Wohnung ohne Gesundheitsgefährdung benutzt werden kann", heißt es beim Deutschen Mieterbund (DMB).Notfalls müsse er die Hausinstallation instandsetzen, unter Umständen sogar die Bleirohre komplett austauschen.Dies indes dürfe nicht zu einer Mieterhöhung führen, da es sich nicht um eine Modernisierung handele.Bei welchen Bleikonzentrationen allerdings ein Mangel an der Mietsache tatsächlich vorliege, werde in der Rechtsprechung noch nicht eindeutig beantwortet, so der DMB.Die Landgerichte Frankfurt und Hamburg beispielsweise bejahen einen Mangel der Mietsache, wenn "die Bleikonzentration den Grenzwert der Trinkwasserverordnung regelmäßig überschreitet".

Amtsgerichte hielten eine Mietminderung für gerechtfertigt, wenn eine Konzentration von 126, 176 beziehungsweise 215 Mikrogramm pro Liter gemessen wurde.Das Landgericht Berlin verneinte demgegenüber eine Gesundheitsgefährdung bei geringfügigen Grenzwertüberschreitungen von 79 und 58 Mikrogramm pro Liter.Insofern müsse in jedem Einzelfall sorgfältig geprüft werden, ob der vertragsgemäße Gebrauch der Wohnung durch das bleihaltige Trinkwasser in Frage gestellt oder ob der daraus resultierende Mangel erheblich ist.

Im Trinkwasserlabor der BWB gibt es Rat unter Telefon 86 44 34 59.Die Analyse allein von Blei kostet 29 Mark, ein Test für andere Metalle je 14 Mark zuzüglich Mehrwertsteuer.

Eine Untersuchung auf Blei, Kupfer, Zink und Cadmium gibt es bei der Stiftung Warentest gegen Verrechnungsscheck über 45 Mark, Stichwort Trinkwasseranalyse an: Stiftung Warentest, 10773 Berlin.

Das Berliner Institut für Analytik und Umweltforschung (bifau) führt in diesem Monat eine Aktion Trinkwasseruntersuchungen durch.Der Preis für eine Bleimessung beträgt 20 Mark.Infos unter Telefon 217 29 02.

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