zum Hauptinhalt
Keine Baukräne in Sicht. Eine niedrige Wohnungsbautätigkeit führt zu Mietsteigerungen und beim Verkauf von Eigentum zu einer Erhöhung der Kaufpreise. Foto: Ullstein

© ullstein bild

Immobilien: In besonderen Lagen sexy und teurer

Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte beobachtet steigende Preise für Eigentumswohnungen.

Bundesweit ist keine Immobilienblase in Sicht, auch nicht in Berlin? Das ist hier die Frage. Seit zehn Tagen liegt der Jahresbericht über den Berliner Grundstücksmarkt 2011/2012 vor, und das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) legte in dieser Woche eine Immobilienstudie mit Einschätzungen zum derzeitigen Umgang mit deutschen Wohnimmobilien in den fünf größten Städten ab.

Sind Immobilien in der Hauptstadt nun eine spekulative Anlage oder ein sicherer Hafen, in den sich viele Anleger flüchten? Immerhin wurden zum Beispiel Eigentumswohnungen in Berlin in den acht Jahren von 2003 bis 2011 um 39 Prozent teurer. DIW-Studie und Grundstücksmarktbericht legen mit ihren Ergebnissen nahe, dass sich mit Immobilien auf einen Schlag beide Ziele verfolgen lassen. Gleichwohl: Der Berliner Markt ist differenziert zu betrachten.

In der Hauptstadt sind es vor allem die vor 1918 errichteten Altbauten mit Mietwohnungen, die manches Investorenherz höher schlagen lassen. Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Berlin, ein von Gesetzes wegen bestelltes 50-köpfiges unabhängiges Kollegialgremium, stellte in seinem aktuellen Bericht fest, dass das Preisverhalten auf dem Teilmarkt der Renditeobjekte – wie zum Beispiel bei den Mietwohnhäusern – überwiegend Preissteigerungen zeigt, vereinzelt sogar bis zu über 30 Prozent. Bezogen auf das Vielfache der Jahresnettomieten waren in einigen Kategorien Kaufpreissteigerungen bis zu anderthalb bis zwei Jahresnettomieten ermittelt. Ein „besonders hohes Plus beim Geldumsatz“, so der Berliner Gutachterausschuss für Grundstückswerte, „erzielten die Wohn- und Geschäftshäuser im Ostteil der Stadt mit 72 Prozent auf rund 1,2 Milliarden Euro. Damit korrespondieren steigende Wohnungsmieten. Zudem stiegen die Mietpreise langsamer als die Inflationsrate. „Da gibt es Nachholeffekte“, so das IW. Die Mieten decken weiterhin nicht die Kostenmieten im Wohnungsneubau, da gleichzeitig die Baukosten um circa 2,9 Prozent angestiegen sind. 

Im Mietwohnungsbau der geschlossenen Bauweise – dazu zählen mehrgeschossige Reihenhäuser – gibt es daher für Kapitalanleger kaum Investitionsanreize. Eine Ausnahme sind Neubauten im Luxussegment und ein verstärkter Verkauf von Townhäusern in bestimmten Lagen mit anhaltenden Preissteigerungen. Und doch blieben die Preise für Eigenheime weitgehend konstant, so IW und Gutachterausschuss unisono. Das Preisgefälle zwischen den Stadthälften ist dabei nach wie vor nicht egalisiert.

Von einer Immobilienblase kann indes vor diesem Hintergrund dennoch nicht gesprochen werden: Wenn nur wenige Neubauten entstehen, der Faktor Wohnungsleerstand kein wichtiger Parameter ist, immer mehr Singlehaushalte entstehen und gleichzeitig ein großer Zuzug von Neuberlinern zu konstatieren ist und in- sowie ausländische Investoren ihr Geld sicher anlegen wollen, steigen die Verkaufspreise für die auf dem Markt angebotenen Objekte – ein normaler Preismechanismus. „Die höheren Preise dürften somit lediglich die zunehmenden Knappheiten widerspiegeln“, so IW-Direktor Michael Hüther. „In keiner anderen Stadt in Deutschland ist ein solcher Strom von ausländischen Investoren zu finden, die ihre Käufe allerdings eigen- und nicht fremdfinanzieren.“ Auch bei deutschen Anlegern bleiben die Eigenkapitalanteile bei der Finanzierung konstant, oder steigen sogar. Eine expansive Kreditvergabe – ebenfalls Kennzeichen einer zunehmenden Blase – ist nicht zu beobachten. Von Januar 2003 bis April 2012 sind die Kreditbestände für Wohnungskäufe um nur 7 Prozent gestiegen.

Allerdings: Das IW beobachtet in Berlin eine steigende Wiederverkaufsrate. „Die Metropole steht international eben in besonderer Weise im Fokus“, so Hüther. Die Frage, woher in der Hauptstadt preiswerte Wohnungen kommen sollen, wenn der Run auf Berlin aus dem In-, Aus- und aus dem Umland anhält, beantwortete Hüther mit einem Hinweis auf Marktmechanismen. Zum sozialen Wohnungsbau solle man nicht zurückkehren, sondern mehr Neubaugebiete ausweisen.

Alles in allem ist und bleibt Berlin jedoch eine Mieterstadt, in der es schwierig ist, Mieter vom Vorteil des Kaufs einer Wohnung zu überzeugen. Hinzu kommt die im Vergleich zu anderen Städten weiterhin geringe Kaufkraft großer Teile der Bevölkerung. Die Nachfrage nach Mehrfamilienhäusern und Eigentumswohnungen dürfte 2012 dennoch anhalten – und zu teureren Wohnverhältnissen führen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false