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In einigen Ballungszentren wird Eigentum für viele mittlerweile unerschwinglich. Entwickelt sich da eine Immobilienblase?

©  Alexander Bernhard/dpa

Immobilienfinanzierung: Im Zweifel gegen den Kreditnehmer

Immobilienwirtschaft kritisiert geplantes Gesetz gegen Finanzblase. Die Bundesbank unterstützt den Vorstoß der Bundesregierung.

Keine Frage: Eine Immobilie steht bei vielen Bundesbürgern hoch im Kurs. Schließlich versprechen die eigenen vier Wände Sicherheit. Günstige Kredite machen den Traum für viele zudem erschwinglich: Nach Angaben der FMH-Finanzberatung in Frankfurt am Main werden für Hypotheken-Darlehen mit einer Laufzeit von 10 Jahren derzeit durchschnittlich 1,07 Prozent Zinsen verlangt. Eine Finanzierung über 20 Jahre kostet im Schnitt 1,74 Prozent.

Die eine Kehrseite der Medaille: Die Nachfrage steigt. Und das macht Immobilien immer teurer. Die andere Seite der Medaille: Mancher überlegt sich, den Immobilienkauf ohne oder mit nur geringen Eigenmitteln zu realisieren.

Einige Experten beobachten diese Entwicklung inzwischen mit Sorge. „Der Immobilienboom nimmt immer mehr Züge einer Blase an“, befand kürzlich Ralph Solveen von der Commerzbank. Seiner Ansicht nach koppeln sich die Preise von anderen wichtigen Faktoren ab. So steigen die Immobilienpreise seit 2010 schneller als die Mieten, schneller als das allgemeine Preisniveau und schneller als die Einkommen der Privathaushalte.

Deshalb denkt die Bundesregierung, wie berichtet, über ein neues Gesetz nach, das noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden soll. „Gesetz zur Ergänzung des Finanzdienstleistungsaufsichtsrechts im Bereich der Darlehensvergabe zum Bau oder zum Erwerb von Wohnimmobilien zur Stärkung der Finanzstabilität“ – so ist der Referentenentwurf aus dem Haus des Bundesministeriums der Finanzen überschrieben. Das Papier liegt dem Tagesspiegel vor.

Neue Vorschriften sollen die Verbraucher vor sich selbst schützen

Im Kern geht es darum, einer möglichen Immobilienblase vorzubeugen. Doch nicht nur das. Der Gesetzentwurf will die Verbraucher auch ein wenig vor sich selbst schützen. So sollen Obergrenzen für die Darlehenshöhe bezogen auf den Immobilienwert und für den Schuldendienst sowie für das Verhältnis zwischen Gesamtverschuldung und Einkommen eingeführt werden.

Auch sieht der Entwurf eine zeitliche Vorgabe für die Darlehensrückzahlung und eine Untergrenze für den Kapitaldeckungsgrad vor. Von den Beschränkungen ist das Kreditgeschäft sowohl mit Verbrauchern als auch mit Unternehmen betroffen. Ausnahmen sind vorgesehen für den sozialen Wohnungsbau, künftige Anschlussfinanzierungen und Darlehen zum Zwecke der Modernisierung.

Es könnte künftig noch schwerer werden, Eigentum zu erwerben

Beim Immobilienverband Deutschland IVD und beim Zentralen Immobilienausschuss ZIA stößt das Vorhaben auf Kritik. Sie warnten die Politik davor, aus Furcht vor einer Preisblase den Kredithahn zuzudrehen. Der IVD ist die Berufsorganisation und Interessenvertretung der Beratungs- und Dienstleistungsberufe in der Immobilienwirtschaft mit circa 6000 Mitgliedsunternehmen; der ZIA sieht sich als Unternehmer- und Verbändeverband, der nach eigenen Angaben für 37 000 Unternehmen der Branche spricht.

„Mit der geplanten Regulierung wird es künftig noch schwerer, Eigentum zu erwerben. Und dies ohne Not, da in Deutschland keine Anzeichen für eine Immobilienblase erkennbar sind. Von einem Überangebot, das für eine Blasenbildung mitursächlich sein kann, sind wir weit entfernt. Vielmehr müssten jährlich 500 000 Wohnungen gebaut werden, um der hohen Nachfrage gerecht zu werden“, sagt Jürgen Michael Schick, Präsident des IVD. „Es ist völlig unklar, ob die vorsorglich zur Verfügung gestellten Mittel überhaupt geeignet wären, eine Blase – wenn sie denn käme – zu verhindern. Um eine erneute Unsicherheit bei den Banken zu vermeiden und die Eigentumsbildung nicht weiter ins Abseits zu schieben, wie das bereits durch die Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie erfolgt ist, fordern wir, auf die geplanten Beschränkungsmöglichkeiten zu verzichten. Vielmehr sollte der Gesetzgeber das selbstgenutzte Wohneigentum stärken, auch um eine drohende Versorgungslücke und nicht zuletzt Altersarmut zu verhindern“, sagte Schick.

Die Regulierung soll Kreditausfälle unwahrscheinlicher machen

Dass – wie von Schick behauptet – in Deutschland derzeit keine Anzeichen für eine Immobilienblase zu erkennen sein sollen, wird gegenwärtig auch von der Bundesbank noch so gesehen. Sie erklärte laut Vorabmeldung der „Stuttgarter Zeitung“ und der „Stuttgarter Nachrichten“ mit den Worten von Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch: „Wir sehen keine klaren Anzeichen für eine exzessive Kreditvergabe oder Abschwächung der Standards.“ Buch unterstützt jedoch den Vorstoß der Bundesregierung. „Die neuen Instrumente sollen dazu beitragen, weiterhin die Stabilität der Märkte zu gewährleisten“, sagte sie.

Ziel der neuen Instrumente sei es, den Ausfall von Krediten weniger wahrscheinlich zu machen. Zudem widersprach sie der Befürchtung, dass die neuen Vorschriften für die Vergabe von privaten Immobiliendarlehen zu einem Rückgang der Wohnbaukredite führen könne. „Wir sehen gegenwärtig in den Statistiken keine Besonderheiten.“

Der ZIA warnt vor bösen Konsequenzen für die Schaffung von bezahlbarer Wohnungen

Dagegen hatten unter anderem die Sparkassen die seit März geltende Wohnimmobilienkreditrichtlinie scharf kritisiert. Auch sie soll Häuslebauer davor bewahren, sich bei einem Immobiliendarlehen finanziell zu übernehmen. „Ich sehe heute nirgendwo die Notwendigkeit, irgendwo einer Überhitzung entgegenzuwirken“, sagte am Dienstag Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon in Berlin.

Ebenfalls am Dienstag warnte der ZIA vor einer weiteren Verschärfung der Kreditvergabe. Der Vorsitzende des ZIA-Ausschusses Finanzierung, Burkhard Dallosch, wandte sich gegen Aktionismus: „Ein weiterer Hemmschuh für die Kreditvergabe schadet in erster Linie dem dringend benötigten stabilen Finanzierungsumfeld für private und professionelle Immobilieninvestoren.“ Einerseits über die Schaffung von neuen und bezahlbaren Wohnungen zu sprechen und andererseits die Finanzierung dafür zu erschweren, könne nicht gutgehen.

(mit dpa)

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