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Sachverständige erstellen ein ausführliches Verkehrswertgutachten, das auch vor Gericht zugelassen ist.

© Armin Weigel/pa-dpa

Immobilienbewertung: Schneller Klick oder Besichtigung mit Sachverstand

Verschiedene Anbieter bewerten Immobilien – welche Leistung es für welchen Preis gibt.

Spätestens, wenn es um den Verkauf des Einfamilienhauses oder der Eigentumswohnung geht, stellen sich viele Immobilieneigentümer die Frage, was ihr Objekt eigentlich wert ist. Wenn sie sich dann über die Möglichkeiten der Immobilienbewertung informieren, stehen sie vor einer Vielzahl an Varianten: Sollen sie online ein Formular ausfüllen und für wenig Geld kurz danach das Ergebnis in Händen halten? Sollen sie sich an einen Makler wenden? Oder ist ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger die beste Wahl?

Die einfachste Möglichkeit bietet das Internet. Zahlreiche Anbieter werben dort für ihre Online-Bewertungssysteme. Dabei trägt der Interessent am heimischen Computer Daten zu Baujahr, Lage, baulicher Beschaffenheit und anderen Eigenschaften der Immobilie ein. Kurz danach spuckt das System eine Wertschätzung aus, die im Wesentlichen auf Vergleichswerten in Datenbanken basiert. Neben der Schnelligkeit hat die Variante einen zweiten Vorteil: den günstigen Preis. Bei den großen Immobilienportalen etwa kostet eine solche Bewertung für Privatkunden 14,90 Euro (Immowelt), 25,99 Euro (Immonet) oder 29,90 Euro (Immobilienscout24).

Doch wie zuverlässig sind diese Angaben? Das kommt darauf an, antwortet Bernhard Bischoff, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken. „Bei einer durchschnittlichen Immobilie in einem Teilmarkt mit vielen Angeboten wird das Ergebnis in der Regel nicht völlig falsch sein“, sagt Bischoff, der auch Bundesfachbereichsleiter Immobilienbewertung beim Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger (BVS) ist. Wer also wissen will, wie viel seine 60er-Jahre-Eigentumswohnung in der Berliner Innenstadt wert ist, bekommt davon zumindest eine ungefähre Vorstellung.

Ein Sachverständigengutachten gilt auch vor Gericht

„Grundsätzlich aber garantiert keiner, dass die Angabe stimmt“, gibt Bischoff zu bedenken. Denn wenn der Eigentümer Daten falsch eingebe, merke das keiner – logischerweise sei dann auch das Ergebnis falsch. „Außerdem werden individuelle Faktoren nicht berücksichtigt.“ Diese Einschränkung machen auch seriöse Anbieter: „Die Online-Bewertung ersetzt kein Wertgutachten durch einen Sachverständigen“, heißt es etwa bei Immowelt. „Je mehr eine Immobilie von typischen, marktgängigen Objekten abweicht, desto eher empfiehlt sich ein Sachverständigengutachten.“

Sachverständige wie Bischoff erstellen ein ausführliches Verkehrswertgutachten, das auch vor Gericht zugelassen ist. „Der Gutachter haftet dafür“, betont Bischoff. Das ist wichtig, weil Wertgutachten keineswegs nur bei der Veräußerung von Immobilien angefordert werden, sondern zum Beispiel auch bei Erbschaften, Scheidungen oder der Vorbereitung von Testamenten.

Dafür treiben die Sachverständigen einen erheblichen Aufwand. Ohne Vor-Ort-Besichtigung der Immobilie gibt es kein Verkehrswertgutachten. Dabei nimmt der Gutachter das gesamte Objekt unter die Lupe – bei einer Eigentumswohnung also nicht nur die Wohnung selbst, sondern auch Keller, Treppenhaus, Aufzug und wenn möglich Dach. Außerdem wertet er die relevanten Dokumente wie Bauunterlagen, Grundbuch und Teilungserklärung aus, prüft bauliche Schäden, analysiert den energetischen Zustand und rechnet nach, ob die angegebene Wohnfläche korrekt ist. Auch die Lage der Immobilie und die demografischen Zukunftsaussichten der jeweiligen Region fließen in das Gutachten mit ein.

Für ein Einfamilienhaus sind um die 2000 Euro fällig

Das alles braucht seine Zeit. Einige Wochen dauert es in der Regel, bis das Gutachten vorliegt. Der Preis berechnet sich seit einigen Jahren nicht mehr – wie früher – nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), sondern ist frei verhandelbar. Deshalb hat der BVS eine Richtlinie zur Berechnung von Honoraren für Immobilienwertgutachten erlassen, wonach sich der Preis am Aufwand des Gutachters und am Wert des Objekts bemisst.

Bischoff zufolge ist die Bewertung einer kleineren Eigentumswohnung ab etwa tausend Euro zu haben, während für ein Einfamilienhaus im Wert von 300 000 Euro um die 2000 Euro fällig werden. Dafür, betont Bischoff, dürften sich die Kunden sicher sein, „dass der Sachverständige nicht interessengebunden ist – anders als der Makler, der seine Provision im Kopf hat“. Eine Liste qualitätsgeprüfter Sachverständiger findet sich auf der Homepage des BVS (bvs-ev.de) und auf der bundesweiten Sachverständigenliste der Industrie- und Handelskammern (IHK).

Eigentümer, die nicht so viel ausgeben wollen, sich aber auch nicht mit einer formlosen Online-Schätzung begnügen möchten, haben noch eine weitere Möglichkeit: Diverse Firmen wie Dekra, TÜV oder der Bewertungsdienstleister Sprengnetter bieten eine Immobilienprüfung an, die nicht ins letzte Detail geht, aber doch eine Vor-Ort-Besichtigung einschließt. Diese Prüfung sei „speziell für die Bedürfnisse von Immobilienkäufern und -verkäufern außerhalb von rechtlichen Auseinandersetzungen konzipiert“, erklärte Jan Sprengnetter, Geschäftsführer der Sprengnetter24 GmbH, anlässlich der Einführung des Angebots, das derzeit 599 Euro kostet.

Vorsicht bei Internetangeboten

Doch warum zahlen, wenn es auch gratis geht? Das mag sich mancher Interessent fragen, der im Internet auf Angebote stößt, die eine kostenlose Ermittlung des Verkaufspreises von Wohnimmobilien versprechen. Aber Vorsicht: Diese Angebote zielen in erster Linie darauf ab, den Kontakt zu Maklern herzustellen und diesen so zu einem Vermarktungsauftrag zu verhelfen.

Das räumt Michael Huggle offen ein. Er ist Geschäftsführer des Portals anlageimmobilien.de, das eine solche kostenlose Schätzung anbietet: „Die Schätzung“, sagt Huggle, „ist die Visitenkarte des Maklers, mit der er sich für einen zukünftigen Verkaufsauftrag empfiehlt.“

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