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Immobilien: Hanf statt Glaswolle

Nachwachsende Rohstoffe sind oft effektiver – aber meist teurer als herkömmliche Dämmstoffe

Energieberater Walter Wichmann von der Verbraucherzentrale Hannover muss häufig mit Vorurteilen aufräumen. Ein Kunde, der sich eigentlich für ökologische Baustoffe interessierte, hatte von einem Handwerker erfahren, dass der beste Baustoff für die geplante Fensterdämmung „elastisch“ sei. „Dabei gibt es gar keinen elastischen Bauschaum“, sagt Wichmann. Der Baustoff verspröde und schrumpfe nach der Verarbeitung. Dadurch entstünden Fugen und Energielücken. Dennoch setzten Handwerksbetriebe den Werkstoff gerne ein – weil er leicht zu handhaben ist. „Hanfschäume sind effektiver, aber auch arbeitsintensiver“, sagt Wichmann.

Nachwachsende Baustoffe sind teurer als herkömmliche Dämmstoffe wegen der aufwändigeren Verarbeitung – das räumt auch die Arbeitsgemeinschaft für Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen ein. Vielleicht ist unter den handelsüblichen Dämmstoffen deshalb der Marktanteil von Zellulose aus Altpapier, Holzfasern, Kokosfasern, Hanf, Schafwolle, Kork, Seegras, Baumwolle, Flachs gering. Mineralwolle und Kunststoffplatten sind einfach billiger.

Doch Wichmann warnt: „Es gibt keinen billigen Dämmstoff, der nur gute Umwelteigenschaften hat“. Und auch „ökologisch“ ist ein relativer Begriff. Hier seien viele Faktoren zu berücksichtigen: Der Energieaufwand bei Herstellung und Transport sei das eine, die Gesundheitsgefährdung bei der Produktion, die Entsorgung nach Gebrauch, das Verhalten bei einem Brand, die Behandlung des Dämmmaterials und natürlich die Dämmeigenschaften die vielen anderen Aspekte bei der „Ökobilanz“ eines Baustoffes.

Auch der geplante Einsatz des Baustoffs sei bei der Auswahl wichtig: Organische Stoffe seien nicht zum Verputzen geeignet, Baumwolle dürfe nicht über längere Zeit Feuchtigkeit ausgesetzt werden. Zudem müssten viele nachwachsende Stoffe mit „unökologischem“ Borsalz behandelt werden, damit sie „normal entflammbar“ als Wärmedämmstoff zugelassen werden.

Rolf Wittmann, Inhaber eines Geschäfts für ökologische Baustoffe im niedersächsischen Auetal, sagt: „Zellulose wird bei uns am häufigsten verlangt, denn sie ist preiswerter als Schafwolle und Hanf“. Seine Kunden suchen meistens nach einer Alternative zur weit verbreiteten Glaswolle, weil sie deren Fasern für gesundheitsgefährdend halten. Zellulose und Glaswolle hätten im Winter ähnliche Dämmeigenschaften, aber im Sommer biete die Zellulose besseren Wärmeschutz. Zudem könne sie sehr gut Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben. Dies komme dem Raumklima zugute.

Die Ökobilanz spielt auch bei den Herstellern herkömmlicher Dämmstoffe eine immer wichtigere Rolle. So hat die Sto AG aus Stühlingen die Dämmstoffe Polystyrol, Steinwolle und Mineralschaumplatten von der Uni Stuttgart darauf untersuchen lassen, welche Auswirkungen sie auf den Treibhauseffekt haben. Ergebnis: die faserfreie Mineralschaumplatte schneidet am besten ab.

Joachim Göres

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